
HSVlive
01.02.22
Den Traum weiter fest im Blick
Seit seinem Wechsel zum Hamburger SV im Jahre 2019 hat Ware Pakia viele Rückschläge hinnehmen müssen. Nun wagt der Deutsch-Ghanaer den nächsten Angriff und steht seit Beginn der Wintervorbereitung wieder im Mannschaftstraining der U21.
Wer sich mit Ware Pakia unterhält, der trifft auf einen bedachten und gelassenen Gesprächspartner. Ruhig und besonnen, aufgeschlossen und mit sich im Reinen wirkt der Mittelstürmer der U21. Und das, obwohl Pakia seit seinem Wechsel an die Elbe so viele Schicksalsschläge hat hinnehmen müssen wie wohl kaum ein anderer Nachwuchsspieler des NLZ. Und der trotz all der Hindernisse, die ihm in seiner noch so jungen Karriere bereits begegnet sind, seinen großen Traum vom Profifußball weiter fest im Blick behält.
Auf dem Weg genau dorthin schien den Rechtsfuß, der zur Saison 2019/2020 von Borussia Dortmund zum Hamburger SV wechselte, nichts aufhalten zu können. Als die Verantwortlichen des HSV zu Beginn des Jahres 2019 den Wechsel Pakias in die U19 der Rothosen bekannt gaben, hatten sie sich die Dienste eines der renommiertesten deutschen Nachwuchstalente gesichert. Pakia galt als einer der spielstärksten Stürmer des Jahrgangs 2002, als ungemein treffsicher und gleichzeitig mit einer guten Übersicht über das Spielgeschehen. Sein großes Potential deutete der Deutsch-Ghanaer auch mit der Raute auf der Brust schnell an, erzielte in den ersten 13 Spielen der A-Junioren Bundesliga Nord/Nordost sechs Tore und bereitete ein siebtes vor. Dann aber zog sich der Stoßstürmer im Duell mit dem Niendorfer TSV einen Muskelabriss zu. Es begann die bisher größte sportliche Leidenszeit des Rechtsfußes, mit der er sich in seiner neuen Heimat Hamburg prompt konfrontiert sah. „Ich habe erst mit der Zeit realisiert, wie schlimm meine Verletzung ist. Und dann bin ich ehrlich gesagt in ein richtiges Loch gefallen“, sagt Pakia heute. „Es war offen, ob ich jemals wieder Leistungssport betreiben kann. Das konnte mir damals niemand so richtig beantworten. Diese Unsicherheit hat mich zwischenzeitig zermürbt.“

Der große Support, den er von seiner Familie und seinen Freunden in Dortmund sowie den Teamkollegen, Trainern und Betreuern an der Alexander-Otto-Akademie erhalten hat, halfen dem 19-Jährigen schließlich, einen neuen Kampfgeist zu entwickeln. Einen Kampfgeist, der ihn bis heute trägt. Und der ihn im Sommer des vergangenen Jahres kurzzeitig zurück auf den Platz katapultierte: Nachdem der Spielbetrieb in der U21 nach der coronabedingten Zwangspause wieder aufgenommen wurde, kam der genesene Pakia, der inzwischen für die älteste Nachwuchsmannschaft des HSV aufläuft, an den ersten vier Spieltagen der Regionalliga Nord/Gruppe Nord zu drei Einsätzen und steuerte beim 2:0-Erfolg der Rothosen in Altona gleich seinen ersten Assist bei. Dann aber der nächste Rückschlag: Muskelfaserriss. Was zunächst nach einer vergleichsweise harmlosen Verletzung klingt, entwickelte sich für Pakia erneut zum Langstreckenlauf. Ein Kontroll-MRT brachte die Gewissheit, dass nicht nur die Muskelfaser, sondern auch eine Sehne von der Verletzung betroffen war. „Also ging alles wieder von vorne los“, erinnert sich Pakia. „Komplette Pause, dann Reha, dann langsames Aufbauen. Zu dieser Zeit habe ich mich erneut viel mit der Frage beschäftigt, wieso mir das schon wieder passiert und ob ich eine Chance habe, noch einmal zurückzukommen.“

Und dennoch schaffte es der junge Offensivmann, sich immer wieder neu zu motivieren. Woher er die Kraft dafür zieht? Dafür nennt der 19-Jährige mehrere Gründe: „Es gab für mich in all diesen Phasen keinen Schlüsselmoment, an dem plötzlich eine Erleuchtung da war, die mir aus Tiefs rausgeholfen hätte. Irgendwann habe ich selbst einfach realisiert, dass es so nicht weitergeht. Dass ich raus muss aus dieser Trauer, dem Selbstmitleid. Das Leben geht doch weiter“, sagt Pakia. „Mir hat geholfen, dass ich mit meinen Trainern und Physios, vor allem mit Simone Lay, sehr viel über die Situation sprechen und meinen Frust loswerden konnte. Und: Ich kann mich grundsätzlich selbst sehr gut motivieren. Viele junge Spieler machen harte Verletzungen durch und schaffen es am Ende doch. Einer von ihnen möchte ich gerne sein. Das ist mein Ansporn.“
Die Stunden, die Pakia nicht im UKE oder den Krafträumen des Campus verbrachte, nutzte der Handelsschulen-Absolvent auch, um gemeinsam mit seinem besten Freund aus Dortmund seinen Jugendtraum zu realisieren und seine eigene Modemarke, „Zizou Clothing“, herauszubringen. Mittlerweile sind mehrere Kollektionen der Marke auf dem Markt, aus der Idee zweier Jugendlicher hat sich so in den zurückliegenden Jahren ein vielversprechendes Geschäftsmodell entwickelt. Auch im Campus macht die Modemarke längst die Runde. „Den Jungs hier habe ich unsere Hoodies und T-Shirts natürlich direkt ans Herz gelegt, ist doch klar“, sagt Pakia schmunzelnd. „Besonders cool fand ich aber neulich einen Jungen im Bus, der mir gegenüber saß und einen unserer Pullis trug. Da dachte ich ‚Krass, das ist echt real.‘“ Als zweites und gleichwertiges Standbein sieht Pakia das Modelabel aber nicht an. Vielmehr setzt der Mittelstürmer weiter auf die Karte Fußball und kämpft hartnäckig für sein erneutes Comeback. „Der Gedanke, das Modelabel voranzutreiben, kam sicherlich auch durch meine Verletzungen. Aber meine Priorität liegt ganz klar auf dem Rasen. Ich würde niemals eine Trainingseinheit für andere Themen verpassen. Wenn ich Training habe, habe ich Training. Da geht für mich nichts drüber.“
Im Gegenteil: Die zurückliegenden zwei Jahre haben dem jungen HSVer noch einmal verstärkt gezeigt, wie wertvoll die Zeit auf dem Fußballplatz für ihn ist. „Natürlich habe ich Fußball vorher auch schon geliebt. Aber ich habe weniger darüber nachgedacht, wie viel wert mir das Ganze ist. Und dass ich bereit bin, alles dafür zu geben, diesen Traum leben zu dürfen. Meine Leidenschaft ist jetzt in jeder Trainingseinheit, die ich absolvieren darf, noch viel größer.“ Sein Ziel hat der Stürmer dabei niemals aus den Augen verloren. „Ich bin hierher gewechselt, um mich weiterzuentwickeln, um den nächsten Schritt zu gehen.“ Im Winter strebt er nun sein erneutes Comeback an. Gerade auf Grund seiner Vorgeschichte lässt das Trainerteam der U21 aktuell noch Vorsicht walten, seit dem Vorbereitungsstart am 7. Januar aber steht Pakia wieder mit dem gesamten Team auf dem Rasen und bereitet sich auf die Rückkehr in den Ligabetrieb Mitte Februar vor. Und hat den Traum vom Profifußball weiter fest im Blick