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Nachbericht

01.04.18

Ordentlich gebrüllt, weiter verbessern

Eine erneut junge HSV-Mannschaft hat beim 1:1-Unentschieden in Stuttgart einen erfrischenden Eindruck und zugleich weiteres Verbesserungspotential gezeigt, um bald endlich die lange Serie ohne Sieg zu beenden. 

Mit dem 19-jährigen Bundesliga-Debütanten Stephan Kofi Ambrosius sorgte HSV-Trainer Christian Titz beim gestrigen Punktspiel in Stuttgart für die nächste Überraschung in der Startelf. 1,82 Meter groß, 80 Kilogramm schwer, Rückennummer 46. Der bullige Innenverteidiger, der von der U15 bis zur U21 alle Jugendmannschaften der Rothosen durchlief, war wohl selbst für den einen oder anderen eingefleischten Fußball-Fan ein unbeschriebenes Blatt. Bei seiner Feuertaufe im Fußball-Oberhaus bekam es der Verteidiger mit ghanaischen Wurzeln unter anderem mit dem 73-fachen deutschen Nationalspieler Mario Gomez zu tun. Seines Zeichens 32 Jahre alt, 292-facher Bundesliga-Spieler, dreimaliger Deutscher Meister (2007, 2010, 2013) und Champions-League-Sieger (2013). Ein Aufeinandertreffen verschiedener Generationen, das sich auch in den Startformationen beider Teams widerspiegelte. So schickte Titz gegen den bis dato seit sieben Spielen ungeschlagenen VfB Stuttgart eine im Schnitt um zwei Jahre jüngere Mannschaft ins Rennen, die zudem knapp 500 Bundesliga-Spiele weniger vorweisen konnte. Die junge HSV-Truppe überzeugte im Anschluss mit ihrer erfrischenden und mutigen Spielweise und ging durch das eifrige Nachsetzen von Lewis Holtby, der wiederum trotz seiner erst 27 Jahre mit der Erfahrung aus knapp 200 Bundesliga-Spielen wie ein Methusalem im Team der Rothosen wirkte, verdient mit 1:0 in Führung. Anders als im vorherigen Spiel gegen Berlin (1:2) ließen sich die Hamburger im Spielaufbau auch durch den erhöhten Druck der Stuttgarter lange Zeit nicht aus der Ruhe bringen, erlaubten sich allerdings im Kollektiv eine folgenschwere Fehlerkette, die Daniel Ginczek kurz vor der Pause zum 1:1-Ausgleich nutzte und damit auch den späteren Endstand markierte.          

Potentiale ausschöpfen...

Trainer Christian Titz, der selbst noch ein Bundesliga-Frischling ist und am heutigen Ostersonntag seinen 47. Geburtstag feiert, ärgerte sich am Vormittag in einer Presserunde auch noch Stunden nach dem Spiel über das besagte Gegentor und die zuvor verpasste Chance aufs 2:0. "Wir hatten zwei Möglichkeiten auf den zweiten Treffer. Damit hast du gegen eine solch defensivstarke Mannschaft wie Stuttgart eigentlich genug Chancen herausgespielt. Doch stattdessen haben wir einmal selbst nicht aufgepasst. Das war eine Verkettung, die schon ziemlich weit vorne angefangen hat", ging der Fußballlehrer in die Analyse und schützte Debütant Ambrosius, der mit einer verunglückten Kopfballabwehr Teil dieser Kette war und zur Halbzeit ausgewechselt wurde. "Seine Herausnahme hatte nichts mit dem Gegentor zu tun. Der VfB hat mit Jung vermehrt einen Rechtsfuß angelaufen und deshalb haben wir mit van Drongelen einen Linksfuß ins Spiel gebracht. Das war ein taktischer Wechsel. Stephan hat ein gutes Debüt gemacht."

Trotz einer ansprechenden Leistung und des Lobes, das unmittelbar nach dem Spiel mit Mohamed Gouaida und Matti Steinmann auch zwei weitere Youngster erhielten, drückte der verpasste Sieg angesichts der Tabellensituation auch am Tag nach der Punkteteilung in Stuttgart auf das Gemüt. "Wir wollten drei Punkte holen. Das ist uns nicht gelungen. Wir sind in einer Situation, in der wir diese Punkte benötigen. Wir haben im Spielaufbau viele Dinge gut gemacht, aber im letzten Drittel die Box nicht gut besetzt und es verpasst, Hereingaben torgefährlich zu verwerten", erklärte Titz. Auch im Defensivverhalten sieht der akribische Fußballlehrer noch Verbesserungspotential und analysiert: "Defensiv müssen wir die Hereingaben von den Außenbahnen unterbinden. So haben wir gegen Berlin und auch Stuttgart sowie zuvor unter meinen Vorgängern die Tore bekommen. Auch im Anlaufverhalten nach vorn haben wir Abstimmungsbedarf. Das werden jeweils Trainingsaspekte der kommenden Woche sein."   

... in intensiver Trainingswoche

Die besagte Trainingswoche, deren Inhalte Titz an seinem Geburtstag noch ausführlich planen möchte, startet nach einem freien Tag am kommenden Dienstag mit einer Doppelschicht um 10:00 bzw. 15:00 Uhr. Die Karten im Hinblick auf die Kaderzusammenstellung werden dabei wie schon im Vorfeld der letzten beiden Spiele neu gemischt. "Die Entscheidung für die Spieler haben sportliche Gründe. Wir wollten neue Impulse in die Mannschaft bringen, mehr mit dem Ball agieren und höher verteidigen. Die jungen Spieler haben sich dafür im Training angeboten. Zudem kennen einige Spieler aus der U21 das System, was zu Beginn von Vorteil ist. Die Tür für die andere Akteure ist dadurch aber keinesfalls zu." So fehlten mit Kyriakos Papadopoulos und Albin Ekdal zuletzt zwei Defensivspieler angeschlagen, die nun wieder eine Option für das Wochenende darstellen könnten. Zumal mit Gideon Jung ein zuletzt stabiler Verteidiger mit seiner fünften Gelben Karte im kommenden Heimspiel gegen den FC Schalke 04 (Sonnabend, Anstoß: 18:30 Uhr) fehlen wird und Rick van Drongelen beim Spiel in Stuttgart eine Knieverletzung erlitt. 

Nicht zuletzt wegen mutiger Personalentscheidungen scheint Titz binnen drei Wochen die Lebensgeister innerhalb der Mannschaft und im gesamten Umfeld des HSV neu geweckt zu haben. Das Team zeigt ein anderes, ein erfrischendes Gesicht und hat sich trotz der weiterhin extrem schwierigen Ausgangsposition im Kampf um den Klassenerhalt nicht aufgegeben. "Jeder hat das System des Trainers angenommen und es sieht aktuell wesentlich besser aus. Wir haben noch sechs Spiele und jetzt gilt es, gegen Schalke einen draufzusetzen", sagte Holtby. Routinier Aaron Hunt schlug derweil in die gleiche Kerbe: "Natürlich geben wir nicht auf. Wir müssen einfach weitermachen. Wir haben in den letzten Tagen an spielerischen Lösungen gearbeitet. Das sieht man auch. Wir treten ganz anders auf."

"Wir dürfen diese Hoffnung gar nicht aufgeben. Ein Sieg kann richtig Kräfte freisetzen." 

Nun gilt es in der kommenden Woche den nächsten Schritt zu machen, um am Wochenende auch den ersten Sieg unter Trainer Titz einzufahren und gleichzeitig die nunmehr 15 Spiele andauernde Serie ohne Sieg zu beenden. Der 47-Jährige weiß dabei, wie wichtig ein Erfolgserlebnis für die Entwicklung seiner Truppe wäre. "Wenn du mal drei Punkte holst, kannst du schnell wieder ranrücken. Wir dürfen diese Hoffnung gar nicht aufgeben. Ein Sieg kann richtig Kräfte freisetzen. An diesen Faktoren müssen wir uns weiter aufbauen!"

Ein Sieg gegen den bärenstarken Tabellenzweiten aus Gelsenkirchen wäre zweifellos eine Überraschung. Doch mit Überraschungen hat der HSV nicht zuletzt gestern mit dem Bundesliga-Debüt von Stephan Ambrosius gute Erfahrungen gesammelt.     

Die Presserunde mit Trainer Christian Titz nach dem Spiel in Stuttgart seht ihr bei HSVtv.