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07.03.17

Walace im Portrait: Jagd nach einem Traum

Walace Souza Silva hat mit 21 Jahren bereits einiges erlebt. In den Favelas von Salvador de Bahia wuchs er mit dem Ball am Fuß auf, unter Trainerlegende Luiz Felipe Scolari wurde er zum Profifußballer und im legendären Maracana-Stadion gewann er Olympia-Gold. Nun hat der defensive Mittelfeldspieler in der Bundesliga beim HSV das nächst Kapitel seines Traums aufgeschlagen. 

Sechs Spiele hat der letzte Winterneuzugang Walace Souza Silva bereits im Dress der Rothosen absolviert - vier davon in der Bundesliga, zwei im Pokal. Fünf Mal stand er dabei in der Startelf, einmal wurde er eingewechselt, sodass insgesamt 419 Minuten auf der HSV-Uhr des 21-jährigen Defensivspielers stehen. Der Brasilianer hat sich damit ohne große Eingewöhnungszeit schnell zu einer ernsthaften Alternative im Spiel der Rothosen entwickelt und hat erfolgreich das Startkapitel beim Bundesliga-Dino aufgeschlagen. Es ist dabei eines von vielen Kapiteln einer bereits ereignisreichen Karriere, die das offizielle Vereinsmagazin HSVlive in einem Portrait näher beleuchtet hat. 

HSV.deveröffentlicht im Folgenden einen Textauszug. Das vollständige Portrait könnt ihr hier als PDF lesen oder in der HSV-Magazin-App, die sowohl für iOS als auch für Androidkostenlos auf allen Endgeräten verfügbar ist. 

Salvador de Bahia, Brasilien. Hier, direkt am atlantischen Ozean gelegen, pulsiert das brasilianische Leben. Mit 2,6 Millionen Einwohnern ist die Hafenstadt nach Sao Paulo und Rio de Janeiro die drittgrößte Stadt des Landes. Und wenn man den Beschreibungen in einschlägigen Reiseführern Glauben schenken mag, dann befindet sich hier das Herz Brasiliens. Denn in Salvador herrscht die landestypische Mentalität - die Menschen gehen locker und offenherzig miteinander um. Rund 80 Prozent von ihnen haben dabei afrikanische Vorfahren, weshalb Salvador auch als „schwärzeste Stadt“ Brasiliens bezeichnet wird. Der Einfluss der afrikanischen Kultur im Hinblick auf die Küche, Musik und Religion ist nirgendwo sonst in Lateinamerika so groß. Doch so sehr die karibische Perle mit wenig Touristen, einem sehr angenehmen Klima und seinen Sehenswürdigkeiten auch als Geheimtipp für Reisende gilt, so gefährlich geht es in den peripheren Stadtteilen zur Sache. So lag Salvador de Bahia im Jahr 2015 auf Platz 14 der gewalttätigsten Städte der Erde.      

Schwerer Einstieg, rasanter Aufstieg

Walace Souza Silva, der jüngste Neuzugang des HSV, ist in dieser Stadt der Gegensätze im Jahr 1995 geboren und anschließend aufgewachsen. Hier ging er im Alter von acht Jahren die ersten Schritte seiner Fußballer-Karriere, die ihn nun 13 Jahre später über den großen Teich nach Europa gebracht hat. Walace lernt den Fußball dabei auf der Straße kennen. In den ärmlichen Favelas kickt er jede freie Sekunde mit den Nachbarskindern und eifert seinen großen brasilianischen Vorbildern hinterher: den Weltfußballern Ronaldo (1996, 1997 und 2002) und Rivaldo (1999) sowie dem 1,68 Meter großen Kraftpaket Roberto Carlos. Das brasilianische Top-Trio schießt die Selecao bei der Fußballweltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea zum fünften Mal zum WM-Titel. Ein alleiniger Rekord und eine Inspiration für den kleinen Walace, der nach Jahren auf der Straße erstmals beim nahgelegenen Club FC Simoes Filho organisiert in einem Verein spielt. „Als ich mit dem Vereinsfußball anfing, da war für mich klar, dass ich Profifußballer werden möchte - von dort an habe ich meinen Traum gejagt“, blickt Walace auf seinen Karrierebeginn zurück. Sein Talent bleibt so nicht länger unbemerkt und eröffnet ihm schnell neue Pforten. Nach einem starken Auftritt bei einem Jugendturnier wird Walace von einem Scout des brasilianischen Zweitligisten Avai FC entdeckt. 

 „Als ich mit dem Vereinsfußball anfing, da war für mich klar, dass ich Profifußballer werden möchte - von dort an habe ich meinen Traum gejagt!“

Fortan spielt er für den im südlichen Florianpolis gelegenen Club, wird aber alsbald zum EC Bahia ausgeliehen. Auch wenn er dort nicht die erhoffte Spielzeit bekommt, reicht erneut ein starker Auftritt gegen die U19-Auswahl des brasilianischen Erstligisten Gremio Porto Alegre, um zu überzeugen und die Trikotfarbe ein weiteres Mal zu wechseln. Im hellblauen Dress mit schwarzen Streifen wird der Traum vom Profifußball dann aber sehr schnell zur Realität. Am 27. April des Jahres 2014 gibt Walace im Alter von 19 Jahren und 23 Tagen für Gremio sein Profi-Debüt in der höchsten brasilianischen Spielklasse. Als Einwechselspieler schlägt er dabei mit 2:1 den namhaften Konkurrenten Club Atletico Mineiro, für den damals kein geringerer als Ronaldinho Gaucho aufläuft.

Brasilianische Integration auf Hamburger Boden 

Doch damit nicht genug der besonderen Leistungen und Begegnungen: Unter dem weltberühmten Trainer Luiz Felipe Scolari, der die von Walace bewunderte Nationalmannschaft 2002 zum WM-Titel coachte, spielt sich das Defensivass letztlich in der ersten Mannschaft fest und agiert dabei Seite an Seite mit dem 336-fachen Bundesliga-Profi und Ex-HSVer Zé Roberto. „Das war schon ein besonderes Erlebnis, mit solchen Respektspersonen eine Kabine zu teilen. Gerade auch Zé Roberto hat in Brasilien einen hohen Stellenwert, ist aufgrund seiner Erfahrung und Professionalität ein Vorbild für jeden jungen Spieler“, weiß Walace. Es folgen 70 weitere Partien in der Serie A Brasiliens, zwei Einladungen in die brasilianische A-Nationalmannschaft, der Gewinn des brasilianischen Pokals im Dezember 2016 und nicht zuletzt der glorreiche Erfolg mit der U21-Nationalmannschaft bei den Olympischen Spielen im eigenen Land im vergangenen Sommer. All das weckt Begehrlichkeiten, sodass der Weg über den großen Teich nach Europa zu spielstärkeren Ligen nur eine Frage der Zeit ist. 

„Das war schon ein besonderes Erlebnis, mit solchen Respektspersonen eine Kabine zu teilen. Gerade Zé Roberto hat in Brasilien einen hohen Stellenwert, ist aufgrund seiner Erfahrung und Professionalität ein Vorbild für jeden jungen Spieler“

Die Antwort auf diese Frage gibt es dann am 30. Januar dieses Jahres. Walace Souza Silva landet am Helmut Schmidt Flughafen in Hamburg. Sein Ziel: das Volksparkstadion, Heimspielstätte des Hamburger SV, wo er nach dem obligatorischen Medizincheck im UKE einen Viereinhalbjahresvertrag bis zum Sommer 2021 unterzeichnet. „Ich freue mich sehr, hier in Hamburg zu sein. Für mich ist es jetzt wichtig, mich schnell an die neue Situation zu gewöhnen und mich hier einzuleben, damit ich auf dem Platz gute Leistungen zeigen kann“, erklärt der 1,88 Meter große Defensivakteur. Er ist zum ersten Mal in Europa und zum zweiten Mal überhaupt außerhalb seines Heimatlandes unterwegs. Da gibt es zahlreiche Eindrücke zu verarbeiten und der massive Temperaturunterschied von brandheißen 30 auf eiskalte 0 Grad scheint noch das kleinste Problem zu sein. „Wir müssen ihm zugestehen, dass er nicht über Nacht unsere Probleme lösen wird. Solch eine Erwartungshaltung ist gegenüber einem 21-Jährigen, der das erste Mal in Deutschland ist, einfach nicht fair“, weiß Sportchef Jens Todt, der gleichzeitig von den Qualitäten des international umworbenen Defensivspielers überzeugt ist. „Er ist ein talentierter Spieler, bei dem wir das Potential sehen, dass er uns schon bald weiterhelfen kann.“