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Saison

19.06.19

Dieter Hecking: „Das Puzzle erfolgreich zusammensetzen“

Der neue HSV-Trainer sprach in einer Presserunde im Anschluss an den Trainingsauftakt unter anderem über seine ersten Eindrücke vom HSV, die Herangehensweise an die neue Saison und das Gesicht der neuen Mannschaft.

Dieter Hecking war beim öffentlichen Trainingsauftakt in die neue Saison 2019/20 gleich mittendrin statt nur dabei. Der 54-jährige Fußballlehrer, der vor drei Wochen als neuer Cheftrainer der Rothosen vorgestellt wurde, rückte fleißig Mini-Tore von A nach B und richtete auch in den kleinsten Teilübungen das Wort an seine neuen Schützlinge. Bestimmt und fordernd, gleichzeitig aber positiv in der Ansprache präsentierte sich der gebürtige Westfale bei seiner ersten öffentlichen Trainingseinheit vor 500 Zuschauer und erklärte im Anschluss daran in einer Presserunde: „Wenn man vor einer neuen Aufgabe steht, dann ist man immer sehr motiviert und versucht direkt, Einfluss auf die ersten Rädchen zu nehmen. Dabei ist die ganze Gemengelage noch nicht konkret. Ich vergleiche das immer mit einem Puzzle. Der Rahmen ist gelegt, und jetzt gilt es, das Bild zu legen.“ Neue Spieler, alte Spieler, mögliche Zu- und Abgänge, dazu ambitionierte Ziele und ein ganz besonderes Umfeld – all das gilt es für den Trainer des Jahres 2015, der nach 13 Jahren in der Bundesliga bewusst und voller Überzeugung die Herausforderung beim HSV gewählt hat, gemeinsam mit seinem Team nun bestmöglich zusammenzusetzen, um die nötige Kraft für die kommende Spielzeit zu entwickeln und alle HSVer mit ins Boot zu holen. „Wenn man so einen freundlichen Applaus wie wir heute früh bekommt, dann sieht man, dass der HSV trotz der vielen durchwachsenen Jahre noch immer Bezugspunkt für viele Menschen ist. Das ist positiv und gibt uns das Gefühl, dass die Unterstützung von außen sofort wieder da ist, wenn wir ehrliche Arbeit abliefern und alles versuchen, um unsere Spiele zu gewinnen. Das ist ein Riesenfaustpfand, das man durch Trägheit und Unlust nicht aufs Spiel setzen sollte. Da sind wir in der Bringschuld“, weiß der 54-Jährige über die große Verantwortung, die mit der richtigen Zusammensetzung des Puzzles verknüpft ist. 

Im Detail sprach Dieter Hecking im Anschluss an das Training über…  

… seine ersten Eindrücke: Wenn man vor einer neuen Aufgabe steht, dann ist man immer sehr motiviert und versucht direkt, Einfluss auf die ersten Rädchen zu nehmen. Gleichzeitig wissen wir alle um die Schwere der Aufgabe. Der HSV hat ein schwieriges halbes Jahr hinter sich. Das müssen nicht nur die Spieler, sondern auch das Drumherum erstmal verarbeiten. Die ganze Gemengelage ist also noch nicht konkret. Ich vergleiche das immer mit einem Puzzle. Der Rahmen ist gelegt, und jetzt gilt es, das Bild zu legen. An diese Aufgabe müssen wir ein Stück weit demütig herangehen und uns zugleich auch unserer Qualität bewusst sein. Das zweite Jahr in der zweiten Liga ist für einen Bundesliga-Absteiger oft schwieriger als das erste. Aus dieser Situation müssen wir das Beste machen und ich bin zuversichtlich, dass wir das auch hinbekommen.

… die Stimmung im Umfeld: Nur weil eine neue sportliche Leitung und sieben neue Spieler da sind, ist nicht automatisch alles wieder gut. Es gibt natürlich auch ein paar Gründe, warum es in der letzten Saison nicht geklappt hat und diese gilt es, in den nächsten Tagen weiter zu erforschen. Ich habe viele Gespräche mit Staff-Mitgliedern und Menschen, die eng an der Mannschaft sind, geführt und mein Bild wird langsam rund. Ich habe die Spieler im Urlaub alle in Ruhe gelassen. Es wird jetzt meine nächste Aufgabe sein, mit den Führungsspielern des vergangenen Jahres in Kontakt zu treten.

… die Zielsetzung für die neue Saison: Wir sind ambitioniert: Ich habe gegenüber der Mannschaft heute einmal das Wort Aufstieg erwähnt und anschließend gesagt, dass ich das bis Mai nicht mehr hören möchte. Wir wollen gern am Ende etwas zu feiern haben, aber es nützt nichts, jeden Tag mit dem Aufstieg konfrontiert zu werden. Die Mannschaft hat vor allem in der Rückrunde der Vorsaison gelernt, wie wichtig jedes einzelne Spiel ist. Ein Sieg mehr hätte am Ende gereicht, dann wäre man heute Erstligist.  

… seine persönliche Motivation: Ich habe mich bewusst für diesen Weg entschieden. Ich wollte eine spannende Herausforderung, in der ich eine Menge bewegen kann. Auch wenn es nur die Zweite Liga ist, hat mich diese Aufgabe sehr schnell gepackt. Wenn man 13 Jahre in der Bundesliga trainiert hat, dann ist vieles eintönig und normal geworden. Der HSV ist deshalb genau die Aufgabe, die ich brauche, um mich selbst neu zu erfinden und neu zu motivieren. Dass die Leute mit mir eine gewisse Erwartungshaltung verknüpfen, dem kann ich standhalten. Ich weiß aber, dass ich das allein nicht schaffen werde. Es wird deshalb die große Aufgabe sein, zunächst intern als Team eine große Geschlossenheit herzustellen. Wenn wir anschließend noch das gesamte Umfeld von außen mitnehmen können, dann haben wir einen großen Schritt geschafft und können mit dieser Kraft und Power unsere Ziele erreichen.

… den vorhandenen Kader: Aktuell ist es als neuer Trainer am wichtigsten, sich zunächst einen Blick über die vorhandenen Spieler zu verschaffen. Das werde ich in den nächsten fünf bis sechs Wochen machen. Das sind alles Spieler, die in den vergangenen Jahren nachgewiesen haben, dass sie besseren Fußball als in der vergangenen Saison spielen können. Da gilt es nun herauszufinden, woran es gefehlt hat. Mal sind es gesundheitliche Gründe, mal hat es einfach nicht gepasst. Am Ende muss man die Frage stellen, ob der Spieler bereit ist, die Aufgabe beim HSV voll anzugehen. Wenn das nicht der Fall ist, muss man Konsequenzen ziehen.  

… weitere Zu- und Abgänge: Die Transferzeit bedeutet immer Bewegung. Bei den Bundesligisten passiert noch relativ wenig, weil sie sich aktuell im Urlaub befinden und die Kaderplanung noch im Hintergrund abläuft. Aber bis zum 31. August wird es eine ständige Gerüchteküche geben, welche Spieler noch kommen oder gehen. Es kann also noch weit bis in den August hinein dauern, bis wir mit dem vollständigen Kader arbeiten können. Dennoch ist es das Bestreben, so schnell wie möglich ein gutes Gerüst zu haben. 

… die Erweiterung seines Trainerstabs: Tobi (Tobias Schweinsteiger, Anm. d. Red.) wird ab morgen zu uns stoßen. Ich habe bereits vor meinen ersten Gesprächen mit dem HSV Kontakt zu Tobi aufgesucht. Ich habe in den vergangenen Jahren bei allen Vereinen neben Dirk Bremser immer mit einem weiteren älteren Co-Trainer zusammengearbeitet. Das waren jeweils hervorragende Kollegen, aber ich werde auch nicht jünger und es tut ganz gut, wenn man einen jüngeren Kollegen mit im Trainerstab hat, der vom Alter her näher an den jungen Spielern dran ist und vielleicht mit ganz anderen Ideen reinkommt. Tobi hat einen sehr guten Eindruck in den Gesprächen auf mich gemacht. Er blickt über den Tellerrand hinaus und hat auch viele andere Sportarten im Blick. Der Junge macht mir einfach Spaß und ich finde es wichtig, sich bei aller eigenen Erfahrung auch immer wieder neuen Dingen zu öffnen.    

… das Niveau der 2. Liga: Man hört jedes Jahr aufs Neue, dass die Zweite Liga die beste aller Zeiten sein soll. Mit dem Abstieg von Stuttgart, Hannover und Nürnberg und dem Nicht-Aufstieg des HSV gibt es natürlich vier Clubs, die jahrelang das Gesicht der Bundesliga geprägt haben. Das macht die Liga auf jeden Fall schon einmal interessant. Ob es aber die beste ist, das müssen diese vier Teams und auch die restlichen 14 Mannschaften erstmal beweisen. Das Niveau hat sich in den vergangenen Jahren merklich gesteigert und dennoch gab es auch Spiele, in denen es nicht so hoch war.