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Vorbericht

15.04.17

Ein Derby, viele Geschichten

Am Ostersonntag fällt in der Bundesliga zum 106. Mal der Vorhang für das Nordderby zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV. Wer oder was wird der Partie diesmal den Stempel aufdrücken? 

Der Hamburger SV trifft am morgigen Ostersonntag um 15:30 Uhr zum 106. Mal in der Bundesliga auf seinen knapp 130 Kilometer entfernten Nachbarn und Erzrivalen Werder Bremen. Diese Tatsache alleine ist eine Geschichte wert, denn in mehr als 53 Jahren Fußball-Bundesliga gab es keine Paarung häufiger. Beide Clubs können auf eine große und erfolgreiche Vergangenheit blicken und haben bereits zahlreiche Schlachten gegeneinander ausgefochten. Der HSV muss sich dabei in der Gesamtbilanz (34:37 Siege) leicht geschlagen geben, blieb in den letzten drei Derbys (3:1, 2:1 und 2:2) aber ungeschlagen. Das gab es zuletzt zwischen 1996 und 1999. Stoff also für die nächste Geschichte. 34 Mal trennten sich beide Teams zudem mit einem Unentschieden. Ein Bundesliga-Rekord und gleichzeitig ein potentielles Drehbuch für die nächste Story.

Kein Nachgeben

Doch genug der Historie, schließlich befinden wir uns im Hier und Jetzt und auch die Gegenwart hält spannende Geschichten bereit. Denn auch wenn beide Nordclubs in den vergangenen Spielzeiten den Glanz der Vergangenheit stark vermissen ließen, haben sie doch vor allem in der diesjährigen Rückrunde die Erinnerung daran wieder aufleben lassen. So sammelten beide Teams mit 20 Punkten die bisher drittmeisten Zähler in der zweiten Halbserie. Nur Bayern München (26) und Borussia Mönchengladbach (22) konnten mehr Punkte einheimsen. Rückrundentabellarisch steht also ein Spitzenspiel zwischen dem Dritten und Sechsten auf dem Programm. Eine weitere Geschichte, die HSV-Trainer Markus Gisdol trotz der positiven Entwicklung seines Teams allerdings eher ein Dorn im Auge sein dürfte. Die Lage als Tabellendreizehnter mit vier Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz ist schließlich weiter trügerisch. „Befreit aufspielen werden wir sicher nicht. In Bremen kommt uns eine Wucht entgegen“, mahnte der 47-Jährige im Vorfeld des Spiels.

Schließlich muss Gisdol wie so oft in dieser Saison im Vergleich zum jüngsten 2:1-Sieg gegen Hoffenheim personell umbauen. Kyriakos Papadopoulos ist aufgrund seiner 5. Gelben Karte gesperrt. Ohne den griechischen Abwehrhünen verlor der HSV bisher zwei Spiele mit einem Torverhältnis von 0:11. Wieder so eine Geschichte, die dem HSV jedoch ein Ansporn sein sollte, zeigte man in dieser Spielzeit doch eindrucksvoll, dass der Verlust von Leistungsträgern immer wieder aufgefangen werden konnte. Auch wenn mit Rene Adler, Albin Ekdal und Nicolai Müller weitere Stammkräfte passen müssen, gibt es auch positive Infos aus dem Verletztenlager. Gideon Jung meldete sich in der Trainingswoche wieder fit und könnte den erhofften „Papa“-Ersatz mimen.

Hunts Rückkehr

Fit ist in dieser Saison auch wieder Mittelfeldspieler Aaron Hunt. Der 30-Jährige hatte in den beiden Vorjahren mit Verletzungen zu kämpfen, präsentiert sich nun seit der Rückrunde aber in bestechender Form. Vier Treffer konnte der „Hunter“ in seinen letzten neun Spielen für den HSV erzielen und sich damit hinter Bobby Wood und Nicolai Müller (je 5) auf Platz zwei der internen Torjägerliste schieben. Für den „Hunter“, der seine Farben zuletzt per Doppelpack zum Sieg gegen Hoffenheim schoss, ist das 106. Nordderby ein besonderes Spiel. Denn von 2004 bis 2014 spielte er an der Weser und absolvierte 215 Bundesliga-Spiele für die Grün-Weißen. „Klar, ich würde lügen, wenn es nicht etwas Besonderes für mich ist. Ich habe zweieinhalb Jahre darauf warten müssen, wieder in diesem Stadion spielen zu dürfen“, erklärt Hunt. Er hält mit seiner Rückkehr den nächsten Stoff fürs Drehbuch des 106. Nordderbys bereit und ist damit nicht der letzte Protagonist. Bremens Angreifer Claudio Pizarro ist mit 19 Treffern ein echter Derby-Torjäger, Hamburgs Trainer Markus Gisdol konnte noch nie gegen Bremen gewinnen und Werder verlor wiederum in dieser Saison jedes seiner bisherigen fünf Sonntagsspiele.

Die Geschichten rund um das 106. Kapitel des Nordderbys sind also zahlreich und vielschichtig. Serien bestehen, Spieler fehlen und Protagonisten haben die Lager gewechselt. Die Brisanz des Derbys ist gerade wegen dieser Stories ungebrochen, soll sich nach Wunsch aller Beteiligten im 106. Duell aber auf dem Rasen entfalten. So verzichteten beide Lager im Vorfeld des Spiels auf etwaige Giftpfeile, die angesichts der schrecklichen Ereignisse unter der Woche mit dem Anschlag auf das Team von Borussia Dortmund auch völlig fehl am Platz gewesen wären. „Es ist aus diesem Grund unpassend, im Hinblick auf das spannungsgeladene Nordderby, auf das sich sicher alle freuen, irgendwelche Kampfansagen zu machen. Ich wünsche mir für Sonntag ein faires Fußballfest“, so Markus Gisdol.

Diesem Wunsch kann man sich nur anschließen und festhalten, dass bei aller Rivalität eben die genannten Geschichten den Reiz unseres Sports ausmachen. Bleibt die alles entscheidende Frage, wer die 106. Auflage als Regisseur entscheidend beeinflusst?  

Der Kader für das Spiel: Tor: Mathenia, Mickel; Feld: Diekmeier, Douglas, Gregoritsch, Götz, Holtby, Hunt, Janjicic, Jatta, Jung, Kostic, Lasogga, Mavraj, Ostrzolek, Sakai, Walace, Waldschmidt, Wood

Nicht dabei: Adler (Brustkorbprellung), Ekdal (Muskelbündelriss), Müller (Innenbandriss), Djourou (Leistenprobleme), Papadopoulos (5. Gelbe Karte) Bahoui, Porath

Gelbsperre droht: Douglas (vier Gelbe Karten)

So könnte Bremen spielen: Wiedwald - Veljkovic, L. Sané, Moisander - M. Eggestein - Gebre Selassie, Grillitsch, Junuzovic, S. Garcia - Bartels, M. Kruse

Nicht dabei: Ro. Bauer (Bänderriss im Sprunggelenk), Caldirola (Mittelfußbruch), Delaney (Faserriss im Oberschenkel), Fritz (Syndesmose-OP), Hajrovic (Knieverletzung), J. Eggestein (Anriss der Syndesmose)

Gelbsperre droht: Gebre Selassie, Zlatko Junuzovic (je 4 Gelbe Karten)

Schiedsrichter: Dr. Felix Brych (München)