Nachbericht
07.12.19
Mehr Zielstrebigkeit - über die Lehre aus dem „schwersten Spiel“
Am Tag nach dem 0:1 gegen den 1. FC Heidenheim ordnete Cheftrainer Dieter Hecking in einer Presserunde die dritte Niederlage der Saison sachlich und ruhig ein. Der 55-Jährige machte dabei Potentiale aus, die es in den verbleibenden beiden Spielen des Jahres auszuschöpfen gilt.
Im letzten Heimspiel des Jahres gegen den 1. FC Heidenheim hat der Hamburger SV am gestrigen Freitagabend eine ärgerliche 0:1-Niederlage kassiert. Ärgerlich deshalb, weil die Rothosen leidvoll erfahren mussten, dass sich eine spielerisch sowie optische Überlegenheit im Fußball nicht immer auch in Punkten niederschlägt. Doppelt so viele Torschüsse (16:8), deutlich mehr Ballbesitz (69:31 Prozent), eine bessere Pass- und Zweikampfquote (90:69 bzw. 52:48 Prozent) sowie mehr Ecken (8:1) und Flanken (16:4) standen letztlich konträr zum entscheidenden Ergebnis auf der Anzeigetafel - 0:1. „Die Mannschaft hat gestern gegen eine vielbeinige Abwehr bis zum Schluss alles versucht und nicht immer die richtigen Mittel gefunden. Es ist allerdings auch nicht einfach gegen eine Mannschaft zu spielen, die wie eine Wand steht und einen enormen Laufaufwand betreibt. Allein die beiden Heidenheimer Stürmer sind mehr als 13 Kilometer gelaufen. Daran sieht man, welche Arbeit der Gegner verrichten musste, um unser Spiel zum Erliegen zu bringen“, befand am Tag nach der dritten Niederlage im 16. Saisonspiel Cheftrainer Dieter Hecking. „Es ist das schwerste Spiel, wenn ein Gegner 30 Meter vor dem eigenen Tor mit zehn Mann verteidigt. In solchen Partien braucht man den Moment und muss es ein Stück weit erzwingen. Wir hätten früher und schärfer reinflanken, deutlich mehr Eins-gegen-eins-Situation suchen und mehr Freistöße ziehen müssen. Wir suchen zuletzt zu sehr nach der spielerischen Lösung statt die spieltaktischen Mittel auszuschöpfen.“
„Die Gegner permanent vor Aufgaben stellen“
Rund 15 Stunden zuvor bließ HSV-Angreifer Martin Harnik, der mit sechs Torschüssen unter allen Feldspielern für die meiste Gefahr im Abschluss sorgte, ins gleiche Horn: „In meinen Augen haben wir uns gegen einen sehr tiefstehenden Gegner drei bis vier gute Torchancen erarbeitet, aber offensiv ist der Wurm drin. Da fehlen Glück und Überzeugung.“ Harnik selbst fand zweimal in FCH-Schlussmann Kevin Müller seinen Meister (8., 90. +1) und scheiterte zudem in aussichtsreicher Schussposition am eigenen Standbein (19.). Aaron Hunt (44.), Bakery Jatta (41., 79.) und Lukas Hinterseer (90. +2) blieben bei ihren Abschlüssen ebenfalls erfolglos. „Diese Möglichkeiten müssen wir einfach besser ausspielen. Heidenheim hat wiederum einen seiner ganz wenigen Vorstöße genutzt“, spielte Kapitän Hunt auf das Tor des Tages in der 82. Minute an, als Jonas Föhrenbach nach einer Co-Produktion aus Kerschbaumers Lattentreffer und Kleindiensts gedankenschneller Vorarbeit aus kurzer Distanz traf.
Zielstrebigkeit lautet im Lager der Rothosen vor den beiden verbleibenden Spielen des Jahres 2019 – auswärts in Sandhausen und Darmstadt – also das Stichwort. Denn letztlich betrieb auch der Hamburger SV einen Riesenaufwand, riss trotz der rund 70 Prozent Ballbesitz mehr als 120 Kilometer ab. „Wir müssen den Gegner permanent vor Aufgaben stellen. 90 Meter vor dem eigenen Tor darfst du den Ball verlieren. Dann musst du sogar in die Eins-gegen-eins-Situationen gehen, um eine unbedachte Situation des Gegenspielers zu erzwingen“, erklärt Hecking. Die Zielstrebigkeit ist die eine, die Cleverness die andere Komponente. So waren sich mit dem Abpfiff im Volksparkstadion alle Beteiligten einig, dass man dieses Spiel nicht gewinnen muss, es aber auf keinen Fall verlieren darf. „Diesen Punkt müssen wir kritisieren. Momentan macht der Gegner aus wenig viel und nimmt uns so die Punkte ab. Wir müssen in so einer Situation dann auch mal 0:0 spielen und uns mit einem Punkt zufriedengeben“, sagt der HSV-Trainer, der seine Spieler nicht zuletzt auch in diesem Aspekt in einer ständigen Entwicklung sieht. „Wir haben viele junge Spieler, die zu Saisonbeginn riesig gut gespielt haben und im Moment vielleicht auch mal ein Formtief durchlaufen müssen. Das müssen wir ihnen zugestehen.“ 18 der 34 und damit noch mehr als die Hälfte der Saisonspiele stehen den Rothosen für diese nächsten Entwicklungsschritte bevor. Dementsprechend ruhig und sachlich trat Dieter Hecking am Trainingsplatz Nahe des Volksparkstadions auf und ordnete zum Abschluss der verregneten Vormittagseinheit auch die Gesamtsituation nochmal ein: „Ich habe nicht hurra geschrien, als es super lief und falle jetzt nicht in tiefe Depressionen, weil wir zweimal verloren haben. Wir sind nicht frei davon, Spiele zu verlieren. Natürlich darf das nicht zu oft passieren und wir müssen Lösungen finden, aber von Hektik bin ich weit entfernt.“
Eine vielversprechende Herangehensweise, um das nächste Mal auch wieder bei der alles entscheidenden Statistik die Nase vorn zu haben.