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Interview

18.10.21

„Bei solchen Vergehen haben wir eine ganz klare Regelung“

Im HSV.de-Interview spricht Cornelius Göbel, Direktor Fankultur, über das inakzeptable Verhalten einzelner Zuschauer beim Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf und erklärt, welche weiteren Schritte jetzt eingeleitet werden. 

HSV.de: Cornelius, beim Heimspiel gegen Düsseldorf ist es auf den Rängen zu inakzeptablen Vorkommnissen gekommen: Es soll rassistische Beleidigungen gegen Spieler beider Teams gegeben haben, zudem gab es erkennbar Würfe von Gegenständen gegen handelnde Akteure. Was ist euch davon bekannt und inwieweit konntet ihr diese Fälle schon aufklären?

Cornelius Göbel: Grundsätzlich muss man sagen, dass der Spieltag emotional aufgeladen war und es sehr viele kleine Konflikte im und rund um das Stadion gab. Darunter waren viele Bierbecherwürfe im gesamten Stadion und mindestens ein rassistischer Vorfall in Block 22B. Dieser wurde von einem Zeugen dokumentiert und mit dieser Person stehen wir auch schon im Austausch, um den Täter oder die Täterin entsprechend zu ermitteln und weitere Schritte einzuleiten. Es gibt darüber hinaus noch weitere Beschreibungen, dass es in anderen Bereichen ähnliche Äußerungen rassistischer Art gab. Das können wir in der Form noch nicht verifizieren, nehmen sie aber sehr ernst.  

Der HSV hat bereits gestern erklärt, dass er alles Mögliche unternehmen wird, um diese Vorfälle zu ahnden. Was sind hierbei die konkreten Schritte, die jetzt unternommen werden? 

Diesbezüglich haben wir beim HSV eine ganz klare Regelung: Sollte sich der Verdacht rassistischer Äußerungen bestätigen, wird ein Stadionverbotsverfahren eingeleitet. Sollte die Person zudem Mitglied bei uns sein und ein Verstoß gegen die Vereinssatzung vorliegen, kann auch ein Vereinsausschlussverfahren eingeleitet werden, das dann entsprechend bemüht und vom HSV e.V. umgesetzt wird. Da gibt es keine zwei Meinungen und das ist ganz klar geregelt. Wir hatten aufgrund von rassistischen Äußerungen auch schon einen solchen Ausschluss und sind da entsprechend handlungsfähig. Im Hinblick auf die Bierbecherwürfe ist es so, dass es sich mittlerweile um Hartplastikbecher handelt, die als Wurfgeschosse zu Körperverletzungen führen können. Es gab die Regel schon immer und diese wird jetzt mit Sicherheit noch einmal schärfer eingesetzt. Wenn jemand beim Werfen eines Bechers überführt wird, dann wird ein Stadionverbotsverfahren eingeleitet.

Gab es am Spieltag selbst schon Meldungen beim sogenannten „Ankerplatz“? Dem Ort, den der HSV als Anlauf- und Schutzstelle für Hilfe- und Ratsuchende geschaffen hat, die am Spieltag Diskriminierung oder Gewalt erleben oder miterleben. 

Das Team vom Ankerplatz hat gewisse Vorkommnisse beobachtet – darunter auch sexistische Äußerungen, die leider ein Stück weit salonfähig geworden sind. Proaktiv ist am Spieltag gegen Fortuna Düsseldorf bislang aber niemand auf das Ankerplatz-Team zugegangen. Hier müssen wir in Zukunft wieder versuchen, die Meldeketten, die wir haben, in geordnete Abläufe zu bekommen. Es muss erst einmal wieder geläufig werden, dass es diese Möglichkeiten beim HSV gibt. Also: Was mache ich eigentlich, wenn mir so etwas widerfährt? Ich kann den Ordnungsdienst, das Team Ankerplatz und die Fanbeauftragten ansprechen. Dann wird, wenn von den Betroffenen gewünscht, entsprechend eingeschritten und dagegen vorgegangen.

Wie ist es erklärbar, dass es im besagten Fall der rassistischen Äußerung nicht zu einem Einschreiten kam? 

In der Regel haben wir die Erwartungshaltung, dass Ordner einschreiten, wenn ein solches Fehlverhalten sicht- oder hörbar ist oder gemeldet wird. Diese Meldekette hat scheinbar in dem bekannten Fall nicht gut funktioniert. Trotzdem haben wir im Nachhinein die Möglichkeit, solche Fälle aufzubereiten und machen das akribisch.  

Gibt es Erklärungsgrundsätze, warum sich ein solches Fehlverhalten Einzelner ausgerechnet bei diesem Heimspiel gezeigt hat?  

Man muss klar differenzieren, was alles passiert ist. Das Verhalten rund um das Stadion ist durch Corona ein Stück weit erklärbar. Große Ansammlungen von Menschen und das Verhalten Miteinander müssen erstmal wieder erlernt werden. Rassistische Vorfälle muss man davon differenziert betrachten. Der Kampf gegen Rassismus und andere Diskriminierungsformen ist einer, der kontinuierlich geführt werden muss. Wir fahren mittlerweile den Ansatz beim HSV, darüber bewusst ganz transparent zu sprechen. Wir sagen offen: Uns ist hier etwas widerfahren, um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es so etwas hier noch gibt. Wir wollen dazu ermutigen, daran zu erwachsen und beim nächsten Vorfall zu wissen, wie wir mit solchen Vorfällen umgehen. Solche Fälle werden immer wieder passieren und sind kein hausgemachtes Problem beim HSV. Es ist ein Gesellschaftsthema und das Stadion ist immer wieder auch Brennglas. Wir müssen die Strukturen dafür schaffen, maximal konsequent dagegen vorzugehen.