
Verein
14.09.25
Von Dörfel bis Vuskovic: Die Geschichte der HSV-Brüder
Zehn Brüderpaare hat der HSV in seiner Historie hervorgebracht. Das jüngste Duo bilden seit seinem Debüt in München Luka Vuskovic und sein fünf Jahre älterer Bruder Mario. Damit treten die Vuskovics in die Fußstapfen von Seelers, Dörfels & Co. – ein Blick auf eine besondere Tradition.
Das Band zwischen Brüdern ist ganz besonders und häufig unzertrennlich. Luka und Mario Vuskovic wissen das nur zu gut. In eine absolut fußballverrückte Familie hineingeboren, drehte sich ihre Kindheit fast rund um die Uhr um den Ball. Sie traten damit in die großen Fußstapfen ihres Vaters, Großvaters und sogar Urgroßvaters, die zuvor allesamt für den Heimatverein Hajduk Split gespielt hatten. Der um fünf Jahre ältere Bruder Mario wechselte mit 15 Jahren in die Nachwuchsakademie des kroatischen Traditionsklubs, schaffte anschließend den Sprung zu den Profis und kam im Sommer 2021 zum HSV. In einem seiner ersten Club-Interviews schwärmte er Anfang 2022 von seinem jüngeren Bruder: „Luka ist erst 14 Jahre alt, spielt bei Hajduk Split aber schon in der U17. Er ist sehr talentiert, besitzt gute Füße und kann daher nicht nur in der Innenverteidigung, sondern auch im Mittelfeld spielen. Er ist definitiv besser, als ich es zu diesem Zeitpunkt gewesen bin.“

Es schien also nur folgerichtig, dass auch Luka – heute eines der größten Abwehrtalente Europas, dessen Dienste sich frühzeitig und langfristig das Premier-League-Schwergewicht Tottenham Hotspur sicherte – seinen Weg in den Profifußball fand. Dass er nun als Leihspieler für diese Saison das HSV-Trikot mit der Rückennummer 44 trägt, das vor seiner Dopingsperre Bruder Mario trug, ist dagegen eine dieser Geschichten, die nur der Fußball schreiben kann. Oder wie der „kicker“ vor Kurzem titelte: „Eine fast zu kitschige Familien-Saga: Die Vuskovics und die 44 beim HSV.“
Kitsch hin oder her – klar ist: Dass Luka Vuskovic den nächsten Schritt seiner Entwicklung beim HSV sucht, hatte vor allem auch mit der großen Verbundenheit zu seinem Bruder zu tun. „Ich konnte es kaum erwarten, hierher zu kommen. Es ist für mich etwas Besonderes, für den HSV zu spielen, da mein Bruder schon hier gespielt hat und mir ganz viel über den Club erzählt hat, aber auch aufgrund der Geschichte des Vereins, der Fans und der Bedingungen hier,“ erklärte der 18-Jährige bei seiner Vorstellung.

Gebrüder Ploog & Dörfel als Gründer
Zur ruhmreichen Geschichte des Vereins hat Luka Vuskovic sofort bei seinem gestrigen Debüt beim FC Bayern München ein weiteres Kapitel hinzugefügt. Mit seinem Einsatz avancierten die Vuskovics – nach dem aktuellen Stand der HSV-„Ahnenforschung“ – zum zehnten Brüderpaar, das der HSV seit seiner Gründung im Jahr 1887 hervorgebracht hat – eine absolute Rarität bei 860 in Pflichtspielen der HSV-Liga-Mannschaft eingesetzten Spielern.
Den Anfang dazu machte vor gut 100 Jahren Werner Ploog, beziehungsweise rund sechs Jahre später dessen Bruder Walter, der letztlich zwar nur ein HSV-Pflichtspiel bestritt, damit aber das erste Brüderpaar in der HSV-Historie begründete. Mit Richard und Friedo Dörfel folgten den Ploogs in den 30er-Jahren dann erstmals auch zwei Brüder, die gemeinsam für den HSV auf dem Platz standen – und das gleich in 137 Pflichtspielen. Der Name Dörfel ist zugleich mit einer der größten Familiendynastien im HSV verbunden und stellte rund 30 Jahre später sogar ein weiteres Brüderpaar: Friedos Söhne Gert "Charly" und Bernd Dörfel, die in den 60er-Jahren 86-mal gemeinsam mit der Raute auf dem Platz standen.

Zwei Brüderpaare als Bundesliga-Novum
Apropos Familiendynastien: Etwa in dieser Zeit waren zwei weitere Brüder mit einem heute noch bekannteren Namen der HSV-Historie für die Rothosen aktiv: Die Rede ist von Dieter und Uwe Seeler. Die Seelers absolvierten als Brüder wiederum die meisten HSV-Pflichtspiele, standen 262-mal Seite an Seite auf dem Platz. Gemeinsam sorgten Dörfels und Seelers sogar für ein Novum in der Bundesliga-Geschichte: Gleich zweimal – am 8. Februar 1964 beim 1. FC Saarbrücken (1:1) und am 13. Februar 1965 gegen Werder Bremen (0:4) – liefen sie gemeinsam im Trikot der Rothosen auf. Zwei Brüderpaare in einem Team – diese Konstellation hat es seitdem nie wieder gegeben und wird es so vermutlich auch nicht mehr geben. Das berühmte Quartett harmonierte grundsätzlich mit gutem Verständnis und klarer Rollenverteilung: Während sich die Dörfels und Uwe Seeler schon qua Position als Flügelstürmer perfekt ergänzten und sich die Bälle gegenseitig auflegten, nahm Abräumer Dieter Seeler nicht nur als ältester Akteur des Gespanns, sondern auch als erster Bundesliga-Kapitän des HSV die Rolle des Leaders und großen Bruders ein.
53 Jahre nach dem Karriereende von Uwe Seeler und „Charly“ Dörfel im Jahr 1972 hat mit Luka Vuskovic ein „kleiner Bruder“ die illustre Liste an HSV-Brüderpaaren (siehe unten), für die die Redaktion mit Hilfe von HSV-Historiker Broder-Jürgen Trede und Spieler-Biograph Jens Reimer Prüß ganz tief ins Vereinsarchiv abgetaucht ist, um einen weiteren Familiennamen erweitert. Eine Tatsache, die auch den großen Bruder Mario stolz machen wird. Dieser erklärte im besagten Interview vor einigen Jahren: „Wir haben als Brüder eine besondere Beziehung zueinander. Wir teilen viele Kindheitserinnerungen, haben es geliebt, uns zu zoffen und gegeneinander zu kämpfen – natürlich nie auf böse Art und Weise, aber unsere Eltern hatten es nicht leicht mit uns. Zudem haben wir pausenlos auf der Straße Fußball gespielt. Direkt vor unserem Apartment gab es einen großen Fußballplatz, auf dem alle Kinder der Straße gespielt haben. Wir hatten 24/7 nur Fußball im Kopf. Zum Glück war der Weg nach oben in die Wohnung kurz. Denn unsere Mutter musste uns häufig mehrfach und lautstark zum Abendessen rufen.“ Die Brüder hielten schon damals mit unzertrennlichem Band zusammen.
HSV-Brüderpaare
Spieler Ligaspieler Pflichtspiele gem. Pflichtspiele
- Mario + 2021-2022 47
Luka Vuskovic seit 2025 1
- Gert "Charly" + 1959-1972 423 86
Bernd Dörfel 1963-1968 102
- Jochenfritz + 1949-1963 400 3
Ulrich Meinke 1961 3
- Dieter + 1955-1966 298 262
Uwe Seeler 1954-1972 587
- Heinz + 1941 1
Alfred Diringer 1946 2
- Walter + 1940 (Gastspieler) 7
Willi Berg 1943 (Gastspieler) 2
- Franz + 1933-1940 11 1
Josef Danek 1938-1942 33
- Rudi + 1931-1945 193 12
Hans Hoack 1939-1945 48
- Richard + 1931-39 + 46-48 237 137
Friedo Dörfel 1934-1948 225
- Werner + 1925-1934 38
Walter Ploog 1931 1
Stand: 13. September 2025 (inkl. 3. Bundesliga-Spieltag 2025/26)
Quelle: Broder-Jürgen Trede + Jens Reimer Prüß
