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05.06.20
Leibold: "Im Endspurt zählt der Wille"
Tim Leibold ist vor zwei Jahren mit dem 1. FC Nürnberg in die Bundesliga aufgestiegen und nimmt in dieser Saison eine Schlüsselrolle im HSV-Spiel ein. Im HSV.de-Interview erklärt der Linksverteidiger, worauf es im Endspurt für die Rothosen ankommt.
Einmal kurz nimmt er den Kopf hoch, flankt anschließend von der linken Seite in den Strafraum und kann sich Sekunden später über seinen 14. Assist in der laufenden Zweitliga-Saison freuen. Tim Leibold hat soeben das 2:1 von Joel Pohjanpalo im Heimspiel gegen den SV Wehen Wiesbaden vorbereitet und damit den Weg für den hart erkämpften Arbeitssieg (3:2) bereitet. Wieder einmal war „Leibe“, wie er von seinen Teamkollegen gerufen wird, entscheidend am Erfolg der Rothosen beteiligt. Seit seinem Wechsel vom 1. FC Nürnberg zum HSV im vergangenen Sommer ist der Linksverteidiger ein Muster an Konstanz: Der gebürtige Böblinger (Baden-Württemberg) verpasste keine einzige Spielminute in den 31 Pflichtspielen und liegt mit seinen 14 Torvorlagen ligaweit auf Rang 1 in dieser Statistik. Logisch, dass die Stimme von Leibold innerhalb des Teams schnell an Gewicht gewonnen hat. Auch im HSV.de-Interview zeigt der 26-Jährige klare Kante und erklärt, worauf es im Endspurt, der mit dem Heimspiel gegen Holstein Kiel am kommenden Montag (8. Mai, Anstoß: 20.30 Uhr) beginnt, ankommt.
Tim, mit einer Willensleistung habt ihr das Spiel gegen den SV Wehen Wiesbaden mit 3:2 gewonnen. Was könnt ihr aus dieser Partie für den Rest der Saison mitnehmen?
Vor allem Vertrauen. Wir haben im Prinzip einen nicht so guten Tag erwischt und waren trotzdem in der Lage, einen unangenehmen Gegner zu schlagen. Die Englische Woche hat mit dem Unentschieden gegen Bielefeld und der Stuttgart-Niederlage viel mentale Frische gekostet, aus dem Sieg konnten wir daher jetzt wieder Kraft ziehen. Wir haben vorher dreimal gut gespielt und nur zwei Punkte geholt, jetzt war es mal nicht so berauschend, dafür haben wir aber gewonnen. Das sollte im Kopf einiges lösen.

Insgesamt stehen nach dem Re-Start fünf Punkte aus vier Spielen zu Buche. Wie würdest du die Phase zusammenfassen?
Obwohl die Ergebnisse das nicht unbedingt wiederspiegeln, haben wir als Mannschaft einen Schritt nach vorn gemacht. Das hat mit dem ordentlichen Spiel gegen Fürth begonnen, welches wir ebenso wie die Partien gegen Bielefeld und Stuttgart weitestgehend kontrolliert haben. Wir haben es leider nicht hinbekommen, den richtigen Mix aus dem finalen Punch und dem Absichern des Ergebnisses zu finden. Deswegen haben wir dann auch die ärgerlichen Gegentore bekommen, die in der Form natürlich nicht fallen dürfen. Dennoch sehe ich uns auf einem besseren Weg als vor der Corona-Pause, da wir fußballerisch anders auftreten.
Anders gestalten sich momentan auch die Spieltage. Inwiefern haben sich die Spiele inhaltlich und stimmungstechnisch aus deiner Sicht verändert?
Auf der taktischen Ebene hat sich in meinen Augen nicht viel verändert. Wir Spieler nehmen vielleicht einige Details eher wahr, weil drumherum nicht so viel passiert. Natürlich fehlen die Fans, vor allem in den Heimspielen, wenn es mal nicht so gut läuft. Insgesamt hätte ich es mir seltsamer vorgestellt, bin aber dennoch froh, wenn die Anhänger wieder in die Stadien dürfen. Der Fußball lebt von den Fans.
Du sprichst die HSV-Fans an. Wie nimmst du die Unterstützung der Menschen im Hamburg wahr?
Da ich in den sozialen Medien nicht so vertreten bin, bekomme ich diesbezüglich nicht so viel mit. Wenn ich aber beim Bäcker oder im Supermarkt bin und mit HSV-Fans spreche, dann wird uns viel Mut zugesprochen. Die Leute erzählen mir, wie sie die Spiele mit der ganzen Familie verfolgen und uns die Daumen drücken. Natürlich gibt es auch Kritiker, insgesamt ist die Unterstützung aber überragend.
Du hast seit deinem Wechsel zum HSV im vergangenen Sommer jedes der 31 Pflichtspiele über die volle Distanz bestritten. Wie sieht es mit deinen Kraftreserven für den Endspurt aus?
Ich fühle mich frisch. Die Englische Woche war knackig, da musste ich auch mal durchatmen. Ansonsten bin ich aber sehr froh, dass ich auch von kleineren Verletzungen verschont geblieben bin. Ich ziehe aus den Spielen enorm viel Kraft, weil ich da immer im Rhythmus bleibe. Natürlich hoffe ich, dass ich auch in den letzten fünf Spielen auf dem Platz stehen kann. Ich bin voller Tatendrang.

Du bist mit dem 1. FC Nürnberg vor zwei Jahren in die Bundesliga aufgestiegen. Auf welche Faktoren wird es im Saisonfinale der 2. Bundesliga ankommen?
Jetzt zählt der Wille. Wir waren damals mit Nürnberg auch nicht über die gesamte Saison hinweg konstant, haben im Endspurt aber gezeigt, dass wir den Aufstieg unbedingt schaffen wollen. Darauf wird es jetzt auch ankommen. Wenn wir vom Kopf her ruhig bleiben und als Einheit auf dem Platz zusammenstehen, dann können wir es schaffen. Das führe ich mir immer wieder vor Augen. Es gibt fast nichts Geileres als aufzusteigen.
Mit Dieter Hecking habt ihr einen äußerst erfahrenen Cheftrainer an der Seitenlinie. Kann er letztendlich den Ausschlag geben?
Wir können uns glücklich schätzen, dass Dieter Hecking Cheftrainer beim HSV ist. Er bringt alles mit. Auch für ihn war es kein einfaches Jahr, das hat viel Kraft gekostet. Trotzdem ist er voller Tatendrang und peitscht uns nach vorne. Er will um jeden Preis in die Bundesliga und lebt uns das vor. Wenn wir uns an seinem Willen orientieren, dann haben wir gute Chancen.
Das Hinspiel gegen Holstein Kiel war hart umkämpft, erst in der 91. Minute gelang dem HSV der 1:1-Ausgleich. Was erwartet euch am kommenden Montag?
Es ist eigentlich egal, welcher Gegner jetzt kommt. Jedes Spiel im Saisonfinale wird extrem schwierig. Jetzt zählt vor allem die Mentalität. Wir müssen defensiv zusammen verteidigen, vorne kann uns eigentlich immer ein Tor gelingen. Natürlich wollen wir guten Fußball spielen, am Ende geht es aber jetzt nur noch um die drei Punkte.