
Testspiele
15.08.18
Besonderer Gegner, besonderer Test
Zwischen Liga und Pokal empfängt der Hamburger SV am Mittwoch keinen geringeren als den deutschen Rekordmeister FC Bayern München zu einem Testspiel. Eine Partie mit besonderer Strahlkraft und ein Wiedersehen alter Weggefährten.
„Für den FC Bayern München zu spielen, ist ein Privileg“, sagt HSV-Angreifer Manuel Wintzheimer und muss es aus erster Hand am besten wissen. Der 19-jährige Sommerneuzugang des HSV spielte in den vergangenen fünf Jahren in der Jugend des deutschen Rekordmeisters. 28 Meistertitel, 18 Pokalsiege, etliche internationale Erfolge – der FCB ist der erfolgreichste Club im deutschen Profi-Fußball und dominiert mit sechs Meisterschaften in Serie seit Jahren die Bundesliga. Am Mittwochabend (Anstoß 18:00 Uhr) kommt es für Wintzheimer nun früher als gedacht zum Wiedersehen mit seinem alten Club. Zwischen dem Ligaspiel in Sandhausen (3:0) und dem Pokalspiel gegen Erndtebrück in Siegen am Samstag (Anstoß 18:30 Uhr) empfängt der HSV im Volksparkstadion die Münchener zum Testspiel (Tickets).
FCB in guter Frühform
Für die Rothosen ist es aufgrund der Strahlkraft des Gegners ein ganz besonderer Test, für die Bayern ist es die letzte Generalprobe, bevor es ebenfalls am Samstag (Anstoß 15:30 Uhr) in der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals bei der SV Drochtersen/Assel mit der Saison 2018/19 so richtig losgeht. Ihren Pflichtspielauftakt hatten die Bayern streng genommen bereits am Sonntag, als es im Supercup 2018 einen deutlichen 5:0-Erfolg beim Pokalsieger Eintracht Frankfurt gab. Ausgerechnet an seiner alten Wirkungsstätte setzte Bayerns neuer Trainer Niko Kovac eine erste Duftmarke mit seinem Star-Ensemble und holte seinen ersten Titel mit dem FCB. Ein Hattrick von Robert Lewandowski (21., 26., 54.) stellte die Weichen dabei vorzeitig auf Sieg. „Robert ist ein brutal guter Stürmer. Das habe ich jedes Mal mitbekommen, wenn ich bei den Profis trainieren durfte oder mit im Trainingslager war. Ich habe dabei versucht, viel von ihm zu lernen, mir Laufwege und Abschlüsse abzuschauen“, weiß Wintzheimer über die Stärken des polnischen Nationalspielers, um den sich in letzter Zeit immer wieder Wechselgerüchte rankten.
Kovac scheint den Starstürmer und sein Team wenige Tage vor dem Pokalspiel beim Regionalligisten bereits in guter Verfassung zu haben. Der Test beim Hamburger SV, für den der Kroate zwischen 1999 und 2001 als Spieler selbst 73-mal auflief, soll nun eine weitere Standortbestimmung darstellen. „Es ist unser letzter Test, die letzte Möglichkeit für einige Spieler, mir zu zeigen, dass sie zum Saisonstart in der Mannschaft stehen müssen. Der Konkurrenzkampf ist groß, jeder muss seine Chance nutzen“, erklärt Kovac im HSVlive-Stadionheft, das morgen Abend in 5.000-facher Stückzahl an die Zuschauer verteilt wird. Ob damals als Spieler oder heute als Trainer, Kovac gilt als leidenschaftlicher und hochprofessioneller Typ, der auf beiden Ebenen mit jener Einstellung erfolgreich war und ist. Die Eintracht übernahm er 2016 in einer fast aussichtslosen Position und bewahrte sie vor dem Abstieg. Zwei Jahre später führte er die Adler zum Pokalsieg. Dass sich nun der FC Bayern München um Sportdirektor Hasan Salihamidzic, der ebenfalls eine HSV-Vergangenheit besitzt, um die Dienste seines Ex-Spielers bemühte, kommt nicht von ungefähr – auch für Kovac ist es ein Privileg, für diesen Club zu arbeiten, weshalb er vorzeitig aus seinem Vertrag in Frankfurt ausstieg.
Reizvolle Aufgabe
Auf Seiten des Hamburger SV verknüpft man mit dem Glanz des FC Bayern München sowie den jüngsten Erfolgen von Trainer Kovac keine guten Erinnerungen. Gegen den Rekordmeister gab es in letzter Zeit zahlreiche Pleiten, Kovac fügte seinem Ex-Club zudem in der Vorsaison gleich zwei schmerzhafte Niederlagen zu (1:3 und 0:3). Besonders die Niederlage im Rückspiel am 33. Spieltag besiegelte in der Nachbetrachtung den erstmaligen Abstieg des HSV. Für Cheftrainer Christian Titz, der völlig unbelastet ins Match mit dem FC Bayern geht, sollen diese Befindlichkeiten am Mittwoch keinerlei Rolle spielen. „Wir treffen auf die beste Mannschaft Deutschlands und uns erwartet ein richtig schweres Spiel. Aber ich wäre kein guter Trainer, wenn ich mir Gedanken machen würde, in diesem Spiel eine Klatsche zu bekommen“, erklärt der 47-jährige Fußballlehrer. Getreu seines Naturells blickt er der Partie vielmehr mit einer positiven Vision gegenüber und freut sich auf eine sportlich spannende Aufgabe. „Wir werden in Spielsituationen hereinkommen, in denen wir uns anders positionieren müssen. In der Defensive gilt es, stabil zu stehen und in der Offensive, auch gegen einen so starken Gegner ein Stück weit das eigene Spiel aufzuziehen.“
Bei allem sportlichen Reiz werde man die Gelegenheit des Testspiels allerdings auch nutzen, um einen Großteil der Spieler einzusetzen. Dadurch erhoffen sich Titz und sein Trainerstab weitere Aufschlüsse über die Spieler, die zuletzt nicht viel zum Einsatz kamen. Einer von ihnen ist der eingangs bereits erwähnte Manuel Wintzheimer. Das Sturmtalent erzielte in der vergangenen Saison wettbewerbsübergreifend in 46 Spielen 41 Tore und hat zuletzt mit guten Trainingsleistungen auf sich aufmerksam gemacht, wie Titz erklärt: „Manuel ist ein sehr interessanter Spieler. Er haut sich im Training richtig rein, hat ein gutes Anlaufverhalten und einen guten Abschluss in der Box. Er stand bereits in Sandhausen kurz vor der Einwechslung, doch dann hat Mangala angedeutet, dass es für ihn nicht mehr weitergeht, so dass wir auf einer anderen Position getauscht haben.“
Wintzheimer, Kovac, Salihamidzic, Titz - auf sie alle warten eine besondere Partie. Genauso wie auf die mehr als 23.000 Zuschauer. „Letztlich stellt der Test auch für den Club selbst ein wichtiges Spiel dar“, erklärt Titz. „Ich hoffe, dass sehr viele Zuschauer ins Stadion kommen und uns so fantastisch wie in den vergangenen Wochen unterstützen.“