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Verein

14.11.19

"Wir haben weiterhin ein gutes Eigenkapitalpolster"

Finanzvorstand Frank Wettstein bezieht im Interview Stellung zum Jahresergebnis und erläutert den fünften Fehlbetrag in Folge.

Der HSV hat heute den Jahresabschluss zum 30. Juni 2019 und den Lagebericht für das Geschäftsjahr 2018/19 veröffentlicht. Im Interview mit HSV.de bezieht Finanzvorstand Frank Wettstein Stellung zu den Ergebnissen und erläurtert den fünften Fehlbetrag in Folge.

Der Aufsichtsrat hat den Jahresabschluss zum 30. Juni 2019 festgestellt. Wie bewerten Sie den Geschäftsverlauf?

Frank Wettstein: Das erste Jahr in der 2. Bundesliga war von großer Unsicherheit in der Planung geprägt. Insbesondere fehlten uns verlässliche Annahmen, wie unsere Fans und Sponsoren die neue Situation annehmen. Dementsprechend konservativ sind wir in das Geschäftsjahr gestartet und konnten erfreulicherweise feststellen, dass sowohl unsere Zuschauer als auch Partner uns weiterhin treu zur Seite stehen. Ebenso bedeutsam war der Kaderumbruch mit der Reduktion des Lizenzspieleretats. Hier ist es gelungen, die Aufwendungen für die Lizenzmannschaft um gut 50 % zu reduzieren, gleichzeitig aber auch Transfererlöse von fast 28 Millionen Euro zu erzielen. Nicht zuletzt ist das Erreichen des DFB-Pokalhalbfinales natürlich auch aus kaufmännischer Sicht erfreulich. Dennoch hätten wir das Saisonende gerne anders gestaltet.

Wie betrachten Sie die Refinanzierung der HSV-Jubiläumsanleihe im abgelaufenen Geschäftsjahr?

In der vergangenen Saison standen wir vor der Herausforderung, für die Rückzahlung der Jubiläumsanleihe von 2012 eine Lösung zu finden, die bis zum Lizenzierungsverfahren für die laufende Spielzeit im März 2019 nachgewiesen werden musste. Da sich die fällig werdende Jubiläumsanleihe aus Sicht des HSV, aber offensichtlich auch aus Sicht der Zeichner, als attraktiv erwiesen hat, haben wir uns für die erneute Ausgabe einer Anleihe entschieden, die erfreulicherweise in kurzer Zeit voll platziert werden konnte. Damit war die Liquidität für die Rückzahlung der Jubiläumsanleihe vorhanden und wir haben uns bemüht, möglichst viele dieser Anleihen bereits vorzeitig abzulösen, um damit Zinsleistungen zu sparen. Leider war es technisch nicht möglich, auch die Schmuckurkunden vorzeitig hereinzunehmen. So weisen wir bilanziell zum Abschlussstichtag nun beide Anleihen als Verbindlichkeiten aus, andererseits halten wir aber auch hieraus resultierende entsprechend hohe Bankguthaben vor.

Welche Besonderheiten hat der Verbleib in der 2. Bundesliga mit sich gebracht?

Uns war bereits vor dem Abstieg bewusst, dass wir auch über die Saison 2018/19 hinaus den Verbleib in der 2. Bundesliga berücksichtigen müssen. Daher haben wir von Beginn an Lösungen angestrebt, die auch dieses dann eingetretene Szenario abdecken. Insofern sind wir auch für die laufende Saison gut gerüstet und konnten den Lizenzspieleretat in der Höhe beibehalten, ohne dass hierfür Kapitalaufnahmen erforderlich waren oder werden. Im Gegenteil: Wir konnten in der abgelaufenen Saison und können auch zukünftig alle eingegangenen Verpflichtungen erfüllen und die Verschuldung unabhängig von der Ligazugehörigkeit wie geplant abbauen.

Seit der Ausgliederung im Jahr 2014 weist die HSV Fußball AG nun den fünften Jahresfehlbetrag in Folge aus. Die bilanziellen Verluste in dieser Zeit summieren sich auf rund 44 Millionen Euro. Wie ordnen Sie das ein?

Der isolierte Blick auf diese Kennzahl zeigt sicher ein düsteres Bild. Dabei ist es unerheblich, ob der Verlust in dieser Höhe in einem Geschäftsjahr entsteht oder über fünf Jahre angesammelt wird. Seit der Ausgliederung hat der HSV permanent an die Tür zur 2. Bundesliga geklopft. Daher lag das Hauptaugenmerk im gesamten Zeitraum zuvorderst auf der Vermeidung des Abstiegs, direkt gefolgt von der Absicherung des HSV für den Fall der Zugehörigkeit zur zweiten Spielklasse. Zumindest Letzteres ist gelungen und das ist bedeutend wichtiger als der Ausweis von Jahresergebnissen. Die Verluste in den fünf Geschäftsjahren sind insbesondere auf die negative Transferbilanz zurückzuführen. Während wir Transfererlöse von rund 90 Millionen Euro erwirtschaftet haben, haben Abschreibungen auf Spielernutzungsrechte in Höhe von mehr als 150 Millionen Euro die Ergebnisse belastet. Alle Spielereinkäufe waren zumindest gegenfinanziert, in Teilen auch durch Eigenkapital. Und dennoch wurde das Eigenkapital in der Zeit um rund 25 Millionen Euro verbessert, was gerade auch mit Blick auf das Lizenzierungsverfahren positive Auswirkungen hat. Im Übrigen hat die Entwicklung der Ergebnislage bereits weit vor und nicht erst mit der Ausgliederung eingesetzt.

Und wann gibt es die von Fans und Begleitern längst ersehnte „schwarze Null“?

Es bleibt bei dem unternehmerischen Ziel, positive Jahresergebnisse ohne nennenswerte Sondereffekte auszuweisen. Das hätte in der Saison des Abstiegs bereits gelingen können, wenn wir uns nicht von Spielern und Trainern hätten trennen müssen. Das hätte auch im vergangenen Jahr gelingen können, wenn beispielsweise der Abgang von Spielern vor dem 1. Juli 2019 und nicht danach erfolgt wäre. Die bilanzielle Abbildung ist aber nur zweitrangig, wenn es darum geht, Verträge vor oder nach dem Stichtag zu schließen oder erforderliche Maßnahmen auch umzusetzen. Wir haben seit der Umfinanzierung im Jahr 2016 einen erfüllbaren Plan zur Reduktion der Finanzschulden und seit dem Abstieg auch eine positive Transferbilanz. Wir haben weiterhin ein gutes Eigenkapitalpolster und halten ausreichend Finanzreserven in Form von Liquidität und Kreditlinien vor. Wenn wir dies so beibehalten, dann wird das Ziel in absehbarer Zeit erreicht, aber eben nicht einmalig, sondern nachhaltig.

Vielen Dank für das Gespräch.