
Nachbericht
01.12.25
Vier Kurzgeschichten zum 90.+4-Spektakel
Von erfolgreichen Wechselspielchen über Tor- und Assist-Debütanten bis hin zu dramatischen Akten. Der 2:1-Erfolg der Rothosen gegen den VfB hielt vielerlei bunte Geschichten bereit.
Als HSV-Spielermacher Fabio Vieira in der 4. Minute der Nachspielzeit den 2:1-Siegtreffer gegen den VfB Stuttgart erzielte und damit das Volksparkstadion zum Beben brachte, war ein weiteres Kapitel Volkspark-Geschichte geschrieben. Laute Torjubel haben in der HSV-Spielstätte Tradition, erst im vorherigen Heimspiel gegen den BVB (1:1) hatten die Rothosen mit Königsdörffers Last-Minute-Treffer für Ekstase par excellence gesorgt, doch dieses Mal kamen das Tor und der Sieg ebenso plötzlich wie unverhofft - und machten den Moment umso süßer. Die Rothosen waren in Unterzahl eigentlich bemüht, irgendwie den Punkt ins Ziel zu retten, sahen sich noch einem gefährlichen Freistoß gegenüber, dann konterte ein portugiesisches Dreigestirn aus Fabio Balde, Gui Ramos und eben Siegtorschütze Vieira über den halben Platz – der Rest ist Geschichte. „Ich habe im Volkspark schon oft solche Momente erlebt, aber es ist immer wieder etwas total Besonderes. In Unterzahl vor der Nordtribüne noch zu gewinnen, gefühlt mit 50 Mann in der Jubeltraube – das ist mal wieder unglaublich“, musste in seinem bereits 140. HSV-Pflichtspiel selbst eine ganz erfahrene Rothose wie Mittelstürmer Robert Glatzel in den Stimmen zum Spiel einräumen. Und so schrieb das Heimspiel gegen den VfB mal wieder viele bunte Geschichten, von denen wir an dieser Stelle vier herausgepickt haben.

Vier Wechsel: Beim Blick auf die Startaufstellung der Rothosen staunte der eine oder andere Beobachter nicht schlecht. Gleich vier Wechsel hatte Cheftrainer Merlin Polzin im Vergleich zur 0:1-Niederlage beim FC Augsburg vorgenommen, dabei unter anderem Mittelstürmer Glatzel erstmals seit dem 34. Spieltag der Vorsaison in die Startelf befördert und Flügelspieler Rössing-Lelesiit erstmals seit dem 3. Bundesliga-Spieltag in München wieder das Vertrauen von Beginn an geschenkt. In einer taktisch und mental perfekt auf das Spiel eingestellten Mannschaft sorgte das genannte Duo für reichlich Wirbel und den Führungstreffer zum 1:0. Der erst 18-jährige Norweger ließ im Mittelfeld gleich drei Gegenspieler aussteigen und markierte im Anschluss per Steckpass seinen ersten Scorerpunkt im HSV-Trikot. Denn im Eins-gegen-Eins mit VfB-Keeper Alexander Nübel blieb die Nummer 9 der Rothosen eiskalt, erzielte wiederum seinen 82. Treffer mit der Raute auf der Brust. Wermutstropfen für beide Akteure: Während Glatzel verletzungsbedingt in der 34. Minute ausgewechselt werden musste, kassierte Rössing-Lelesiit in der 81. Minute die Gelb-Rote Karte.

Goldenes Händchen 2.0: Coach Polzin bewies nicht nur bei der Startaufstellung ein gutes Händchen, sondern nahm auch innerhalb des Spiels einen entscheidenden Tausch vor. In der 67. Minute entschied sich der 35-jährige Fußballlehrer zu einem Dreifachwechsel, beorderte in einer Phase, in der seine Mannschaft kaum noch Zugriff auf das Spiel erlangte und die druckvollen Stuttgarter kurz vor dem 2:1 standen, mit Giorgi Gocholeishvili, Fabio Balde und Fabio Vieira gleich drei frische Kräfte ins Spiel. Bis zum Platzverweis gegen Rössing-Lelesiit stellte der HSV dadurch wieder Augenhöhe her. Und die beiden Fabios sorgten obendrein dann in Co-Produktion für den vielumjubelten 2:1-Siegtreffer. Torschütze Vieira erzielte dabei seinen ersten Treffer im HSV-Dress, für Eigengewächs Balde war es die erste Torvorlage in der Bundesliga. Mehr "Goldfinger" ging für Polzin und sein Trainerteam an diesem Fußball-Nachmittag also fast nicht.

90.+4: Es sah nicht viel danach aus, als würde der HSV in der vierten Minute der Nachspielzeit noch zu einem Lucky-Punch ausholen. Im Gegenteil: Nachdem die Hamburger in den Schlussminuten zum fünften (!) Mal in dieser Bundesliga-Saison in Unterzahl geraten waren, ging es einzig und allein darum, diesen letzten Freistoß der Gäste von der Strafraumkante zu verteidigen. Für die Stuttgarter war ihrerseits alles angerichtet, um auch die fünfte Partie nach einem Europa-League-Spiel unter der Woche zu gewinnen und zugleich zum vierten Mal in dieser Saison ein Bundesliga-Spiel nach Rückstand komplett zu drehen. Doch beim Ausführen der exzellenten Freistoßposition gab es dann Probleme. „Es war eine misslungene Kommunikation zwischen Angelo und mir“, erklärte Zielspieler Deniz Undav. Der Torschütze zum zwischenzeitlichen 1:1 fügte selbstkritisch hinzu: „Ich habe ihm etwas erklärt, was er nicht ganz verstanden hat. Deswegen nehme ich das auf meine Kappe.“
Nicolas Capaldo, der bereits vor dem Anpfiff eine ganz eigene Geschichte mitgeschrieben hatte, preschte zwischen das Zuspiel und leitete damit nicht nur den famosen Konter, sondern zugleich das zweite Last-Minute-Tor der Saison innerhalb von zwei Heimspielen per Hockey-Assist ein. Die Rothosen hielten so ihrerseits eine Serie am Leben: Jedes Mal, wenn sie in dieser Bundesliga-Saison in Führung gingen (zuvor gegen Heidenheim und Mainz), gab es am Ende auch die volle Punktzahl!

Vier weitere Akte, bitte!: Was für ein Auftakt in historische HSV-Tage mit gleich vier HSV-Heimspielen und dem HSV-Weihnachtssingen binnen neun Tagen. Mit dem Last-Minute-Erfolg gegen Stuttgart haben die Rothosen richtig Vorfreude auf die nächsten Events im Volksparkstadion geschürt. Bereits am Mittwochabend ab 20.45 Uhr (live im HSVnetradio) rollt im Zuge des DFB-Pokal-Achtelfinales gegen Zweitligist Holstein Kiel wieder der Ball im Volkspark. Am 2. Advnetssonntag (7. Dezember, Anstoß: 15.30 Uhr) steigt dann das mit Spannung erwartete 111. Nordderby (in Bezug auf Punktspiele) gegen Werder Bremen. Und damit nicht genug: Die HSV-Frauen empfangen am darauffolgenden Montagabend den 1. FC Köln (8. Dezember, Anstoß: 18Uhr), ehe mit dem HSV-Weihnachtssingen eine Premieren-Veranstaltung beim HSV folgt. An anderen Bundesliga-Standorten bereits gelernt, wird der HSV dann auch seine Stadiontore öffnen und mit einem besonderen Line-Up – unter anderem die Elbkinderland-Chöre rund um Kindermusik-Legende Rolf Zuckowski, der Seemans-Chor Hamburg, Aschlach!, Linus Bruhn und der HSV-Supporters-Chor – zum gemeinsamen Singen einladen. Rund 30 Lieder stehen dann auf dem Programm – bis dahin werden die Stimmen im Volkspark beim Anfeuern und Jubeln weiter trainiert.
