Saison
10.03.21
Zwischen zwei Spitzenspielen: Der HSV & die Lage der Liga
Das engmaschige obere Tabellendrittel, die anstehenden wichtigen Wochen und der HSV zwischen den Topspielen gegen Holstein Kiel und den VfL Bochum - eine Bestandsaufnahme.
Montagabend Spitzenspiel gegen Holstein Kiel, Freitagabend Spitzenspiel beim VfL Bochum – die Kalenderwoche 10 des Jahres 2021 fühlt sich für den HSV an wie eine englische. Und dies auch noch garniert mit den zwei Partien gegen die beiden Erstplatzierten der Tabelle, was diesen wilden fünf Tagen Mitte März noch einmal zusätzliche Brisanz verleiht und den Startschuss bildet für die wichtigen Wochen, die Crunchtime. Für den HSV, aber auch für das gesamte obere Tabellendrittel. Eine Bestandsaufnahme.
Noch zehn Spiele: Der HSV zwischen Aufwand und Ertrag
Am heutigen Mittwoch (10. März) befinden wir uns exakt zwischen diesen beiden besonderen HSV-Spielen gegen Kiel und Bochum, diesen Festtagen der 2. Liga. Denn dass die Mannschaften, die im Tableau ganz oben stehen, sehr ansprechenden Fußball zeigen können, wurde nicht zuletzt am Montagabend wieder einmal deutlich. Die Kieler mit breiter Brust aufgrund des Einzugs in das DFB-Pokal-Halbfinale – ein Erfolg, der ja auch kein Zufall ist – und der HSV mit einer sehr dominanten und spielerisch fein anzuschauenden Partie. Das wusste schon zu gefallen. Gleiches erwartet man sich für den Freitagabend, wenn mit dem VfL Bochum das derzeit beständigste und effektivste Team der Liga den HSV empfängt.
Damit wären wir auch schon beim Kern der aktuellen Gefühlslage rund um das Volksparkstadion. Denn jeder Fan sieht, dass – abgesehen von einem „Ausreißer nach unten“, wie Trainer Daniel Thioune den Auftritt in Würzburg (2:3) nannte – die Rothosen einen guten Ball spielen, dominant auftreten und in den meisten Spielen auch zu vielen Torchancen kommen. Der Ertrag stand zuletzt jedoch – gerade auch gegen die Teams von oben wie besagte Kieler oder zuvor auch die SpVgg Greuther Fürth (21. Spieltag, 0:0) – nicht im Verhältnis zum Aufwand. Und zu dem, was verdient gewesen wäre.
„Es gibt viele Mannschaften, die liebend gern mit uns tauschen würden“
„Wir haben uns leider nicht belohnt“, lautete entsprechend Thiounes Fazit an einem Montagabend, der Spieler, Staff und Anhänger mit gemischten Gefühlen zurückließ. Sehr gutes Spiel, aber nur ein Punkt – und damit weiterhin die Verfolgerrolle, die man doch eigentlich gern den anderen Teams überlassen hätte. „Aber es gibt viele Mannschaften, die liebend gern mit uns tauschen würden, denn wir sind nach wie vor mittendrin und haben alles selbst in der Hand“, zeigte sich auch Top-Torjäger Simon Terodde ebenso kämpferisch wie optimistisch. „Wenn wir es am 34. Spieltag faktisch nicht geschafft haben, dann können wir trauern. Aber doch nicht vorher! Wir werden bis dahin alles geben und wenn wir so weiterspielen, dann werden wir die nötigen Punkte auch holen.“
Und so soll es am Freitagabend wieder einen dieser Auftritte geben: Viel Ballbesitz, viel Spielkontrolle, Druck sowohl durchs Zentrum als auch über die Außen und parallel dazu eine Defensivarbeit der gesamten Mannschaft, in der auch Spieler wie Sonny Kittel oder Aaron Hunt nach einem 60-Meter-Sprint am eigenen Fünfmeterraum die entscheidende Grätsche rausholen. „Wir arbeiten als Gruppe sehr gut zusammen“, findet auch Thioune und setzt auf die mannschaftliche Geschlossenheit als großes Faustpfand. Gerade in der entscheidenden Phase, in die man jetzt eintritt.
Vor zwei Jahren stieg Paderborn auf – trotz 12 Punkten Rückstand
Zehn Spieltage bleiben noch. Spieltage, an denen es zählt. Und an denen auch die anderen Clubs im oberen Tabellendrittel sich gegenseitig die Punkte klauen werden. Beispiele gefällig? Der VfL Bochum muss in den verbleibenden Partien nicht nur gegen den HSV antreten, sondern u.a. auch noch gegen Fortuna Düsseldorf, den FC Heidenheim und Holstein Kiel. Die Kieler wiederum spielen zudem auch noch gegen Kaliber wie Hannover oder Nürnberg – und gegen Heidenheim. Ob die Heidenheimer als derzeit Sechster zum Zünglein an der Waage werden? Schließlich spielen sie auch noch gegen Fürth. Und gegen den HSV. Oder der Karlsruher SC? Der Tabellenfünfte hat noch die direkten Duelle gegen Kiel, Fürth – und gegen den HSV. Bei diesen Konstellationen haben drei Punkte Vorsprung oder Rückstand zum aktuellen Zeitpunkt nichts zu sagen. Gar nichts. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren stieg am Ende der SC Paderborn auf – der zu exakt dem jetzigen Zeitpunkt zwölf Punkte Rückstand auf einen Aufstiegsplatz hatte.
Es wird also spannend im Endspurt, in der Crunchtime. Und das mit Sicherheit bis zum letzten Spieltag. Denn wie alle Beteiligten es schon vor der Saison geahnt haben: Es gibt nicht diese eine Übermannschaft, die einfach durch die Liga marschiert. Dafür sind die Teams zu eng beisammen, die Leistungsdichte ist zu hoch, und zusätzlich hat jeder Club mindestens einmal pro Saison einen Hänger, eine kleine Delle. Für den HSV wäre es nach dieser Definition die zweite in dieser Saison, denn auch im ersten Saisondrittel blieben die Rothosen mal fünf Spiele in Folge ohne Sieg – und holten sich anschließend mit einer starken Serie die zwischenzeitlich eingebüßte Tabellenführung zurück.
„Wenn wir so weitermachen, werden auch die Ergebnisse wiederkommen“
So soll es auch jetzt im Endspurt sein. Deshalb bleibt der Kopf oben. Zurecht. „Auch in der schlechten Phase der Hinrunde haben wir unser Spiel weiter durchgezogen und wurden mit kurzer Verzögerung dann wieder belohnt“, erinnert sich Thioune, der seine Mannschaft auch jetzt wieder antreibt, vorangeht und mitzieht. Er tut dies mit voller Überzeugung, weil er auf der anderen Seite „die totale Überzeugung der Spieler für unseren Weg“ spüre. Und den gehen sie gemeinsam weiter. Und lassen sich auch von heftigen Böen nicht umwehen. Wie beispielsweise der Niederlage im Stadtderby. Die war brutal, sie tat weh, sie ließ kurzzeitig verzweifeln. Was sie aber nicht schaffte: Das Gebilde HSV ins Wanken zu bringen.
Anders ist eine Leistung wie im darauffolgenden Spiel gegen den Tabellenzweiten Holstein Kiel nicht zu erklären. Zu stabil, zu wuchtig und zu präsent präsentierte sich das Thioune-Team und sammelte allerorts Respekt für diese Leistung ein. Nur, ja, die Ausbeute, die blieb der kleine, aber entscheidende Schönheitsfleck. Doch auch den wollen Thioune und sein Team, das weiterhin die treffsicherste Offensive (49 Tore) der Liga stellt, wieder ausmerzen. „Wenn wir so weitermachen, werden auch die Ergebnisse wiederkommen“, ist sich auch Sportdirektor Michael Mutzel sicher, „wir wissen, dass wir gut sind, es liegt nur an uns. Das haben wir den Jungs auch mit auf dem Weg gegeben.“ Auf den Weg nach Bochum. Zum nächsten Spitzenspiel für den HSV in dieser englisch angehauchten Woche.