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Fans

30.05.25

„Es wird keinen pauschalen Erstliga-Aufschlag geben“

Der HSV blickt auf eine Saison mit Rekordzahlen und beeindruckendem Fan-Zuspruch zurück. Gleichzeitig fand eine kontrovers geführte Diskussion rund um das Thema Ticketpreise statt. Die verantwortlichen Direktoren Cornelius Göbel und Philipp Winter geben im Interview mit hsv.de Einblicke in den aktuellen Umgang mit dem Ticketpricing. 

Das Thema „Ticketpreise“ beschäftigt den HSV und seine Fans. Sind die Einzelkarten für bestimmte Partien zu teuer? Sind die Ticketpreise zu dynamisch? In der Aufstiegssaison gab es diesbezüglich kontroverse Diskussionen mit Protestbannern auf der Nordtribüne. Seit mehreren Wochen befinden sich die HSV-Verantwortlichen im intensiven Austausch mit unterschiedlichen Akteuren aus der Anhängerschaft. Auf Basis dieser Auseinandersetzung mit vielfältigen Perspektiven wurden neue Preismodelle erarbeitet, Inhalte konkretisiert und zukunftsorientierte Ansätze beschlossen. Im Interview auf hsv.de erklären Cornelius Göbel (Direktor Fans, Kultur & Nachhaltigkeit) und Philipp Winter (Direktor Recht & Organisation) das neue Ticket-Preissystem und den internen Umgang mit der gegen Ende der Saison 2024/25 verstärkt aufgekommenen Kritik.

hsv.de: Die große Aufstiegsfeier des HSV ist mittlerweile anderthalb Wochen her. Gab es nach den Rekordzahlen der Vorjahre eigentlich auch im Bereich Fans und Ticketing etwas zu feiern?

Cornelius Göbel: Auf jeden Fall. Aber vielleicht vorweg: Der Zuspruch in den letzten Jahren ist wirklich außergewöhnlich und nicht selbstverständlich. Die Wucht unserer Anhängerschaft sowohl bei Heimspielen als auch bei Auswärtsspielen ist optisch und akustisch im absoluten Topbereich der oberen Ligen angekommen. Darauf sind wir sehr stolz. Es zeigt, wie sehr sich die Investitionen in ein kulturelles Miteinander lohnen. 

Philipp Winter: Aber auch entlang von Zahlen lässt sich der Zuspruch ablesen. Mit 957.509 verkauften Eintrittskarten bei 17 Heimspielen und damit durchschnittlich 56.324 pro Partie haben wir einen neuen Zuschauerrekord erreicht und damit sogar unsere Bestmarke des Vorjahres (55.847 – die Red.) übertroffen. Ein sehr starkes Zeichen!

Trotzdem ging das Thema „Ticketpreise“ nicht geräuschlos durch die Saison. Es gab einige Protestbanner gegen die Preisgestaltung, vor allem im Zusammenhang mit dem Heimspiel-Saisonabschluss gegen Aufsteiger Ulm. Konntet ihr das nachvollziehen?

Winter: Die Kritik, die wir nach der Veröffentlichung der Preise für dieses Spiel erhalten haben, wurde von uns sehr ernst genommen. Wir haben zugehört, Kritikpunkte verstanden und uns nach eingehender Bewertung dazu entschieden, diese für den bereits zuvor angestoßenen, internen Prozess zur zukünftigen Preisgestaltung zu berücksichtigen. Dies gilt beispielsweise für eine neu eingezogene Obergrenze bei den Public-Tickets: Unabhängig von Gegner und Ansetzung wird das Ticket in der höchsten Preiskategorie in der kommenden Spielzeit nicht mehr als 89 Euro kosten.

Göbel: Ein großer Kritikpunkt ist zudem die fehlende Transparenz in unserer Preisgestaltung und in der Auswahl sogenannter Topspiele. Das ist ein berechtigter Punkt, den wir sehr ernst nehmen. In der Vergangenheit haben wir in der Kommunikation rund um unsere Preisstruktur und die Einstufung einzelner Spiele als „Topspiele“ nicht immer die nötigen Hintergründe vermittelt. Das wollen wir ändern. Unser Ziel ist es, künftig transparenter und nachvollziehbarer zu agieren – sowohl im Entscheidungsprozess als auch in der Darstellung nach außen. Wir wissen sehr genau, was wir an unseren Fans haben. Der immense Zuspruch – Woche für Woche, zuhause wie auswärts – ist unser größtes Kapital. Und gerade in einer herausfordernden Liga wie der 1. Bundesliga ist dieser Rückhalt ein entscheidender Faktor. Gleichzeitig wissen wir auch: Es wird immer wieder Phasen geben, in denen sportliche Rückschläge dazugehören. Umso wichtiger ist es, dass wir dann auf ein volles Stadion und die gemeinsame Wucht aus Mannschaft und Fans setzen können. Deshalb ist es unser Anspruch, faire und transparente Rahmenbedingungen zu schaffen.

Vielleicht hilft es bei der Gesamtbewertung des Themas auch einmal zu wissen, welche Rolle die Ticketeinnahmen grundsätzlich für den HSV haben.

Göbel: Einnahmen rund um den Spieltag, wozu insbesondere auch das Public-Ticketing gehört, sind enorm wichtig für uns und einer der Eckpfeiler unserer Erlös-Struktur. Das stärkt unsere Wettbewerbsposition im Vergleich zu anderen Clubs, weil diese Einnahmen planbarer sind als beispielsweise Transfererlöse oder dem im Wesentlichen vom sportlichen Erfolg abhängigen TV-Geld aus der Zentralvermarktung. Diese Einnahmen sind für den HSV von entscheidender Bedeutung, da sie nicht nur zur Deckung der Betriebskosten beitragen, sondern auch Investitionen in Infrastruktur und sportliche Entwicklung ermöglichen. In den letzten Jahren konnten wir trotz sportlicher Herausforderungen eine positive finanzielle Entwicklung verzeichnen, was unter anderem auf die hohe Nachfrage nach Tickets und die erfolgreiche Nutzung des Volksparkstadions für verschiedene Drittveranstaltungen zurückzuführen ist.

Winter: Und dennoch sehen wir das Public-Ticketing keinesfalls als Bereich der Erlösmaximierung, in dem wir – salopp formuliert – „die Zitrone auspressen“ wollen. Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage in den letzten Jahren würde es zulassen, dass wir – zumindest in einzelnen Preiskategorien oder für Topspiele – gerade in der 1. Bundesliga die Preise deutlich erhöhen. Auf diese Weise könnte über die Saison betrachtet ein weiterer Millionenbetrag erwirtschaftet werden, den wir unmittelbar in den Lizenzspielerkader investieren könnten. Wir haben uns aber ganz bewusst dagegen entschieden, das Public-Ticketing als Erlöstreiber zu nutzen und stattdessen gerade auch im Moment des sportlichen Erfolgs die Sozialverträglichkeit in der Preisgestaltung eher noch zu stärken. Denn wir betrachten unsere Fans nicht bloß als zahlende Kunden. Sie sind vielmehr ein wesentlicher Bestandteil unserer gemeinsamen Erfolgsgeschichte; sie haben Anteil am und Einfluss auf den Erfolg des HSV. Das kann jeder bestätigen, der in den Jahren nach der Corona-Pandemie ein Heimspiel im Volksparkstadion besucht hat. Es ist also Grundlage unseres Handelns, auch die Bedürfnisse der Fans – und damit meinen wir alle Facetten dieser heterogenen Gruppe – zu identifizieren und bei unserer Entscheidungsfindung immer mitzuberücksichtigen. 

Was habt ihr konkret für die Preisgestaltung zur neuen Saison daraus abgeleitet?

Göbel: Wir haben uns festgelegt, die Sozialverträglichkeit in der Preisgestaltung für die kommende Saison wieder zu stärken. Dass diese Aufgabe wegen der gestiegenen wirtschaftlichen Anforderungen in der Bundesliga keine leichte ist, versteht sich dabei von selbst. Es gibt Kosten, die gestiegen sind, und Herausforderungen, die wir als Verein stemmen müssen – auch um sportlich konkurrenzfähig zu bleiben.

Winter: Im Bereich der Einzeltickets sind uns dabei folgende Punkte wichtig: Erstens – und das ist zentral – werden wir keinen pauschalen Erstliga-Aufschlag verbuchen. Zweitens möchten wir insgesamt eine verlässlichere und nachvollziehbarere Preisgestaltung, die weniger von der dynamischen Nachfragesituation im Einzelfall bestimmt wird. Hierfür ordnen wir die Spiele nach Ansetzung einer von fünf Kategorien zu, um das konkrete Pricing festzulegen. Die Verteilung über die Kategorien soll dabei insgesamt ausgewogen erfolgen. Innerhalb dieser Zuordnung – und das ist der dritte Punkt – werden wir, wie bereits erwähnt, eine Preis-Obergrenze einziehen und auch bei absoluten Top-Spielen keine Public-Karten für mehr als 89 Euro verkaufen. Und viertens werden wir die günstigeren Preiskategorien trotz höherer Spielklasse nicht nur stabil halten, sondern sogar leicht günstiger gestalten. Nehmen wir z.B. die Preiskategorie 5 als unsere preisgünstigste Sitzplatzkategorie. Hier hat die reguläre Tageskarte in der vergangenen Saison zwischen 29 und 38 Euro gekostet. In der kommenden Spielzeit werden wir diese Karten für 24 bis 35 Euro anbieten. Stehplatzkarten, bei denen eine sozialverträgliche Preisgestaltung ebenfalls wichtig ist, werden wir auch in der neuen Saison unabhängig von der Spielkategorie konstant bei 18,- Euro halten. Dies ermöglichen wir, indem wir in den mittleren Preiskategorien moderate Preisanpassungen vornehmen. Dabei geht es uns aber nicht um Erlösmaximierung, sondern um eine verantwortungsvolle Balance zwischen wirtschaftlichen Notwendigkeiten und den berechtigten Erwartungen unserer Anhängerschaft.  

Göbel: Im Bereich der Dauerkarten verhält es sich ähnlich. Hier kommen wir im Zuge des Aufstiegs um eine moderate Anpassung der Preise nicht umhin, nachdem wir die Preise in der vergangenen Saison nicht erhöht hatten. Wir werden aber mit Augenmaß vorgehen. Insbesondere werden wir die Preise in den günstigeren Preiskategorien 5 und 6, die die Stehplätze einschließen, nicht erhöhen und wahren damit Preisstabilität bei mehr als der Hälfte aller Dauerkarten. Bundesliga-Fußball wird es auf der Nordtribüne also auch weiterhin für 14 Euro pro Spiel geben. In den anderen Preiskategorien nehmen wir Erhöhungen von 4 Euro bis 5,82 Euro pro Spiel vor, bleiben damit im Vergleich zu den Dauerkartenpreisen anderer fanrelevanter Clubs aber moderat. Letztlich könnte man sagen, dass hierdurch die Preisstabilität in den Kategorien 5 und 6 mitsubventioniert wird.

In Fankreisen hört man immer wieder emotionale Diskussionen zur vom HSV festgeschriebenen Mindestnutzung von Dauerkarten und der Gefahr, diese Saisontickets bei Mindernutzung zu verlieren. Wie steht ihr dazu?

Göbel: Das Thema ist uns sehr wichtig. Aufgrund der begrenzten Anzahl des wertvollen Gutes Dauerkarte – wir werden das Gesamtvolumen vorerst nicht erhöhen – wird die Nutzung noch stärker beobachtet. Insbesondere bei geringer Nutzung werden wir konsequent vorgehen, um sicherzustellen, dass die Plätze auch wirklich genutzt werden.

Wie geht der HSV zukünftig mit Eintrittskarten für Kinder um?

Göbel: Wir führen einheitliche und vergünstigte Kinderpreise im Familienblock ein – unabhängig von der Spielkategorie. Kinder sollen – egal, bei welchem Gegner – die Möglichkeit haben, den HSV im Stadion zu erleben. Zudem wird der Young Ones Block auf der Nordtribüne weiter erhalten, der einen kostengünstigen Zugang für Jugendliche ermöglicht. 

Winter: Wir schauen bewusst auch auf weitere Zielgruppen. Aktuell prüfen wir Möglichkeiten, unbürokratisch weitere Ermäßigungen für einkommensschwache oder sozial benachteiligte Personen zu ermöglichen. 

Göbel: Richtig. Das bereits vorhandene Angebot der Sozialtickets soll nicht nur erhalten bleiben, sondern perspektivisch weiter gestärkt werden. Und wir möchten unsere Anhängerschaft auch künftig in diese Prozesse einbeziehen – denn die Teilhabe unserer Anhängerschaft ist uns ein zentrales Anliegen.

Was sind die konkreten nächsten Schritte?

Winter: Aktuell planen wir, die Dauerkartenpreise zeitnah zu kommunizieren, damit insbesondere die Inhaber Planungssicherheit haben. Die Bepreisung der Tageskarten ergibt sich nach den konkreten Spielansetzungen und Einordnung der jeweiligen Begegnung in unsere Systematik.  

Göbel: Ich möchte noch einmal betonen, wie wichtig der aktuelle Prozess einer neuen Ticketpreisstruktur für uns alle ist. Wir verstehen das Thema Ticketorganisation als ein Feld, das im Miteinander wachsen muss. Wir wollen immer wieder punktuelle Anpassungen vornehmen, gemeinsam mit unseren Fans. Gleichzeitig können und wollen wir nicht alles von jetzt auf gleich revolutionieren, sondern uns stetig entwickeln.

Danke für das Gespräch.