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Vorbericht

23.09.16

Gegen die Wahrscheinlichkeit

Vor dem 103. Nord-Süd-Klassiker zwischen dem Hamburger SV und dem FC Bayern München gilt ein Erfolg des Rekordmeister als wahrscheinlich. Doch was ist im Sport schon wahrscheinlich?  

Wenn der Hamburger SV am Sonnabend (ab 15.15 Uhr live im HSVnetradio) den 26-fachen Deutschen Rekordmeister aus München empfängt, dann steht der Ausgang der Partie für die meisten Beobachter bereits im Vorfeld fest. Schließlich könnte die Bilanz der Rothosen gegen die Bayern in den vergangenen sieben Jahren kaum ernüchternder sein: 13 sieglose Spiele (zehn Niederlagen, drei Unentschieden) in Serie bei 6:47 Toren sind in den Fußballchroniken vermerkt. Diese Bilanz gibt den HSV-Anhängern nur wenig Grund zur Hoffnung.

Übermächtige Bayern

Zu allem Überfluss geht der HSV mit einer denkbar schlechten Ausgangslage in das 103. Nord-Süd-Duell mit den Bayern. Nach nur einem Punkt in den ersten vier Spielen finden sich die Rothosen auf Platz 16 der Tabelle wieder und im Umfeld der Hansestädter herrscht eine zunehmende Unruhe. Der FC Bayern München grüßt währenddessen fast schon turnusmäßig von der Tabellenspitze, erwischte unter Neu-Trainer Carlo Ancelotti mit vier Siegen aus den ersten vier Spielen bei 14:1 Toren den besten Liga-Start aller Zeiten - 5:0-Siege gegen Jena und Rostow zum Auftakt in den DFB-Pokal sowie die UEFA Champions League kommen noch oben drauf. 

Um sich die Stärke des Rekordmeisters vor Augen zu führen, reicht ein Blick auf Top-Torjäger Robert Lewandowski. Der 28-jährige Angreifer, der in der Vorsaison mit 30 Treffern die Torjägerkanone einheimste, traf bereits fünf Mal ins Schwarze. Wenn der Pole mit diesem Tempo weitermacht, würde er am Ende dieser Saison bei 42,5 Treffern landen. Und damit sei nur die individuelle Klasse von einem der 26 Spielern im Kader der Bayern näher vorgestellt. Die Ergebnisse der Vergangenheit, der Qualitätsunterscheid beider Mannschaften gepaart mit der diametralen Stimmungslage in beiden Clubs sorgen nicht zuletzt bei den Buchmachern für klare Verhältnisse: So liegt die Quote auf einen HSV-Sieg mindestens bei 12,0 - die Wahrscheinlichkeit wird also als absolut gering eingestuft.

"Chance nutzen"

Doch was bedeutet schon eine Wahrscheinlichkeit im Sport? In wohl keinem anderen Lebensbereich wird das als für „sicher“ proklamierte Eintreten eines Ereignisses derart oft ad absurdum geführt. Im Umfeld des Hamburger SV weiß das kaum einer so genau wie Bruno Labbadia. Der 50-jährige Cheftrainer hat die Rothosen 2015 aus einer aussichtslosen Situation vor dem als fast sicher eingestuften Abstieg bewahrt. 

Er kennt das Fußballgeschäft in und auswendig, bestritt als Spieler (612) und Trainer (396) über 1.000 Pflichtspiele. Jedes dieser 1.000 Pflichtspiele war nicht endgültig vorhersehbar. Denn der Sport im Allgemeinen und der Fußball im Besonderen folgt nicht einer festen Gesetzmäßigkeit. Oft reicht einem Sportler eine gelungene Szene bei seiner ersten ausgeführten Aktion, damit sein Spiel in eine positive Richtung ausschlägt. Mit diesem Wissen im Hinterkopf wäre es fatal, frühzeitig mit der weißen Fahne zu winken und deshalb machte Labbadia im Vorfeld des Spiels klar: „Die kleine Chance, die da ist, wollen wir nutzen – da wollen wir zugreifen und zupacken!“

Konzentrierte Rothosen

Damit dies gelingt, haben sich Labbadia und seine Schützlinge in den vergangenen drei Tagen in den Tunnel begeben. „Wir haben es in der Vergangenheit meist erfolgreich geschafft, äußere Einflüsse von der Mannschaft fernzuhalten. Das Team soll komplett bei sich sein und sich auf Fußball konzentrieren können“, erklärte der frühere Angreifer, der mit Ausnahme von Dennis Diekmeier (Faszieneinriss in Wade) auf die komplette Mannschaftsstärke zurückgreifen kann. Sein Team wird sich dabei im Vergleich zur 0:1-Niederlage beim SC Freiburg unter der Woche erheblich steigern müssen, wie nicht zuletzt Kapitän Johan Djourou weiß: „Wir spielen zu unruhig und erarbeiten uns als Mannschaft zu wenige Torchancen. Das geht und reicht so nicht, das müssen wir dringend verbessern.“

Warum das ausgerechnet gegen den übermächtigen Gegner aus dem Freistaat Bayern gelingen soll, bleibt den Wahrscheinlichkeitsrechnern natürlich ein Rätsel. Doch so viel sei in puncto Statistik und Wahrscheinlichkeit noch gesagt: Der HSV verlor seit 46 Jahren nicht mehr ein Heimspiel gegen die Bayern im Monat September. Zudem gewann man zuletzt am 26. September 2009 und damit fast auf den Tag genau vor sieben Jahren ein Heimspiel gegen die Bayern. Mladen Petric erzielte damals den Siegtreffer zum 1:0 und an der Seitenlinie für den Bundesliga-Dino stand Bruno Labbadia.

Der 19-Mann-Kader für das Spiel: Tor: Adler, Mathenia; Feld: Bahoui, Cleber, Djourou, Douglas Santos, Ekdal, Gregoritsch, Holtby, Hunt, Jung, Kostic, Lasogga, N. Müller, Ostrzolek, Sakai, Spahic, Waldschmidt, Wood

Es fehlen: Diekmeier (Faszieneinriss), Götz, Jatta, Porath (alle HSV II), Halilovic

So könnte Bayern spielen: Neuer - Lahm, Javi Martinez, Hummels, Alaba - Thiago - Renato Sanches, Kimmich - T. Müller, Coman - Lewandowski 

Es fehlen: Badstuber (Aufbautraining), Douglas Costa (Muskelverletzung im Oberschenkel)

Schiedsrichter: Felix Zwayer (Berlin)

Den Spieltags-Check zum Spiel gegen München seht ihr bei HSV total!