Nachbericht
08.03.20
Ein Sieg in die richtige Richtung
Mit einem 2:1-Heimsieg gegen Regensburg hat der HSV seinen Negativtrend gestoppt. HSV-Trainer Dieter Hecking hofft dadurch auf neues Selbstvertrauen in der Mannschaft und sagt zugleich: "Wir können und müssen deutlich besser spielen."
Als Aaron Hunt die Kugel aus fünfeinhalb Metern zum 2:1 stramm in die Maschen jagte, gab es im Volksparkstadion bei allen HSVern kein Halten mehr. Der sonst so abgeklärte Mannschaftsführer der Rothosen drehte rechts hinter das Tor zum Jubeln ab, formte energisch die Beckerfaust und ließ seinen Emotionen brüllend freien Lauf. So auch der Großteil der 41.317 Zuschauer im Volksparkstadion, von denen einige den Captain zugleich eine unfreiwillige Bierdusche verpassten. Dieser Treffer, Hunts 73. im 426. Spiel als Fußballprofi, war angesichts dieser Reaktionen ein besonderer – er führte den HSV nach drei sieglosen Partien in Serie zu einem umkämpften 2:1-Heimsieg gegen den SSV Jahn Regensburg und könnte in einer schwierigen Phase der Saison den entscheidenden Wendepunkt markieren.
Neues System bringt mehr Vielfalt
„Wir wollen jetzt als Mannschaft reagieren und Regensburg - und das sage ich ganz deutlich: egal wie – schlagen“, hatte HSV-Trainer Dieter Hecking etwas mehr als 48 Stunden zuvor in der Spieltags-Pressekonferenz zu Protokoll gegeben. Seine zu Beginn in einem 4-4-2-System mit Raute veränderte Mannschaft löste dieses Vorhaben gegen den Tabellenzehnten der 2. Liga letztlich nahezu treffend ein – sie lieferte fußballerisch kein gutes Spiel ab, aber sie kratze, biss und gewann. „Die Derbyniederlage hat etwas mit uns gemacht. Das kriegst du nicht mal so eben aus den Klamotten heraus. Zudem haben wir in Aue ein noch viel schwächeres Spiel abgeliefert. Dann ist es klar, dass du nicht vor Selbstbewusstsein strotzt“, fand Hecking im Nachgang der Partie vor allem für die zähe erste Hälfte seiner Schützlinge eine Erklärung. Dabei überzeugte die neuformierte Raute im Mittelfeld um die Routiniers Hunt und Christoph Moritz sowie Winterzugang Louis Schaub und Startelf-Comebacker Adrian Fein mit gutem Positionsspiel. Einzig der Ball fand zu selten den Weg in die Reihen der offensiven Taktgeber. „Wir haben hier etwas mutlos agiert. Die Räume waren durchaus da, aber wir haben sie nicht bespielt. Je häufiger du abdrehst und den Pass nach hinten spielst, desto häufiger stehen dir wieder zehn Mann gegenüber, so dass du viele lange Bälle schlägst", erklärte Fußballlehrer Hecking. Auch der 1:0-Führungstreffer durch Timo Letschert (24.), der nach einer Freistoßflanke von Schaub bereits das 14. HSV-Tor nach einem Standard markierte, verlieh den Rothosen nur kurzzeitig mehr Leichtigkeit. Spätestens der 1:1-Ausgleich durch SSV-Kapitän Marco Grüttner (40.) machte diese noch vor dem Pausenpfiff wieder zunichte.
„Wir können und müssen besser spielen“
Doch anders als in den beiden vergangenen Spielen steckten die Hamburger dieses Mal den Nackenschlag weg und bestanden ihre mentale Prüfung. Hunts früher Treffer nach Wiederanpfiff sorgte dafür, dass der HSV auch im 15. Spiel nach einer Führung punktete, zum elften Mal dreifach. Dabei griff der HSV im Verlauf der zweiten Halbzeit mit dem 4-3-3-System auf seinen altbewährten Kompass zurück und erarbeitete sich gute Abschlüsse durch Jatta (79.) und Hinterseer (81.), die Regensburgs starker Schlussmann Alexander Meyer allerdings zu vereiteln wusste. So blieb es bis zum Schlusspfiff eine Zitterpartie. „Wichtig war, dass wir den Negativtrend gestoppt haben. Es war kein gutes Heimspiel, wir können und müssen deutlich besser spielen. Aber dieser Sieg kann der Mannschaft vor den wichtigen Spielen gegen Fürth, Bielefeld und Stuttgart wieder Selbstvertrauen geben“, zog Hecking ein ganz pragmatisches Fazit. „Wir freuen uns enorm auf die jetzt kommende Phase. Wir können in diesen drei Spielen zeigen, was wir draufhaben.“
Der 55-Jährige kann die am Montagnachmittag beginnende Trainingswoche vor dem Auswärtsspiel am Freitagabend bei der SpVgg Greuther Fürth dabei mit der wichtigen Erkenntnis angehen, dass ihm seine Mannschaft nicht nur taktisch, sondern auch personell gute Optionen bietet. So setzte er im wichtigen Duell gegen die Oberpfälzer mit Hunt, Harnik und Moritz auf drei erfahrene Spieler, von denen in den vorherigen sechs Spielen des Jahres 2020 nur Hunt zweimal das Startelfmandat erhielt. „Es kommt die Phase, in der wir den breiten Kader nutzen müssen. Einige waren nicht damit zufrieden, dass sie in den ersten vier Spielen des Jahres nicht gespielt haben. Nach den zwei Niederlagen müsse sie sich jetzt zeigen und präsentieren“, ließ Hecking auf eine intern umkämpfte Trainingswoche blicken. „Ich weiß allerdings auch, dass die Spieler immer auch erst ihren Spielrhythmus benötigen, um ihre Top-Leistung zu zeigen.“
Einer dieser Akteure ist der 33-jährige Aaron Hunt. „Aaron hat jetzt einen Rhythmus. Man muss ihm auch mal zugestehen, dass er ein oder zwei Spiele braucht, um diesen zu finden. In der zweiten Halbzeit war er der präsente Spieler im Spiel“, lobt Hecking. Der Kapitän und seine Mannschaft haben das Ruder mit einem Kraftakt herumgerissen – das war im Moment des Tores im ganzen Volkspark zu spüren. Nun gilt es, sich in der eingeschlagenen Richtung weiter vorwärts zu arbeiten.