
DFB-Pokal
02.12.25
Besuch vom Nachbarn
HSV vs. Holstein: Ein Duell mit ganz viel Tradition, reichlich Treffen und Treffern und sehr besonderen Premieren für den größten HSVer aller Zeiten und zwei Weltmeister. Doch etwas fehlt noch in der großen Spielesammlung ...
Wow! Was für ein schmuckes Pokal-Los: Seit dem Halbfinale 2022 gegen Freiburg endlich mal wieder ein Heimspiel, und dann auch noch ein Nordderby! Hektische Betriebsamkeit in den Ticketbörsen, die Eintrittsberechtigungen für das Live-Erlebnis sind noch ein bisschen begehrter, gefühlt noch ein bisschen schneller vergriffen als sonst. Auch in den Archiven beider Vereine hat das anstehende Pokal-Duell Staub aufgewirbelt: Blicke in Aktenordner mit vergilbten Notizen, Blättern in alten Sportmagazinen – eine willkommene Gelegenheit, die gemeinsame Spielbilanz miteinander abzugleichen und auf einen einheitlichen Stand zu bringen. Im Internet-Lexikon Wikipedia gibt es zu diesem Thema zwar bereits einen eigenen Eintrag, der allerdings „Phantom-Spiele“ und die eine oder andere Ungereimtheit beinhaltet. Auch die Schwarmintelligenz irrt manchmal …
Immerhin: Der Austausch zwischen Hamburg und Kiel war ertragreich. Bis auf eine extrem harte Nuss aus Nachkriegstagen des Jahres 1945 mit dürftiger Quellenlage sind wohl alle Rätsel geknackt und Fragezeichen aufgelöst. Gesichert scheint: Am morgigen Mittwoch um 20.45 Uhr (live im HSVnetradio) treffen sich der HSV und die KSV Holstein im Zuge des DFB-Pokal-Achtelfinales zum mittlerweile 132. Mal. Lediglich gegen sechs Clubs – zuvorderst gegen Werder mit fast 200 Begegnungen – sind mehr HSV-Spiele dokumentiert; in Sachen Freundschaftskicks bzw. Tests (früher: „Privat-“- oder „Gesellschaftsspiele“) bedeuten die mittlerweile 51 Treffen mit Kiel sogar mit Abstand den Spitzenplatz. „#Lieblingsgegner“!

Die Störche als Punktediebe
Wobei: Wenn es um Zählbares für Meisterschaften ging, fiel in Bezug auf die Freunde aus der Fördestadt durchaus auch mal der Begriff „Angstgegner“. Dass die Störche Babys bringen, ist ein Märchen. Dass sie Punkte klauen, hingegen bittere Realität. Dazu reicht es schon, das Kurzzeitgedächtnis zu bemühen: In den zuletzt sechs gemeinsamen Zweitliga-Jahren gelang dem HSV kein einziger Heimsieg gegen Holstein. 34 verschiedene Punktspiel-Gegner zwischen dem Bundesliga-Abstieg 2018 und dem Wiederaufstieg 2025. Nur gegen deren drei fiel die Bilanz im Volkspark negativ aus, darunter auch – na klar – gegen Holstein: Vier Punkteteilungen, eingerahmt in zwei sehr schmerzhafte Niederlagen – das 0:3 im allerersten Zweitligaspiel überhaupt sowie das 0:1 vom 20. April 2024, für Holstein seinerzeit am 30. Spieltag der entscheidende Turbo, für den HSV der entscheidende Steckerzieher in Sachen Aufstieg. In Summe: Bisherige Volkspark-Siege gegen Holstein: null. Bislang letzter HSV-Heimsieg vor mittlerweile mehr als 63 Jahren mit 3:2 am Rothenbaum mit den Torschützen Rolf Fritzsche (2) und Uwe Seeler bzw. Horst Martinsen und Gerd Koll.

Kleine, aber feine Pokal-Historie
Vielleicht braucht es ja den Pokal mit seinen „eigenen Gesetzen“, um diese fiese Serie endlich reißen zu lassen. In der dicken gemeinsamen Chronik macht dieses Kapitel ein vergleichsweise dünnes aus (siehe Tabelle). Das aktuelle Achtelfinale ist erst die dritte Begegnung auf DFB-Hauptrunden-Ebene nach den Spielen in Kiel von 1941 und 2007 (im Foto, v.l.: Ole Werner, David Jarolim und Vincent Kompany). Hinzu kommen Partien im Rahmen des norddeutschen Pokals, der letztmalig vor mehr als 50 Jahren ausgetragen wurde und nicht nur deshalb in Vergessenheit geraten ist. Sich ständig ändernde Austragungsmodi – zeitweilig fungierte der NFV- als Qualifikation für den DFB-Pokal, ohne dass ein Sieger ermittelt und eine Trophäe ausgehändigt wurde – sorgten dafür, dass das Publikum nie so richtig mit diesem Wettbewerb warm wurde. Dennoch bemerkenswert: Bei den Austragungen, an deren Ende auch ein Endspiel stand (1925-1928, 1953, 1955, 1957-1960), waren die KSV und der HSV im entscheidenden Spiel zusammengenommen 13-mal vertreten – allein dreimal im direkten Duell – und stellten in neun von zehn Fällen den Sieger.
Datum | Wettbewerb | Runde | Ergebnis | Zuschauer |
|---|---|---|---|---|
05.12.1926 | NFV-Pokal | Finale | 3:1 (2:1) n | 10.000 |
12.07.1941 | DFB-Pokal | 1. Runde | 1:2 (0:1) A | 6.000 |
24.06.1953 | NFV-Pokal | Finale | 3:2 (1:1) H | 8.000 |
01.08.1954 | NFV-Pokal | 3. Runde | 8:2 (2:1) H | 14.000 |
01.01.1956 | NFV-Pokal | Finale | 3:1 (2:1) H | 11.000 |
05.08.2007 | DFB-Pokal | 1. Runde | 5:0 (1:0) A | 11.386 |
03.12.2025 | DFB-Pokal | Achtelfinale | ? | 57.000 |
Quelle: Broder-Jürgen Trede |

„Legendäre“ Premiere für Uwe, Fritz und Jupp
Aus Gründen der Nostalgie, vor allem aber der Motivation sei eines dieser Spiele noch einmal herausgestellt: Am 1. August 1954 siegte der HSV mit 8:2. Ein wahrer „Tag der Legenden“. Heftig umjubelter Vierfach-Torschütze am Rothenbaum: ein gewisser Uwe Seeler. Für den damals 17-jährigen Mittelstürmer war es nach zuvor zehn Freundschaftskicks mit starken neun Treffern das allererste von insgesamt 587 Pflichtspiel-Auftritten im Rauten-Dress der Liga-Mannschaft mit den Toren Nummer 1 bis 4 von bis heute unerreichten 507.

Vielleicht noch weniger bekannt, aber ebenso denkwürdig: Es war zugleich das erste „weltmeisterliche“ Spiel des HSV, denn neben Jung-Uwe liefen an diesem Tag gegen Holstein Kiel u.a. auch Fritz Laband als Rechtsverteidiger und Jupp Posipal als Mittelläufer auf. Diese Beiden hatten 28 Tage zuvor beim Gewinn des FIFA-Weltpokals in der Schweiz ewigen Legenden-Status erreicht und waren weitere vier Tage später in ihrer Heimatstadt triumphal empfangen worden.
Es ist an der Zeit. Höchste Zeit. Für neue Heim-Heros gegen Holstein.
