Stimmen zum Spiel
19.08.22
"Noch nie ein so chaotisches Spiel erlebt"
Der 1:2-Heimniederlage des HSV gegen Darmstadt 98 lag eine denkwürdige Partie zugrunde, inklusive drei Toren, vier Platzverweisen und dem lautesten Preifkonzert, das der Volkspark seit langem erlebt hat.
Diese Emotionen ließen sich einfach nicht mehr einfangen. In den letzten Minuten des Spiels zwischen dem HSV und Darmstadt 98 mutierte das Volksparkstadion am Freitagabend (19. August) zum absoluten Tollhaus. Gerade hatte der HSV durch Königsdörffer den 1:2-Anschlusstreffer erzielt (87.), als der Torschütze aufgrund einer vermeintlichen Tätlichkeit die Rote Karte sah (89.). Es war der dritte Platzverweis, den Schiedsrichter Robert Schröder in dieser Partie aussprach, nachdem er zuvor bereits Darmstadts Gjasula (58.) und den Hamburger Opoku des Feldes verwiesen hatte. Der nun lautstark auf dem Rasen reklamierende HSV-Vorstand Boldt wurde mit einer Gelb-Roten Karte ebenfalls des Innenraumes verwiesen und die mehr als 40.000 HSV-Fans im ohnehin schon elektrisierten Volksparkstadion ließen jetzt ihrem Unmut in Form eines gellendes Pfeifkonzertes gegenüber des Schiedsrichters freien Lauf und verpassten dem Volkspark die lauteste Dezibel-Zahl seit langem. Ähnlich laut ging es dann wenige Minuten später weiter, als der Hamburger Anhang seine Mannschaft mit ohrenbetäubenden "HSV, HSV, HSV"-Rufen aufbauend in die Katakomben verabschiedete. Dort warteten bereits die versammelten Journalisten, denen die Protagonisten - unter ihnen auch Schiedsrichter Schröder - Rede und Antwort standen. Die besonderen Stimmen zu einem denkwürdigen Spiel.
Jonas Meffert: Es ist scheiße, dass wir verloren haben. Wir ärgern uns sehr. Der Start war maximal unglücklich. Wir waren daran selbst Schuld, waren noch nicht richtig wach. Wir haben es nicht hinbekommen, die Konter zu unterbinden, obwohl Darmstadt es einfach gespielt hat. In der zweiten Hälfte war es dann kurios: erst Überzahl, dann Gleichzahl, dann Unterzahl. Ich habe noch nie ein so chaotisches Spiel erlebt, was sicherlich auch an dem Schiedsrichter gelegen hat. Ich möchte ganz klar betonen, dass wir das Spiel keinesfalls wegen ihm verloren haben. Zugleich erwarten die Schiedsrichter von uns Fairplay, doch wie der Schiedsrichter heute mit uns Spielern kommuniziert hat, das war in der Art und Weise unterhalb der Gürtellinie. Wenn Laci den Ball gut trifft, dann spielen wir vielleicht noch 2:2, aber selbst das ist für uns bei einem Heimspiel zu wenig. Wir müssen nächste Woche besser ins Spiel starten.
"Es war ein zu wildes Spiel" Sebastian Schonlau
Daniel Heuer Fernandes: Die erste Hälfte war nicht gut von uns. Wir hatten wenig Ballkontrolle und viele unnötige Ballverluste. Nach sieben Minuten liegen wir 0:2 hinten. Das war selbstverschuldet, das müssen wir uns ankreiden lassen. Im zweiten Durchgang waren wir dann besser, aber das Spiel war sehr zerfahren. Es gab unglaublich viele Unterbrechungen. Wir hatten noch Zeit, das Spiel zu drehen, aber der Gegner hat es gut wegverteidigt. Wir wollen auf uns schauen und nicht auf den Schiedsrichter. Wir hätten heute einiges besser machen müssen.
Sebastian Schonlau: Es war ein wildes, ein zu wildes Spiel. Wir hatten im ersten Durchgang zu kämpfen, haben überhaupt nicht das auf die Platte bekommen, was wir wollten. In der zweiten Hälfte war es besser und kontrollierter. Nichtsdestotrotz war es einfach nicht unser Spiel. Wir müssen die Anfangsphase analysieren. Es waren individuelle Fehler, die uns in diese Situationen gebracht haben. Da müssen wir wacher sein und im nächsten Spiel von Beginn an anders auftreten. Der Schiedsrichter hat ein, zwei Aussagen getroffen, die so nicht fallen müssen. Er steht zugleich aber auch unter Druck und es ist sehr schwer, so ein Spiel zu leiten. Am Ende bleibt sowas auf dem Platz.
Schiedsrichter Robert Schröder: Bei der Glatzel-Situation war die Feldentscheidung Abseits. Mein Assistent hat die Fahne gehoben, so dass mein Pfiff unmittelbar erfolgte. Dadurch war die Folgesituation nicht mehr zu bewerten, es wäre aber ein Elfmeter für Glatzel gewesen. Es wäre schön gewesen, wenn der Assistent die Fahne verzögert hätte, dann wäre die Strafraumsituation durch den Videoassistenten noch überprüfbar gewesen. Die erste Rote Karte war eindeutig. Bei der zweiten Roten Karte habe ich das Vergehen nicht gesehen, sondern mein Assistent. Ich sehe zwei Spieler, die im Positionskampf sind. In den Bildern ist eine klare Wischbewegung mit der flachen Hand in Richtung des Gesichts des Gegenspielers zu sehen. Es ist für mich eine leichte, aber keine harte Schlagbewegung in Richtung des Gegners. Der Versuch ist schon ausreichend. Ich habe den Spielern klar gesagt, dass wir über klare Vergehen nicht diskutieren müssen. Es sind dabei keine Beleidgungen meinerseits gefallen.
"Wir müssen die Entscheidungen akzeptieren" Jonas Boldt
Jonas Boldt: Ich bin froh, dass ich Emotionen habe und immer meine Farben verteidige. Ich bin auch froh, dass ich nichts gesagt habe, was despektierlich oder beleidigend war. Das Betreten des Feldes ist nicht regelkonform. Natürlich habe ich mich über die zweite Rote Karte aufgeregt. Die Hand ist zwar im Gesicht, aber es ist kein bewusstes Schlagen. Solche Szenen passieren häufig. Wir müssen die Entscheidungen akzeptieren. Es war kein gutes Spiel von uns. Besonders in der ersten Hälfte. Als wir dann dominanter waren, haben wir uns völlig unnötig selbst dezimiert. Wir müssen daraus lernen. Es sollte uns so nicht wieder passieren. Wir müssen auf uns gucken und haben in jeglicher Hinsicht zu viele Fehler gemacht.
Tim Walter: Wir sind denkbar schlecht in die Partie gekommen, waren da anscheinend noch in der Kabine. Danach haben wir es ganz ordentlich gemacht, waren aber besonders im letzten Drittel sehr ungenau, sind oft durchgekommen, aber der der letzte Ball war oft nicht gut. Das haben wir in der zweiten Halbzeit besser gemacht. Dann haben wir uns aber selber geschlagen, indem wir unvorsichtig in Situationen waren, wo wir eigentlich in Konter kommen und Chancen haben, uns dann aber selber aus dem Spiel genommen und dezimiert haben. Wobei man bei Aaron auch sagen muss, dass er nicht von alleine nachtritt, sondern vorher auch provoziert und gehalten wird. Das muss ich den Jungs dennoch ankreiden. In der zweiten Halbzeit haben wir dennoch extrem viel investiert und unser wahres Gesicht gezeigt. Wir haben heute ein Spiel verloren, aber em Ende gewinnen wir.
Torsten Lieberknecht: Jeder hat gesehen, dass es ein hochintensives Spiel war. Mit dem Wissen, wie das Rückspiel der letzten Saison in Darmstadt ausgegangen ist, wollten wir uns so nicht noch einmal präsentieren, heißt: Wir haben schon zurückgeblickt und wollten uns besser dagegenstellen. Wir sind super in die Partie gekommen, haben viele Sachen in der Verteidigung gut gemacht. Alles kannst du nicht verteidigen, weil der HSV in Ballbesitz eine zu große Qualität hat. Wir haben bis zum Schluss die berühmte Leidenschaft reingeworfen. Wir hatten insgesamt die besseren Möglichkeiten und deshalb denke ich, dass wir auch verdient gewonnen haben.