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HSV-Campus

20.07.16

"Wir dürfen auf die Emotionalisierung gespannt sein"

Im Interview mit HSV.de spricht Alexander Otto über den Zauber von Richtfesten, die emotionale Verbundenheit zur Nachwuchsförderung sowie über den Titel eines "Ehren-Schleusenwärters".

Bis zum Sommer 2017 entsteht direkt neben dem Volksparkstadion mit dem HSV-Campus die neue Heimat der HSV-Nachwuchsabteilung. Heute fand das Richtfest statt, zu dem rund 300 geladene Gäste auf das Gelände kamen. Unter ihnen auch der ehemalige HSV-Aufsichtsratsvorsitzende Alexander Otto, der das Campus-Projekt mit einer Spende in Höhe von zehn Millionen Euro zur Finanzierung der gesamten Bau- und Planungskosten fördert. HSV.de sprach mit dem Unternehmer über den Zauber von Richtfesten, die emotionale Verbundenheit zur Nachwuchsförderung und dem HSV sowie über den Titel eines "Ehren-Schleusenwärters".

HSV.de: Alexander Otto, können Sie noch rekapitulieren, auf wie vielen Richtfesten Sie in ihrem Leben gewesen sind?

Alexander Otto: Die ECE managt fast 200 Center und hat darüber hinaus eine Vielzahl an Gewerbeimmobilien im Nicht-Shopping-Bereich entwickelt. Von daher dürften es einige Richtfeste gewesen sein.

Wird ein so bedeutendes Event irgendwann Routine oder hat für Sie jedes Richtfest seinen eigenen Zauber?

Jeder Baufortschritt ist ein Anlass zum Feiern, weil dem ja eine intensive Planung vorausgeht. Das Richtfest ist insofern noch mal besonders, weil man hier erstmals eine klare Vorstellung über die räumliche Dimension des Projekts bekommt. Das wird auf den Plänen ja nicht ganz so deutlich.

Heute feiert der HSV gemeinsam mit Ihnen und Ihrem Unternehmen das Richtfest des Campus. Dass dieser Tag für Sie einen gewissen Zauber hat, steht wohl außer Frage…?

Otto: Dieses Richtfest ist natürlich aufgrund meiner persönlichen Bindung zum HSV ein ganz Besonderes für mich. Gemeinsam haben wir lange darauf hin geplant und vielfältige Bedarfe und Wünsche sind eingeflossen. Jetzt ist der Moment gekommen, da man das Zusammenspiel der einzelnen Funktionen erstmals erkennen kann.

Warum ist es für einen Verein wie den HSV so wichtig, dem Nachwuchs infrastrukturell und logistisch die besten Möglichkeiten zu bieten – und warum war es Ihnen persönlich so wichtig, dieses Vorhaben in großem Maße zu unterstützen?

Otto: Bernhard Peters hat mir seine Philosophie von professioneller Nachwuchsarbeit erläutert und sie hat mich beeindruckt. Mir liegt grds. die Nachwuchsförderung am Herzen – sie steht ja auch im Mittelpunkt meiner Sportstiftung. Der Nachwuchs ist die Basis für den Leistungs- und Profisport. Von daher war es mir wichtig dabei zu helfen, HSV-Nachwuchs und HSV-Profis hier im Volkspark zusammenzuführen und eine optimale Infrastruktur mit kurzen Wegen zu schaffen.

"Es entstehen professionelle Trainingsbedingungen für den Fußball-Nachwuchs und gleichzeitig wird der HSV-Breitensport gefördert."

Am 6. August des letzten Jahres wurde der Startschuss für den Bau des Campus gegeben. Seitdem ist offensichtlich viel passiert auf der Baustelle. Wie oft konnten Sie vorbeischauen und den Fortschritt der Bauarbeiten inspizieren – oder ist der letzte Internet-Klick des Tages der auf die Campus-Webcam?

Otto: Ich besuche regelmäßig die HSV-Heimspiele. Meine Besuche verbinde ich damit, mir ein aktuelles Bild vom Bau zu machen. Und wenn der nächste Besuch zu lange auf sich warten lässt, klicke ich auf die Web-Cam.

Sie haben damals gesagt, Ihre Spende im Umfang von zehn Millionen Euro sei eine große Herzensangelegenheit für Sie. Warum sind Sie dem HSV so emotional verbunden und welche Rolle spielt die Gemeinnützigkeit des Projektes in diesem Zusammenhang?

Otto: Von kleinauf bin ich HSV-Fan. Daran hat auch die Zeit, die ich in Bayern verbracht habe, nichts geändert. Wir haben das Konstrukt meiner Sportstiftung als Eigentümerin der Volksbank Arena kopiert: Die gemeinnützige HSV-Campus GmbH vermietet den von ihr gebauten Campus und fördert mit den Mieterträgen Projekte im gemeinnützigen HSV e.V. Das Schöne ist der doppelte Nutzen: Es entstehen professionelle Trainingsbedingungen für den Fußball-Nachwuchs und gleichzeitig wird der HSV-Breitensport gefördert.

Herr Otto, was genau macht eigentlich ein „Ehren-Schleusenwärter“?

Otto: Das ist eine Hamburgensie: Diesen Titel bekommen Menschen in Hamburg verliehen, die sich für die Gesellschaft engagieren und im übertragenen Sinn Schleusen öffnen – also durch Förderungen Wege bereiten.

In diesem Jahr wurden Sie zum Ehren-Schleusenwärter geehrt. Was empfindet jemand wie Sie, wenn praktisch gleichzeitig innerhalb weniger Monate die Hamburger Bevölkerung den Olympischen Spielen eine Absage erteilt und bedeutende Hamburger Bundesliga-Mannschaften aus anderen Sportarten wie Eishockey, Handball und Volleyball ihren Spielbetrieb einstellen müssen?

Otto: Geehrt wurde das Stiftungsengagement meiner Frau und mir insbesondere für die Modernisierung der Hamburger Kunsthalle und Bereitstellung von Medizincontainern für die Behandlung von Flüchtlingen. Die Ehrung hat uns sehr gefreut. Die Rückschläge für den Hamburger Sport haben mich ehrlich gesagt in ähnlicher Weise negativ getroffen. Gerade die Olympia-Absage hat mich lange beschäftigt. Immerhin ist uns der Fortbestand des HSV Hamburg und VT Hamburg gelungen – wenn auch nicht in der 1. Liga.

"Der HSV ist ein Aushängeschild der Stadt"

Wo liegt das Kernproblem in dieser Stadt? Sind es die Menschen, die zu wenig Zutrauen in die Politik und Verbände haben oder ist es die Wirtschaft, die sich im Sport zu wenig engagiert?

Otto: Bei den Freezers, HSV Hamburg und VT Aurubis war das Problem, dass man zu stark von einem Unternehmen oder Unternehmer abhängig war. Ziel der Vereine muss es sein, sich breiter aufzustellen, um den Wegfall eines Förderers besser kompensieren zu können. Im Handball, Volleyball und auch bei den Cyclassics erleben wir gerade, dass es der Unterstützung aus der Wirtschaft nicht mangelt. Beim Olympia-Referendum kamen mehrere Faktoren zusammen, die für ein negatives Umfeld gesorgt haben: Terrorangst, Doping- und Bestechungsskandale im Sport oder die Flüchtlingssituation. Aber offenbar waren auch nicht allen Menschen die Chancen der Spiele bewusst

Machen Sie sich Sorgen um die „Sport-Stadt-Hamburg“? Und: Ist Hamburg für Sie überhaupt noch eine Sport-Stadt?

Otto: Hamburg hat noch immer viele Großevents, um die uns andere Städte beneiden: Marathon, Triathlon, Cyclassics, Galopp- und Springderby, Rothenbaum-Turnier. Und dazu kommt das Aushängeschild HSV. Wir müssen uns aber überlegen, wie man auch darüber hinaus Sportarten nach vorne bringt, die über keine so große Marketingplattform verfügen. Denn sie sind wichtig für die Motivation zum aktiven Sport – gerade bei Kinder und Jugendlichen.

Wenn Ihnen eine gute Fee drei Schleusen für die Stadt öffnen könnte, welche würden Sie sich dann wünschen?

Otto: Mein zentrales Anliegen besteht im Moment darin, dass uns die Integration der Flüchtlinge gelingt. Das ist auch wichtig für den Erhalt unseres sozialen Friedens. Hier leistet der Sport bereits wertvolle Arbeit. Aber das allein reicht natürlich nicht, um diese große Aufgabe zu meistern. Und für die anderen beiden Schleusen lasse ich der Fee freie Hand.

Und welche Schleusen würden Sie für den HSV öffnen wollen?

Otto: Für den HSV wünsche ich mir, dass wir uns weiter stabilisieren, die Mannschaft weiterentwickeln und in der Tabelle vorarbeiten. Dabei ist es wichtig, auch auf den Nachwuchs zu setzten. Der beschrittene Weg ist richtig.

Abschließend noch eine Frage zum Campus: Heute war das Richtfest, in einem Jahr sollen die Talente einziehen. Was wird also in den kommenden Monaten auf der Baustelle passieren?

Otto: Der Rohbau ist weitgehend fertig gestellt. Jetzt geht es an den Innenausbau und die Fassadenausgestaltung. Also folgt jetzt die Emotionalisierung des Gebäudes. Auch darauf dürfen wir gespannt sein.