Vorbericht
12.06.20
Von Kopf bis Fuß auf Erfolg eingestellt
Am Freitagabend geht es für den HSV bei Dynamo Dresden um wichtige Punkte im Kampf um den Aufstieg. Ein Mix aus fußballerischem Handwerk und Klarheit im Kopf soll den Erfolg bringen.
Manchmal haben viele Spiele binnen weniger Tage ja auch viel Gutes. Zum Beispiel: weniger Zeit zum Nachdenken. Nach dem 3:3 gegen Holstein Kiel am Montagabend geht es bereits am heutigen Freitag für den HSV schon wieder um wichtige Punkte, wenn um 18.30 Uhr die Partie bei Dynamo Dresden (ab 18.15 Uhr live im HSVnetradio) angepfiffen wird. Bedeutet: Zwischen beiden Spielen lagen für die Akteure von Trainer Dieter Hecking gerade einmal drei spielfreie Tage. Das mag für die müden Beine eine Herausforderung sein, bietet im Gegenzug aber auch Vorteile. Vor allem, wenn man bedenkt, dass ja nicht wenige Experten behaupten, Fußball würde vor allem auch mit dem Kopf gespielt werden.
Handwerksfehler statt Kopfproblem
Der Kopf war es auch, der nach dem Spiel gegen Kiel bei allen Profis in roten Hosen unaufhörlich ratterte. Was war schiefgelaufen, warum war es schon wieder passiert, warum konnte man das nicht verhindern? Gemeint war der Gegentreffer zum 3:3 in der vierten Minute der Nachspielzeit, der zwei wichtige Punkte gekostet hatte. Wieder einmal. Summa summarum: Zwei gegen Kiel, zum Re-Start der Liga auch schon zwei gegen Fürth und – besonders bitter – zwischendrin einen beim direkten Konkurrenten VfB Stuttgart, der dadurch zudem dem VfB zwei zusätzliche Zähler bescherte. Ohne diese Nachspielzeit-Nackenschläge der jüngsten Partien stünde der HSV auf Platz 2, und das mit sage und schreibe fünf Zählern Vorsprung auf den Relegationsrang, den man nun selbst einnimmt. Da darf man sich schon mal an den Kopf fassen.
Mehr als das lässt Cheftrainer Dieter Hecking dann aber auch nicht zu. Denn an ein Kopfproblem, wie es vielerorts bezüglich der späten Gegentreffer und Punktverluste vermutet wird, glaubt der Coach nicht. Im Gegenteil, er wehre sich dagegen, etwas zu sehen, das nicht da sei, erklärte Hecking in der Pressekonferenz vor dem Dresden-Duell, „meine Mannschaft macht auf mich einen sehr stabilen, gefestigten und konzentrierten Eindruck.“ Vielmehr seien handwerkliche Fehler das Problem, nicht der Kopf, so der Coach. Zu wenig Ruhe habe man in der Schlussphase des Kiel-Spiels ausgestrahlt, zu viele Bälle verloren und im entscheidenden Augenblick nicht gut genug verteidigt. Oder wie Hecking es ausdrückt: „Wir müssen einfach eine bessere Leistung zeigen.“ Wobei – und auch das betonte der Trainer bereits unmittelbar nach dem Duell gegen die Schleswig-Holsteiner – natürlich auch sehr viel Gutes dabei gewesen sei, das man aber nach einem solchen Spielausgang nicht mehr sehen würde. Beispielhaft sei hier die offensive Ausbeute genannt, denn acht Tore in den vergangenen drei Spielen stellen den Liga-Höchstwert dar.
„Spaß ist unglaublich wichtig, nur mit Verbissenheit und Druck werden wir es nicht schaffen“ Dieter Hecking
Aber: Am Ende ist Fußball ein Ergebnissport. Und die Ergebnisse sprachen zuletzt oftmals nicht für den HSV. Nur eine Partie seit dem Re-Start wurde gewonnen, hinzu gesellen sich eine Niederlage und drei Remis. Und auswärts holten die Hamburger aus den vergangenen 13 Partien lediglich einen Dreier. Der optimale Zeitpunkt also, in Dresden etwas für die Tabelle und ganz nebenbei auch für diese Statistiken zu tun. Allerdings erwartet den HSV ein Gegner, der eigentlich schon abgeschrieben war und nun doch wieder voll drin ist im Rennen um den Klassenerhalt. Vier Zähler sammelte Dynamo in den vergangenen beiden Spielen und steht somit nur noch zwei Punkte hinter dem Relegationsrang – und hat sogar noch ein Nachholspiel in der Hinterhand. „Wir werden deshalb auf einen sehr kämpferischen und hochmotivierten Gegner treffen“, weiß auch Hecking, der ohnehin wenig bis gar nichts auf Tabellenplätze gibt. Sein Credo: In dieser 2. Liga ist jedes Spiel ein enges Spiel und jede Mannschaft kann jeden Gegner schlagen. Beweise gefällig? „Am vergangenen Spieltag haben die ersten Vier der Tabelle allesamt nicht gewonnen“, erklärt der Coach. Zumindest in Bezug auf sein Team soll sich das an diesem 31. Spieltag ändern.
Mit welcher Aufstellung er dieses Unterfangen angehen wird, verriet der Trainer naturgemäß nicht. Zumindest aber ließ er durchblicken, dass er und sein Trainerteam die Spieler genauestens im Blick haben und alles analysieren – von der Trainingsleistung bis hin zu physischen und athletischen Werten. Hecking: „Die körperliche Verfassung spielt dieser Tage eine sehr wichtige Rolle und könnte auch dazu führen, dass wir mal wechseln und vielleicht auch mal ein Spieler nicht in der ersten Elf steht, den man dort von seinem Standing her eigentlich erwarten würde.“ Doch ganz gleich, mit welcher Elf der HSV am Freitagabend in Dresden starten wird, das Ziel wird immer gleich lauten: drei Punkte sollen her. Und wie man die bekommt, das bewies das Hecking-Team schon oft genug: mit Köpfchen. Nicht umsonst erzielten die Rothosen sieben ihrer letzten 15 Tore per Kopf, allein fünf davon durch Joel Pohjanpalo.
Der HSV kann es – auch mit Köpfchen
Doch der Kopf spielt bekanntlich nicht nur beim Kopfball eine wichtige Rolle. Und auch wenn Hecking grundsätzlich kein Problem in dieser Körperregion seiner Spieler ausgemacht hat, so wollte er in dieser Woche doch auch mal ein paar andere Reize setzen. „Wir haben viel gesprochen, vor allem auch über andere Themen als Fußball“, plauderte Hecking ein wenig aus dem Nähkästchen, als er vom etwas anderen Training Mitte der Woche berichtete. Statt auf den Trainingsplatz war es für das gesamte Team spontan zum Fußball-Golf inklusive gemeinschaftlichem Essen und vier Stunden gemeinsamer Zeit abseits der gewohnten Umgebung gegangen. „Wir hatten viel Spaß, und das ist unglaublich wichtig“, so der Cheftrainer, denn: „Nur mit Verbissenheit und Druck werden wir es nicht schaffen, das ist ausgeschlossen.“ Erst im Anschluss an diesen Ausflug zog der Coach die Zügel wieder an, „nach der Entspannung wieder Anspannung aufbauen“, nennt er es. Es soll der ideale Mix sein, um jetzt, in der entscheidenden Phase der Saison, voll da zu sein. Körperlich und mental. Und bis zum Ende der Nachspielzeit.
„Dass einem in der Nachspielzeit mal ein Ball hinten reinfällt, das kann passieren“, betonte Hecking bereits im Nachgang des vergangenen Montags, schob jedoch direkt hinterher: „Es darf aber nicht dreimal in so kurzer Zeit passieren, das müssen wir schleunigst abstellen. Oder selbst vorher konsequenter sein und frühzeitig für die Entscheidung sorgen.“ Am liebsten schon gegen die wiedererstarkten Dresdner. Dies jetzt hinzubekommen, in dieser entscheidenden Phase der Saison und gegen alle Widerstände, das ist mentale Stärke gepaart mit fußballerischem Handwerk. Der ideale Mix, der jetzt vonnöten ist, um in der Schlussphase der Saison hinten dichtzuhalten und vorn die wichtigen Tore zu machen – und so die vielleicht entscheidenden Punkte zu holen. Notfalls auch mal selbst in der Nachspielzeit, wie es in dieser Saison bereits gegen Darmstadt 98, Holstein Kiel und Hannover 96 gelungen ist. Und gegen Dynamo Dresden: Siegtreffer in der 94. Minute durch David Kinsombi. Mit dem Kopf.