
Interview
31.07.20
„Der HSV braucht eine Philosophie, die ohne Wenn und Aber gelebt wird“
Der neue Direktor Nachwuchs Horst Hrubesch äußert sich im HSV.de-Interview zu seinem Engagement beim HSV und zu seiner Einschätzung der Clubsituation.
hsv.de: Herr Hrubesch, Sie haben dem HSV die Zusage für Ihre Mitarbeit im sportlichen Bereich des Nachwuchsleistungszentrums gegeben und sind jetzt Direktor Nachwuchs. Wie kam es dazu?
Horst Hrubesch: Die handelnden Personen des HSV, allen voran Jonas Boldt, haben mir in zahlreichen Gesprächen die Gesamtsituation des Vereins dargestellt. Der Sportvorstand hat mir seine konzeptionellen Planungen in Bezug auf die zwingend erforderliche Neuausrichtung des Gesamtvereins dargestellt und mir in direkter Form eine Mitarbeit angeboten. Ich bin von Jonas und seinem Team absolut überzeugt und habe mich zweifelsfrei dazu entschieden, bei der ganzheitlichen Neustrukturierung mitzuwirken. Der HSV war und ist immer mein Verein. Im Bewusstsein der derzeitigen Situation werde ich versuchen, meinen Teil zur Verbesserung der sportlichen Gesamtsituation beizutragen.
Sie waren beim HSV ja auch schon vorher immer mal wieder im Gespräch. Warum hat es eigentlich nie geklappt?
Das hatte verschiedenste Gründe. Nun, da ich Rentner bin und eigentlich mit meiner Frau und Familie meine Freizeit genießen wollte, kommt es dann doch anders.

Wie betrachten Sie die Gesamtlage des Clubs?
In den letzten Jahren wurde vieles angekündigt, neue Ausrichtungen und Wege wurden eingeschlagen, an nahezu allen Stellschrauben wurde gedreht. Zahlreiche Trainer wurden verpflichtet und entlassen, Vorstände bestimmt und abberufen, Aufsichtsräte gewählt und abgewählt. Spieler, Kader und ganze Teams wurden ausgewechselt. Signifikante Änderungen, positive Entwicklungen blieben allerdings aus und nach Jahren des schleichenden Niedergangs folgte der Abstieg in Liga zwei. Hier wurden wieder Konzepte, handelnde Personen und ganze Philosophien erneuert, viel Geld investiert, um den sofortigen sportlichen Erfolg in Form des Wiederaufstiegs zu erreichen. Am Ende ist dies aber nun schon zweimal in Folge nicht gelungen. Daher muss die Gesamtlage sehr sachlich und klar angeschaut werden. Mahnende Beispiele anderer Clubs gibt es genug. Und allein die Hoffnung darauf, dass es schon irgendwie wieder aufwärts geht, wird nicht reichen, um eine Trendwende herbeizuführen.
Mit Ihnen werden nicht zuletzt aufgrund Ihrer DFB-Erfolge große Hoffnungen auf Besserung verbunden sein.
Wie gesagt, ich werde versuchen, meinen Teil dazu beizutragen. Aber hier und jetzt darf es endgültig nicht mehr um einzelne Personen, sondern nur noch um den HSV gehen. Das Motto „Nur der HSV“ beschreibt eigentlich alles. Was mich betrifft, möchte ich in allererster Linie die Vertreter der Medien bitten, den Schwerpunkt der aktuellen Berichterstattung nicht auf meine Person zu fokussieren.
Wie sehen Ihre Ideen aus, wo setzt ihr Beitrag für den Nachwuchsbereich an?
Der Hamburger SV braucht eine Philosophie, die ohne Wenn und Aber gelebt wird. Eine einheitliche sportliche Ausrichtung aller Teams, definierte Parameter bei der Ausrichtung und Vorgehensweise der Kaderzusammenstellungen. Dieser „Rote Faden“ bildet die unabdingbare DNA des Vereins. Nur im Schulterschluss aller Beteiligten, Gremien, Mitarbeiter, Mitglieder, Fans und Teams des HSV kann und wird es gelingen, die maßgeblichen Strukturen zu schaffen, diese zu verinnerlichen, zu verkörpern und letztendlich auch erfolgreich zu leben. Die Schaffung durchgängiger Abläufe im sportlichen Bereich, die Einführung genereller Systemorientierung im Trainingsbetrieb, sind genauso Voraussetzung wie die Identifikation und der Teamspirit aller HSV-Mannschaften untereinander. Und all das bedingt eine Grundlage: viel Fleiß, Arbeit, Geduld.
Vielen Dank für das Gespräch.