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Fans

29.12.18

„Dieser Augenblick hat den gesamten HSV stärker gemacht“

So kurz vor dem Jahreswechsel ist ein guter Zeitpunkt, um noch einmal einen kurzen Blick zurückzuwerfen. Auf ein Jahr, das den HSV und seine Fans sehr bewegt hat. Abschlach! ("Mein Hamburg lieb´ ich sehr") mit ihrem etwas anderen Jahresrückblick.

Der HSV beendet 2018 als Tabellenführer. Ein Umstand, der unglaublich guttut, auch wenn es die 2. Bundesliga statt der gewohnten 1. Liga ist. Die hatten die Rothosen im Sommer verlassen müssen – es war einer der Momente des Jahres, als sich über 50.000 Menschen im Volksparkstadion erhoben und gemeinsam "Mein Hamburg lieb´ ich sehr" anstimmten und damit für mehr als Gänsehaut-Atmosphäre sorgten. Die Band, die zu diesem Moment einen entscheidenden Beitrag geleistet hat, hat in der aktuellen HSVlive-Ausgabe einen etwas anderen Jahresrückblick hingelegt, den wir an dieser Stelle in Auszügen veröffentlichen. Sven, Muchel, Tobi, Herr Wendt und Boris alias Abschlach! mit ihrem persönlichen Blick auf 2018.

"Dieser Moment hatte trotz aller Tränen und der tiefen Trauer eine große hanseatische Würde"

An dem Tag, als der HSV sein letztes Spiel in der 1. Bundesliga bestritt, passierte in der Schlussphase Außergewöhnliches, auch dank eures Songs „Mein Hamburg lieb‘ ich sehr“. Wie habt ihr diesen Tag erlebt?

Tobi: Ich konnte das Spiel nur am Fernsehen verfolgen und es war natürlich ein unglaublich trauriger Moment, als man realisierte, dass es nicht reichen würde. Aber als in genau dieser Phase plötzlich das gesamte Stadion anfing, unser Lied zu singen, da war das nicht nur Gänsehaut pur, sondern hat mir sehr viel Kraft gegeben. Und ich glaube, so ging es allen HSVern. Im Stadion und auch vor den Fernsehern. Dieser Augenblick hat den gesamten HSV stärker gemacht. Trotzdem: Im gleichen Moment flossen einfach nur noch die Tränen.

Boris: Für mich hatte dieser Moment trotz aller Tränen und der tiefen Trauer eine große hanseatische Würde. Wie viele Menschen gleichzeitig dieses Lied angestimmt haben und dass sich dann das ganze Stadion erhoben und mitgesungen hat, das war ein ganz, ganz großer Augenblick. Und zwar ganz unabhängig davon, dass es unser Song war. Dieser Moment hatte einfach eine unglaubliche Kraft, zumal die Aktion nicht choreographiert war oder das Lied über Lautsprecher angespielt wurde, sondern aus den Herzen der Menschen kam. Der Song passte einfach zu diesen Minuten des feststehenden Abstiegs als großes Zeichen dafür, dass dieser Verein und all seine Fans gemeinsam den Abstieg überleben werden. Nach dem Motto: Der Dino ist tot, es lebe der HSV!

Muchel: Exakt so fühlte es sich im Stadion an. Als feststand, dass es aufgrund des Ergebnisses in Wolfsburg nicht reichen wird, trat plötzlich eine große Stille ein, im ganzen Stadion war es mucksmäuschenstill. Und dann stimmte erst die Nordtribüne und schließlich das gesamte Stadion das Lied an. Das war wirklich ein krasser Moment, in dem mir wie vielen anderen Leuten um mich herum die Tränen kamen. Es war diese Kraft, die dieser Moment ausgestrahlt hat: Scheiß drauf, wir halten zusammen, dann gehen wir eben in die 2. Liga

Dieser 2. Liga gehört der HSV nun seit einem knappen halben Jahr an. Tut 2. Liga wirklich so weh, wie man es vielleicht befürchtet hat?

Herr Wendt: Nein, definitiv nicht. Der Zusammenhalt ist immer noch der gleiche, die Stimmung ebenfalls und wir spielen erfolgreich. Das tut nach den letzten Jahren auch einfach mal verdammt gut. Dass wir uns alle trotzdem möglichst schnell den Wiederaufstieg wünschen, ist ja aber ganz klar, obwohl die 2. Liga durch den nicht vorhandenen Videoschiedsrichter oder ein paar spannende neue Gegner durchaus auch seine Vorteile hat. Ich jedenfalls kann mich gerade sehr gut damit arrangieren und habe kein Pipi mehr in den Augen.

"Was gerade passiert, tut nach zig Jahren Abstiegskampf einfach unglaublich gut"

Sven: Es bleibt unser HSV, ganz egal in welcher Liga. Aber ich kann mich nur schwer mit den Rahmenbedingungen anfreunden. Die frühen Anstoßzeiten, ein Spieltag über insgesamt vier Wochentage verteilt – das ist nicht meine Welt. Für mich bleibt Fußball als Samstag, 15.30 Uhr implementiert, da bin ich Nostalgiker. Ich habe eine Dauerkarte, muss aber zum Heimspiel pro Strecke über 100 Kilometer zurücklegen, da schaffe ich die Anstoßzeiten am Freitag oder Montag oftmals gar nicht. Auch deshalb müssen wir bitte direkt wieder hoch. Aber derzeit sieht es ja ganz gut aus.

Muchel: Ich bin auch für Aufstieg – allerdings als Dritter. Und in der Relegation setzen wir uns gegen Werder durch…

Tobi: Mit dem Wunsch steht Muchel natürlich komplett allein da, wir nehmen lieber einen der ersten beiden Plätze. Und saugen bis dahin alles auf, was gerade passiert, denn natürlich macht es großen Spaß, wenn die eigene Mannschaft tolle Spiele zeigt, meist gewinnt und an der Tabellenspitze steht. Das tut der Fan-Seele nach zig Jahren Abstiegskampf einfach unglaublich gut.

Sven: Es macht natürlich auch vor allem deshalb so viel Spaß, weil die Unterstützung durch die Fans weiterhin erstklassig ist. Wo gibt es denn das alles: Mitgliederrekord, europaweit der größte Zuschauerschnitt aller Zweitligisten, die Menschen kommen wieder gerne ins Volksparkstadion – wer hätte das erwartet? Das macht den HSV einfach aus.

Herr Wendt: Der einzige Titel, den wir die letzten 30 Jahre vor uns hergeschoben haben, war der, dass wir der Dino sind. Den haben wir nun verloren, aber deshalb sind wir ja trotzdem immer noch der geilste Club. Und es ist ja auch keine Frage, dass wir zurückkommen.

Boris: Da haben wir aber nach dem ersten Spieltag ein bisschen anders geredet. Vorher waren sich alle sicher, dass wir direkt losmarschieren, das ist ja auch typisch Hamburg: Na gut, abgestiegen, einmal schütteln, Krone richten und wieder ab nach oben! Da steht uns die eigene Hybris ab und an mal etwas im Wege. Und dann gab es direkt die Klatsche gegen Kiel. Da herrschte auch kurzzeitig mal eine Stimmung, die war tatsächlich nicht gut.

Herr Wendt: Aber das war im Nachhinein ein wichtiger Schuss vor den Bug. Zwischendrin gab es zwar nochmal das Regensburg-Spiel, aber grundsätzlich hatten die Spieler und auch alle Fans nach diesem Auftakt verstanden, worauf es in dieser Liga ankommt und dass es kein Spaziergang wird. Das war so ein Herzlich-willkommen-in-der-2.-Liga-Moment. Seitdem macht es die Mannschaft wirklich gut und steht zurecht da oben. Und die Fans gehen wieder mit einem Lächeln ins Stadion.

"Für uns ist es, als würden wir selbst für den HSV auf dem Platz stehen"

Nicht nur für den HSV hat sich in 2018 viel verändert, sondern auch für euch als Band. Euer Bekanntheitsgrad ist enorm gestiegen, in HSV-Kreisen sowieso, aber auch darüber hinaus. Zudem gab es etliche Interviews in Zeitungen und im Fernsehen und zum großen Band-Jubiläum habt ihr ein neues Album rausgebracht, mit dem ihr sogar eine Chart-Platzierung gelandet habt. War es also – abgesehen vom HSV-Abstieg – ein perfektes Jahr für euch?

Boris: Mit dem letzten Album haben wir auch die Charts angekratzt – eine Woche lang auf Platz 99… Dieses Mal sind wir auf 26 gelandet, das macht einen schon etwas stolz, auch wenn es nicht unsere Triebfeder ist, in den Charts oder kommerziell erfolgreich zu sein. Wir haben in diesem Jahr so viele Konzerte gespielt wie noch nie, das freut mich viel mehr. Das macht 2018 für mich musikalisch zu einem besonderen Jahr, auch wenn alle 15 Abschlach!-Jahre natürlich geil waren.

Herr Wendt: Das stimmt, aber dieses Jahr war für uns schon mit einem Ausrufezeichen versehen, gerade was die Aufmerksamkeit betrifft. Natürlich haben wir uns gesagt: 2018 feiern wir 15-jähriges Jubiläum, da machen wir ein neues Album und auch ein bisschen was Besonderes. Aber dass solch ein Hype entstanden ist, das kam ja eher unverschuldet. Dafür hat schon speziell dieser so traurige Tag im Mai gesorgt, als 50.000 Menschen sich erhoben und unser Lied gesungen haben, was weit über Hamburgs und sogar Deutschlands Grenzen hinaus für eine unglaubliche Aufmerksamkeit gesorgt hat. Und auch die Tatsache, dass das Kulturgut HSV-Musik insgesamt eine viel größere Rolle spielt, da der HSV selbst mittlerweile ein toller Partner ist und die Musik der vielen Künstler aus der HSV-Musikszene auf eine größere Bühne gehoben hat, spielt natürlich eine elementare Rolle. Wir fühlen uns mittlerweile nicht nur als Fans, sondern auch als Musiker beim HSV zuhause. Diesbezüglich war 2018 für uns als Band tatsächlich ein sehr spannendes Jahr.

Das komplette Interview lest ihr in der Dezember-Ausgabe des HSVlive-Magazins, erhältlich in den HSV-Fanshops oder digital über diesen Link.