skip_navigation

Verein

12.03.18

"Wir sahen uns zum Handeln gezwungen!"

Vorstand Frank Wettstein erklärt im Interview mit hsv.de die nächsten Personalmaßnahmen und ordnet das Droh-Plakat auf dem Trainingsplatz ein.

HSV.de: Nur vier Tage nach der Freistellung des Vorstandsvorsitzenden und des Direktors Profifußball folgte nun nach einer 0:6-Pleite in München die Freistellung des Trainers Bernd Hollerbach. Warum haben Sie diese Entscheidung getroffen?

Frank Wettstein: Weil wir für unsere Chancen im Kampf um den Bundesliga-Klassenerhalt den Impuls eines unverbrauchten Trainers gebrauchen können. Die sieben Spiele in Folge ohne Sieg haben auch Bernd Hollerbach mitgenommen. Der Umstand, dass die Mannschaft in München ausgerechnet seine Grundtugenden nicht eingebracht hat, hat uns alle sehr überrascht. Darum habe ich mich auch so intensiv mit unserem Direktor Sport Bernhard Peters und mit unserem Aufsichtsratsvorsitzenden Bernd Hoffmann ausgetauscht und um ihre Expertise gebeten. Das Resultat war eindeutig: Wir sahen uns zum Handeln gezwungen.

Was genau erhoffen Sie sich von Trainer Christian Titz?

Dass er sich einzig und allein auf die verbleibenden Aufgaben und die Mannschaft konzentriert. Bernhard Peters schätzt ihn dank seiner hervorragenden Arbeit mit unserer U21, Christian harmoniert sehr gut mit den Assistenten Soner Uysal und Matthias Kreutzer. Das Trainerteam genießt unser Vertrauen und hat volle Rückendeckung, was Personalentscheidungen betrifft.

Gehen Sie von solchen aus?

Das warte ich ab. Mir hat es nicht gefallen, was ich zuletzt in München gesehen und mir anschließend von sportlich kompetenten Kollegen habe analysieren lassen. Man kann bei den Bayern verlieren, aber es kommt auf die Art und Weise, die Bereitschaft zur Gegenwehr an. Sollte das neue Trainerteam Spieler identifizieren, die sich nicht mit ausreichend Engagement den gemeinsamen Zielen widmen, kann es rigoros durchgreifen. Und bevor jetzt jemand denkt, dass einige unserer Spieler einfach lächelnd zum nächsten Club gingen, falls wir absteigen sollten, dann muss ich mahnend den Finger heben. Eine Großzahl unserer Akteure hat einen gültigen Zweitligavertrag. Und wir werden bestimmt nicht jeden wechselwilligen Profi ziehen lassen, der uns mit in diese Lage gebracht hat

Der ehemalige HSV-Profi und -Aufsichtsrat Thomas von Heesen wird das neue Trainerteam interimistisch unterstützen. Welche Rolle soll er erfüllen?

Bei ihm werden in den kommenden Wochen die tagesoperativen Managementfäden für die Bundesliga zusammenlaufen. Thomas wird dem Trainerteam als Sparringspartner dienen, er wird die Mannschaft tagtäglich begleiten, Gespräche mit Beratern haben, das Teammanagement führen und als Bindeglied zu Direktor Sport Bernhard Peters und auch zu mir im Vorstand fungieren. Ich habe mich sehr gefreut, dass er sofort seine Bereitschaft pro HSV signalisiert hat. Er wird die Lücke schließen, die bis zur Verpflichtung eines neuen Sportverantwortlichen entstehen könnte.

Die Stimmung rund um den HSV ist extrem. Einige Fans retten sich in Hohn und Spott, andere resignieren, weitere kritisieren scharf. Wie sehen Sie die Lage und was sagen Sie zu dem Droh-Plakat, das nach dem 0:6 von München am Trainingsplatz im Volkspark von Unbekannten aufgehängt wurde?

Lassen Sie mich vorab etwas zu dem geschmacklosen Droh-Plakat sagen: Diese Art der Unmutsäußerung, die mit einer konkreten Gewaltandrohung platziert wurde, ist unangemessen, strafrechtlich relevant und wird von uns – wie auch die Verharmlosung einer solchen Aktion – aufs Schärfste verurteilt. So etwas ist kein Böse-Jungen-Streich und auch kein pubertäres Verhalten. Wer solche Plakate produziert und platziert, der schadet unseren Spielern, weil er sie womöglich verängstigt oder wirklich bedrohen will, der schadet unserem Club, jedem Mitarbeiter und am Ende auch sich selbst. Gewalt und jegliche Verbalisierungen dieser Art sind keine Lösungen und daher unzulässig. 

Ich möchte aber auch betonen, dass solche Dummheiten nur von einer ganz kleinen Menschenmenge ausgehen. Dem Großteil unserer Fans geht es, wie Sie es beschrieben haben: Ratlose, Resignierte, Nörgler, Traurige, Spötter – aber auch einige Überzeugte. Zu denen zähle ich auch. Und wir alle sollten wissen, dass wir eh nur dann eine Restchance haben, wenn wir den Selbstzerstörungstrieb ausschalten, wenn wir zusammenhalten und unsere Mannschaft weiter unterstützen. Wir intern machen das. Wir sprechen vom 'Wir' und nicht von 'die auf dem Platz'. Ich weiß auch, dass viele Fans müde und zermürbt sind. Dafür habe ich auch Verständnis und kann verstehen, wenn der oder die eine es nicht mehr ins Stadion schafft, um unseren HSV anzufeuern. Wessen HSV-Feuer aber noch ein bisschen glimmt oder aufflammt, den kann ich nur ermuntern: Wir gehen durch dick und dünn, auch wenn es schwerfällt.

Wie muss man sich die aktuellen Zukunftsplanungen im Club vorstellen?

Professionell, wie es sich gehört. Wir werden den Fokus auf die Erstklassigkeit und alle damit zusammenhängenden Maßnahmen richten. Wir werden nichts unversucht lassen, sonst hätten wir den aktuellen Trainerwechsel auch nicht genau jetzt vollzogen.

Wir danken für das Gespräch.