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Interview

07.01.17

"Ich bin meiner Mutter sehr dankbar"

Im Interview mit HSV.de spricht Go Sakai über seine Gene, die Veränderungen als HSV-Kapitän und die Ziele für die Rückrunde.

Go Sakai genießt dieser Tage gerne mal die Ruhe. Nicht auf dem Platz, da gibt er bei den Trainingseinheiten von Markus Gisdol wie immer alles, sondern in den Erholungspausen zwischendurch. War der Japaner in den vergangenen Jahren eigentlich immer auf einem Doppelzimmer untergebracht, meist mit Gojko Kacar, durfte der HSV-Spielführer in Dubai zum ersten Mal ein Einzelzimmer beziehen. "Das liegt aber nicht daran, dass ich Kapitän bin", sagt der zweifache Familienvater bescheiden wie er ist. Doch bei aller Zurückhaltung hat sich Sakai dieses Privileg natürlich erarbeitet, sowohl auf als auch neben dem Platz.

HSV.de sprach mit ihm über seine Entwicklung, seine deutsch-japanischen Gene sowie über die Ziele des Trainingslagers und der Rückrunde.

Go, seit gestern seid ihr im Trainingslager in Dubai. Hier sind 25 Grad, die Sonne scheint, die Trainingsbedingungen im Nad Al Sheba Sports Complex sind top. Alles, was man sich als Profisportler wünscht. Würdest du hier als Privatperson eigentlich auch deinen Urlaub verbringen oder hast es sogar schon einmal?

Sakai: Ich war zwar schon ein paar Male mit der Nationalmannschaft in Dubai, da hatten wir auch schöne Bedingungen, so wie hier, aber ich war noch nie privat hier. Ich denke, ich werde das mal machen. Es gefällt mir hier.

Japaner gelten generell als bescheiden und zurückhaltend, auch du verkörperst diese Eigenschaften. Wie passt so eine überdimensionale Welt dazu?

Sakai: Ich mag die großen und farbenprächtigen Gebäude. Es hat etwas Prachtvolles. In Japan, wo ich herkomme, wird eher schmal und klein gebaut. Auch da gibt es sehr schöne Orte, aber so etwas wie hier kannte ich nicht. Vielleicht ziehen mich gerade diese Gegensätze an.

Auch du bist eher schmal und klein gebaut, dennoch hast du es in die große Fußballwelt geschafft. Hattest du mal Bedenken, dass es aufgrund der Körpermaße mit dem Profidasein nicht klappt?

Sakai: Das ist eine gute Frage. Ich habe mich gerade vor zwei Tagen mit Aaron Hunt darüber unterhalten, dass der Jugendfußball in Japan sehr gut ist. Die Spieler sind technisch stark ausgebildet, haben großes Talent und spielen wirklich einen guten Fußball. Das hat er selber festgestellt, als er in der Jugend mal bei einem großen Turnier gegen japanische Mannschaften gespielt hat. Aber irgendwann zählen dann auch andere Dinge und es schaffen nur wenige.

Du meinst die körperlichen Voraussetzungen.

Sakai: Genau. Allgemein sind wir Japaner schon kleiner und dünner gebaut. Das liegt in unseren Genen. Das ist für viele ein Problem, wenn es um den internationalen Fußball geht.

Du bist ein Paradebeispiel, dass man es auch mit diesen körperlichen Voraussetzungen schaffen kann.

Sakai (lacht): Ja, bei mir ist ja durch meine Mutter ein bisschen Deutsch drin. Ich bin ihr daher sehr dankbar.

Ist der japanisch/deutsche Mix dein Erfolgsrezept im Fußball?

Sakai: Ich glaube schon. Vielleicht hätte ich einen anderen Weg eingeschlagen, wenn ich diesen Mix nicht gehabt hätte.

Was sind denn die Unterschiede und die Gemeinsamkeiten zwischen den Fußball-Kulturen?

Sakai: Wenn ich die japanische Nationalmannschaft mit der Bundesliga vergleiche, dann gibt es viele Gemeinsamkeiten. Die Mentalität ist grundsätzlich ähnlich. Disziplin, Einsatzbereitschaft und Ehrgeiz haben beide. Bei der Zweikampfhärte auf dem Platz kommt dann aber sicher das deutsche Blut in mir durch. Außerhalb des Platzes bin ich dann eher japanisch.

Bist du in Japan eigentlich ein Star?

Sakai: Nein. Ich werde schon häufiger erkannt als in Hamburg. Wenn jemand mich sieht, dann fragen mich Leute nach einem Foto oder einem Autogramm, aber ein Star bin ich definitiv nicht.

Hat sich deine Stellung in der Heimat geändert, seit du beim HSV Kapitän bist, der erste japanische Kapitän bei einer europäischen Mannschaft?

Sakai: Das kann man schon sagen. Das ist in den Medien ein größeres Thema. Für mich selber hat sich aber nicht viel verändert.

Das betonst du auch immer wieder, wenn man dich danach fragt, was sich beim HSV verändert hat, seit du Kapitän bist. Deine Antwort war stets: ‚Ich mache immer noch alles wie vorher‘. Gilt das immer noch?

Sakai: Das ist immer noch so. Ich habe mich, denke ich, nicht verändert.

Dann anders gefragt. Macht es sich bemerkbar, wie sich andere dir gegenüber verhalten? Der Trainer, die Mitspieler oder auch die Medien hierzulande?

Sakai (lacht): Ich muss das erste Interview im Trainingslager geben. Spaß beiseite. Alle sind vorher gut mit mir umgegangen: freundlich und mit Respekt. Sie hören auch genauso zu, wenn ich mal etwas sage. Genauso tausche ich mich mit dem Trainer aus, wenn es etwas gibt. Daran hat sich nichts geändert.

Viel musstest du in der letzten Zeit auch nicht sagen bzw. ändern, denn die Mannschaft hat in der letzten Phase des abgelaufenen Jahres eine gute Entwicklung genommen. Von den letzten sechs Spielen ging nur eines verloren.

Sakai: Das stimmt. Bis jetzt ist vieles gut gelaufen. Für mich wird es interessant, wie ich reagiere, wenn es mal nicht mehr so gut läuft. Das habe ich mir selber als Aufgabe gestellt: Wie kann ich der Mannschaft in einer solchen Situation helfen?

Bist du zu einem Ergebnis gekommen?

Sakai: Das kann man im Vorwege nicht sagen. Ich muss schauen, was dann wichtig ist.

Wichtig war in den letzten Wochen, dass du der Mannschaft auf der Position des defensiven Mittelfeldspielers geholfen hast. Zuletzt hast du wieder hinten rechts gespielt. Auf welcher Position siehst du dich mittlerweile?

Sakai: Auch daran hat sich nichts verändert: Wichtig ist für mich, dass ich spiele, die Position ist dann zweitrangig, egal ob Außenverteidiger oder defensives Mittelfeld. 

In der Vergangenheit wurdest du in Testspielen schon einige Male auf der Sechs eingesetzt. Deine Antwort war immer: In Testspielen ist das kein Problem, aber in der Bundesliga ist es etwas anderes. Jetzt hast du auch auf diesem Niveau bewiesen, dass du es kannst.

Sakai: Man muss sich auf die Position einlassen. Als Außenverteidiger habe ich stets vieles aus dem Bauch heraus gemacht. Das habe ich auch im defensiven Mittelfeld versucht und es hat gut geklappt. Doch nach einigen Spielen hat mich das Gefühl verlassen.

Warum?

Sakai: Weil ich die Leistung gegen Mainz sehr selbstkritisch gesehen habe. Ich war einfach nicht gut. Zudem waren wir als Mannschaft an diesem Tag auch nicht so stark und haben verloren. Deshalb war ich gegen Schalke sehr nervös. Doch ich habe mir gesagt: Versuch, keinen Fehler zu machen. Spiele einfach, was du kannst. Das hat gut geklappt.

Und warst du am Ende zufrieden?

Sakai: Nein, auch nicht wirklich. Es gibt immer etwas zu verbessern.

An was müsst ihr denn als Mannschaft mit Blick auf die Rückrunde am meisten arbeiten?

Sakai: Wir haben eine gute Basis, weil die Pause nicht so lange war und wir auch in der Weihnachtszeit Läufe absolviert haben. Wir können im Trainingslager aber noch weitere Grundlagen legen. Wir brauchen für unser Spiel ein hohes Tempo nach vorne, dazu gehören die Fitness sowie die technischen Mittel, dies umzusetzen. An beidem werden wir arbeiten.

Ihr habt euch in den vergangenen Wochen sehr auf eure Arbeit fokussiert und euch nicht von der Unruhe um den Verein ablenken lassen. Wie siehst du die Entwicklung, nachdem nun mit Heribert Bruchhagen ein neuer Vorstandsvorsitzender und mit Jens Todt ein neuer Sportchef tätig ist?

Sakai: Als allererstes ist es natürlich schade, wenn Personen den Verein verlassen, die zum engen Kreis der Mannschaft gehören. Wir sind immer eine Familie. Doch das gleiche gilt für die, die neu dazukommen. Sie werden in die Familie aufgenommen und wir wollen in der Rückrunde alle zusammen als Mannschaft auftreten. Das ist für mich das Wichtigste. Dann können wir den positiven Trend fortsetzen.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Seine Eindrücke vom Trainingslager erklärt Gotoku Sakai im Bewegtbild auch bei HSV total!