Nachbericht
09.02.20
Defensive Kompaktheit als offensives Erfolgsrezept
Der 2:0-Sieg gegen den Karlsruher SC hat an verschiedenen Stellen verdeutlicht, welche Stärken das HSV-Spiel zurzeit ausmacht. Dies soll auch in den kommenden Partien weiter gefestigt werden.
Natürlich war Lukas Hinterseer nach dem Schlusspfiff einer der begehrtesten Interviewpartner in der Mixed Zone: Der Stürmer hatte mit seinen beiden Toren einen entscheidenden Anteil am 2:0-Erfolg gegen den Karlsruher SC. „Hinterseer schießt den HSV an die Spitze“ (Hamburger Abendblatt) oder „Dank Hinterseer-Doppelpack: HSV übernimmt Tabellenführung“ (Hamburger Morgenpost) waren entsprechende Überschriften in den Medien nach der Partie. Doch das Spiel des HSV war nicht zum ersten Mal mehr als der starke Tag eines Einzel-Protagonisten. Es war die Summe zahlreicher Faktoren, wie auch der Doppeltorschütze nach dem Abpfiff im Volksparkstadion bescheiden zu Protokoll gab. „Wir haben in der Vorbereitung viel an der Kompaktheit und am gemeinsamen Auftreten gearbeitet. Jeder pusht den anderen. Wir treten noch mehr als Mannschaft auf“, beschrieb Hinterseer das aktuelle Erfolgsrezept, das schon in den ersten beiden Partien nach der Winterpause deutlich wurde.
Neben dem Österreicher, der nun drei Treffer in den drei Pflichtspielen in diesem Kalenderjahr erzielte, trugen sich mit Sonny Kittel (2), Bakery Jatta, Gideon Jung, Tim Leibold und Joel Pohjanpalo schon sechs verschiedene Profis in die Torjägerliste ein. Ein Indiz für die breite Offensivqualität des Kaders. Zum anderen, und das lobte vor allem Dieter Hecking in der Analyse der 90 Minuten, zeigt sich aber vor allem im Arbeiten in der Defensive die verbesserte Performance der Rothosen. „Ich freue mich sehr über die Null in unserem Spiel. Darüber, dass wir sehr geschlossen gegen den Ball agieren, dem Gegner möglichst keine Räume geben wollen“, erklärte der Trainer und beschrieb exemplarisch eine Szene, die es laut seiner Aussage in die Videoanalyse nach dem Spiel schaffen werde: „Ich habe es mir extra notiert. Nach circa zwölf Minuten hatten wir eine Szene im Umschaltspiel, von Offensive auf Defensive, in der sind alle zehn Mann im Vollsprint nach hinten geeilt, um eine Kontersituation von Karlsruhe zu unterbinden. Wie wir das im Moment verteidigen, das ist die Basis.“ In den ersten Spielen sei das der Fall gewesen und dürfe nun nicht weniger werden, befand Hecking.
„Jetzt beginnt die Phase, in der ich jeden brauche"
Gegen Karlsruhe brauchte der HSV bis zur 67. Minute, ehe der Tor-Bann gebrochen war. Trotz zahlreicher Möglichkeiten - vor allen in der ersten Halbzeit – fehlte vor dem Gehäuse die letzte Kaltschnäuzigkeit und in der einen oder anderen Szene auch das nötige Glück. Alleine Louis Schaub traf gleich zweimal die Latte. Doch hinten stand in diesen Phasen weiterhin die Null und damit nicht die große Aufgabe wie in Bochum, einen Rückstand hinterherzulaufen und die Partie noch drehen zu müssen. „Du musst die Null stehen haben, irgendwann wirst du dann deine Chancen kriegen,“ weiß Hecking und lobte in diesem Fall auch explizit noch einmal Daniel Heuer Fernandes, der seiner Mannschaft besonders bei der Chance von Marc Lorenz in der ersten Halbzeit (20.) die Weiße Weste sicherte. „Er ist in diesen Momenten da. Gerade diese 1:1-Situationen sind eine Stärke von ihm“, so der Trainer.
Hinten kann sich Hecking also auf seine Nummer 1 verlassen und vor dem Torhüter auf eine große Auswahl an potenziellen Startelf-Kandidaten. Denn auch wenn das Trainerteam in den bisherigen drei Begegnungen nach der Winterpause stets dieselbe Startelf ins Rennen schickte, bedeutet das keinesfalls, dass die anderen nicht auch die Rückendeckung genießen. Im Gegenteil: In den kommenden Wochen wird es vor allem auch auf die Breite des Kaders ankommen. „Jetzt beginnt die Phase, in der ich jeden brauche. An den ersten drei Spieltagen haben wir immer mit derselben Aufstellung gespielt. In Hannover kann es das erste Mal aber auch Veränderungen geben“, blickte Hecking auf das Nordduell am kommenden Sonnabend (15. Februar, ab 12:45 Uhr live im HSVnetradio).
Nach dem Jochbeinbruch von Adrian Fein ist der Coach vielleicht sogar gezwungen, die Startformation zu ändern. Aber auch das Aufdrängen der anderen Akteure im Kader sei deutlich zu vernehmen. So scharre Martin Harnik sicherlich mit den Hufen, sagt Hecking. Und auch der in Bochum gefeierte Torschütze des 2:1, Joel Pohjanpalo, drängt weiterhin auf seinen ersten Einsatz von Beginn an. Im Mittelfeld hat Gideon Jung nach seinen engagierten Vorstellungen nach seinen Einwechslungen auf sich aufmerksam gemacht, genau wie David Kinsombi oder auch Aaron Hunt. „Ich bin froh, dass wir diese Alternativen haben. Ich will die ganze Qualität des Kaders nutzen. Alle müssen die Wichtigkeit haben“, sagt Hecking. Schaffen es die Spieler, dies weiter zu bestätigen und mit der gelobten Geschlossenheit zu arbeiten, werden sicherlich noch viele unterschiedliche Protagonisten für die Interviews nach dem Spiel in Frage kommen.