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Interview

15.11.22

„Wo der HSV draufsteht, ist auch der HSV drin“

Mit Stefan Schnoor ist ein ehemaliger Profi der Rothosen als Trainer in der HSV-Fußballschule tätig. Im HSVlive-Interview spricht der 51-Jährige über die Interpretation seiner Rolle, die Bedeutung der Fußballschule und Erinnerungen an die eigenen Anfänge als Fußballer.

Du stehst auf dem Fußballplatz, trägst ein Trikot mit der Raute auf der Brust und unmittelbar vor deinen Augen erklärt dir ein ehemaliger HSV-Profi die nächste Übung – was wie ein Traum klingt, ist für hunderte Nachwuchskicker Realität, denn mit Stefan Schnoor ist ein ehemaliger Bundesliga-Spieler der Hamburger regelmäßig als Trainer in der HSV-Fußballschule im Einsatz. Wer im nächsten Jahr auch dabei sein möchte, sollte auf keinen Fall den morgigen Anmeldestart für die Campsaison 2023 verpassen! Zum warm werden gibt es hier das spannende Interview mit Stefan Schnoor aus der aktuellen HSVlive-Ausgabe. 


Mit insgesamt 277 Bundesligaspielen für den Hamburger SV und den VfL Wolfsburg sowie 60 Premier-League-Einsätzen für Derby County ist Schnoor definitiv ein außergewöhnlicher Trainer. Von 1991 bis 1998 stand der Defensivspieler in 131 Spielen für die Rothosen auf dem Platz und erzielte dabei acht Tore. Zum Ende seiner Laufbahn schnürte er dann noch für Holstein Kiel in der Regionalliga und TuS Germania Schnelsen in der Oberliga seine Fußballschuhe. Nach seiner aktiven Karriere war der heute 51-Jährige unter anderem als Sportdirektor für den VfB Lübeck und als Experte für diverse TV-Formate tätig. 

In der aktuellen Camp-Saison trainierte Schnoor Jungs und Deerns auf Trainingsplätzen in Tornesch, Tangstedt, Norderstedt, Halstenbek, Nienstedten, Pinneberg, Glückstadt sowie am Volksparkstadion. Im Interview mit dem HSVlive-Magazin spricht der ehemalige Abwehrspieler über seine besonderen Erfahrungen in der Fußballschule.

Stefan, als Fußballprofi, Sportdirektor, Berater, Scout und TV-Experte hast du schon sämtliche Rollen im Profifußball bekleidet. Seit 2021 bist du nun auch noch als Trainer in der HSV-Fußballschule tätig. Wie kam es dazu?

Ich konnte den Fußball bereits von allen Seiten kennenlernen und da gehörte auch die Arbeit als Trainer dazu. Während meiner aktiven Zeit habe ich bereits die A-Lizenz gemacht, so dass ich nach meiner Karriere immer mal wieder im Nachwuchsbereich als Coach unterwegs war. Der HSV kam daraufhin auf mich zu und nun bin ich bei meinem ehemaligen Club regelmäßig als Trainer der Fußballschule im Einsatz.

Ursprünglich wollte ich damals auch gern den Fußballlehrer machen. Allerdings hat der DFB zu der Zeit neue Regularien für den Schein eingeführt. Ich wäre der erste im neuen elfmonatigen Lehrgang gewesen, der auch acht Wochen Medizin beinhaltete. Ich wollte aber nicht Arzt, sondern Trainer werden, was dann für mich der Anlass war, es bei der A-Lizenz zu belassen. Außerdem lag zu dem Zeitpunkt mein Fokus auch eher auf dem Marketing- und TV-Bereich.


Seit Herbst 2021 bist du nun als Trainer in der HSV-Fußballschule aktiv. Wie gefällt es dir?

Mir macht es sehr viel Spaß, mit den Kids zusammenzuarbeiten, ansonsten würde ich das nicht machen. Vor allem gefällt mir, wie man den Fortschritt der Jungs und Mädels bei den Trainingscamps beobachten kann und ihnen dabei hilft, sich weiterzuentwickeln. Außerdem trainiert man Woche für Woche neue Kinder. Man lernt also regelmäßig neue Menschen und Charaktere kennen. Interessant ist für mich auch, dass man in der Arbeit mit den Nachwuchskickern an seine eigenen Anfänge als Fußballer erinnert wird. 

Und was beobachtest du mit Hinblick auf deine Anfänge bei den Sechs- bis Dreizehnjährigen?

Aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen ist es noch wichtiger geworden, die Kids früh an den Sport heranzuführen. Mancherorts ist das Spielen draußen verboten, zudem wächst der Medienkonsum. Dadurch gibt es gerade im Koordinationsbereich Nachholbedarf. Und genau bei diesem Bedarf setzt das Angebot der HSV-Fußballschule an. In einer Camp-Woche merkt man im Prinzip bei jedem Kind eine Verbesserung, nicht nur, was das Fußballerische anbelangt, sondern auch in der Laufarbeit und bei den koordinativen Fähigkeiten. Zusätzlich vermitteln wir Werte wie Teamwork im sportlichen Wettkampf. 

Kommen alle Teilnehmer mit ähnlichen Voraussetzungen zur Fußballschule? 

Nein, es gibt große Unterschiede. Wir haben in jedem Camp zwei bis drei Kids, die richtige Überflieger sind, aber wir haben auch viele Teilnehmer, die gerade erst mit dem Sport begonnen haben. Die machen in den Camps dann einen großen Sprung nach vorn. Der größte Teil spielt in der Regel schon länger in der näheren Umgebung im Verein. Und auch diese Kinder profitieren enorm von unseren professionellen Übungen, da vor allem im Nachwuchs die Trainer überwiegend ehrenamtlich tätig sind. Ich ziehe meinen Hut und habe den größten Respekt vor jedem Familienvater, der unter der Woche noch eine Fußballmannschaft trainiert. Aber: Viele Basics werden in diesem Umfeld vernachlässigt. Wie wird richtig mit der Innenseite gespielt, wie nimmt man einen Ball korrekt an, wie schießt man mit Vollspann, wie spielt man miteinander – diese Grundkenntnisse fehlen teilweise im Verein und werden bei der Fußballschule aufgearbeitet.   

Inwiefern hilft dir deine Expertise als ehemaliger Profi bei deiner Trainerarbeit?

Meine Erfahrung hilft mir dabei, die Fähigkeiten und das Talent der Nachwuchskicker präziser einzuschätzen. Es ist natürlich ein ganz anderes Niveau, denn wenn ich das Training, das damals Felix Magath mit uns gemacht hat, bei den Kids umsetzen würde, dann hätten wir in kürzester Zeit keine Anmeldungen mehr. (lacht) Aber: Gewisse Übungen, die man damals schon für sinnvoll erachtet hat, kann man ableiten und kindgerecht gestalten.


Was macht die HSV-Fußballschule besonders?

Wo der HSV draufsteht, ist auch der HSV drin. Der Hamburger SV ist einer der größten und traditionsreichsten Vereine mit extrem vielen Fans in ganz Deutschland und der Welt. Für die Teilnehmer birgt das eine gewisse Exklusivität. In dieser Woche war ich beim Fußballcamp hier am Volksparkstadion tätig und an einem der Trainingstage haben zwei Jungs aus der U17 des HSV mitgespielt. Das ist für die Kids logischerweise ein Highlight. Außerdem hatten wir eine Fragerunde mit Filip Tapalovic, dem Assistenztrainer der Profis. Da hören die Kleinen dann mit großen Augen zu und stellen wissbegierig Fragen. 

Welche Dinge waren für dich als Fußball-Tausendsassa im Umfeld der Fußballschule neu?

Jetzt, wo man mittendrin statt nur dabei ist, merkt man erst mal, was die HSV-Fußballschule für ein großer Apparat ist. Viele unterschätzen, was da für eine aufwendige Organisation dahintersteckt und was alles dafür getan wird, dass die Qualität stets hoch bleibt. Bei so vielen Kindern, die mit uns trainieren, sind auch immer spannende Talente dabei. Das stellt im Prinzip einen idealen Scouting-Bereich dar, der dann bei Veranstaltungen wie den Talenttagen genutzt wird.

Wie würdest du die Zusammenarbeit im Team bewerten?

Wir haben gemeinsam eine Menge Spaß und tauschen uns auch regelmäßig innerhalb des Trainerteams über die Arbeit aus. Ich habe immer ein offenes Ohr und wenn ein junger Kollege einen Tipp möchte, stehe ich gern zur Verfügung. Generell ist die Fußballschule für Nachwuchstrainer eine tolle Station, um sich weiterzuentwickeln. Die jungen Trainer lernen bei uns die facettenreiche Arbeit in der Praxis kennen und bauen eine große Bandbreite an Fähigkeiten aus. Und wenn man ambitioniert ist, kann das ein Sprungbrett sein. Filip Tapalovic hat damals auch in einer Fußballschule angefangen, den Spaß an der Arbeit als Trainer gefunden und jetzt ist er im Trainerstab der Zweitliga-Profis. 

Was ist dir aus deiner bisherigen Camp-Zeit besonders in Erinnerung geblieben?

Da kommt mir sofort das diesjährige Sommercamp in Norderstedt in den Sinn: Die Anlage ist sehr groß, so dass es vom Kunstrasenplatz zum Hauptgebäude ein verhältnismäßig weiter Weg ist. Als es im Sommer dann so unfassbar heiß war, haben wir pro Tag mindestens 200 Liter Wasser getrunken. Mit unseren Fünf-Liter-Kanistern waren wir also sehr häufig auf dem Weg ins Hauptgebäude. Das war bei 38 Grad im Schatten schon eine Trainingsübung für sich. Wir haben sehr viele Trinkpausen im Schatten gemacht und ein Highlight war dann auch, dass wir den Rasensprenger angemacht haben. Die Kids sind fröhlich durch die Wasserfontäne gesprungen, waren klitschnass, aber innerhalb von fünf Minuten wieder trocken – solche Momente machen einfach Spaß.