
Interview
09.07.23
Meffert: „Wir werden wieder bereit sein!“
Im HSV.de-Interview spricht Mittelfeldspieler Jonas Meffert über die vergangene Relegation, das Mindset für die laufende Vorbereitung und die kommende Zweitliga-Saison.
Es ist keine leichte Situation: Nach dem verpassten Bundesliga-Aufstieg eröffnen die Rothosen 53 Tage nach dem Relegations-Rückspiel gegen den VfB Stuttgart die Zweitliga-Saison 2023/24 gegen den FC Schalke 04. Jonas Meffert und die Rothosen nehmen die Herausforderung dieser Tage im Trainingslager in Kitzbühel an, sich trotz einer nur 23-tägigen Pause bestmöglich auf das Auftaktspiel und die neue Spielzeit vorzubereiten. Und zwar sowohl körperlich als auch mental. Wie diese Aufgabe gemeistert werden soll und warum hierfür sowohl die Bekenntnisse von Robert Glatzel und Ludovit Reis zum Club als auch neue Gesichter und generell das einzigartige HSV-Umfeld helfen, das verrät der 28-jährige Mittelfeldspieler im großen HSV.de-Interview.

HSV.de: Meffo, vor rund vier Wochen habt ihr noch in der Relegation gegen den VfB Stuttgart gespielt. Nun sitzen wir hier in Kitzbühel, wo ihr euch auf die neue Saison vorbereitet. Hand aufs Herz: Wie schwierig ist es für dich, den Spagat zwischen den beiden Spielzeiten hinzukriegen?
Jonas Meffert: Ich habe ja schon mehrere Relegationen hinter mir und dieses Mal fiel es mir schon sehr schwer. So ehrlich muss man sein. Wenn ich überlege, wie viele Siege und Punkte wir in der vergangenen Saison eingefahren haben und wie die Wochen vor dem Saisonfinale verliefen, dann tat und tut es einfach weh, das große Ziel verpasst zu haben.
Haben sich die beiden Relegations-Niederlagen mit dem HSV für dich unterschiedlich angefühlt?
Ja, irgendwo schon. Gegen Hertha lagen wir nach 90 Minuten vorn und jeder hatte das Gefühl, dass wir es schaffen werden. Doch dann wurden wir im Rückspiel nach wenigen Minuten zurück in die Realität geholt und haben unsere Energie verloren. Gegen Stuttgart war es so, dass wir eigentlich aussichtslos zurücklagen, aber noch alle dran geglaubt haben - vor allem die Fans. Wir haben dann eine unserer besten Halbzeiten gespielt, sind in Führung gegangen und haben die Stuttgarter nochmal richtig ins Grübeln gebracht. Leider haben wir es nicht über die 90 Minuten zeigen können. Ich bin trotzdem mega-froh, dass ich diese Spiele spielen durfte. Das Hinspiel in Berlin, das Rückspiel gegen Stuttgart – solche Spiele werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Und auch alle Menschen, die dabei waren, werden das in Erinnerung behalten. Es gehört zum Sport leider dazu, dass am Ende eine Mannschaft gewinnt und eine verliert.
"Solche Spiele werde ich mein Leben lang nicht vergessen."
Für dich war es bekanntlich die vierte verlorene Relegation. Wie hast du das aufgearbeitet?
Ich habe mit meiner Familie und Freundin über die Saison geredet und versucht, das Positive zu sehen. Es war für mich jetzt viermal so, dass wir eine überragende Saison gespielt haben und leider jedes Mal der Aufstieg gefehlt hat. Das tut weh und gibt einem zugleich sofort immer ein Ziel für die nächste Saison.
Inwieweit gab es für dich in der kurzen Sommerpause Zeit, um auch mal den Kopf frei vom Fußball zukriegen?
Ich war eine Woche auf Sardinen. Eine schöne Insel, dir mir noch unbekannt war. Ich habe dort noch ein, zwei Tage gebraucht, um wirklich abzuschalten, aber am Ende ist mir das in der dortigen Atmosphäre gut gelungen. Zudem habe ich meine Familie und meine Freunde in Köln besucht. Dort gab es ein paar lieb und aufmunternd gemeinte Kommentare und ansonsten rede ich in diesem Umfeld kaum über Fußball. Ich habe die Zeit genutzt, um mit meinen Jungs, die ich schon seit Ewigkeiten kenne, eine schöne Zeit zu haben. Wir haben das sommerliche Wetter genutzt, waren viel draußen in der Südstadt unterwegs und wie immer auch auf dem Basketballplatz, wenn es nicht zu heiß war. Heimatbesuche sind einfach immer die beste Ablenkung.

Richten wir den Blick nach vorn: Mit Ludovit Reis und Robert Glatzel haben sich zwei Leistungsträger während der Sommerpause zum HSV bekannt. Wie hast du diese News aufgenommen?
Ich lege während des Urlaubs eigentlich immer mein Handy weg und auch meine Freundin schaut nur ab und zu mal drauf. Während der sieben Tage auf Sardinen hat sie zweimal richtig laut geschrien, und das war bei den Nachrichten rund um „Ludo“ und „Bobby“. Das hat mich richtig gefreut und mir einen enormen Motivationsschub gegeben. Bei Ludo hätte ich nicht gedacht, dass ich noch einmal mit ihm zusammenspielen darf. Bei „Bobby“ hatte ich es etwas im Gefühl, aber ich hätte es auch verstanden, wenn er sich für etwas anderes entschieden hätte.
"Das hat mich richtig gefreut und mir einen enormen Motivationsschub gegeben."
Hinzu kommen mit Pherai, Öztunali, Ramos und Hadzikadunic bisher vier Neuzugänge. Wie ist dein erster Eindruck von ihnen?
Mit Levin habe ich schon in Leverkusen zusammengespielt. Auch hier habe ich mich richtig gefreut, als ich von seinem Wechsel erfahren habe. Er ist super bodenständig, ein netter Typ und harter Arbeiter – das passt perfekt zu unserer Mannschaft. Auch bei Immanuel und Gui kann ich nach den wenigen bisherigen Tagen nur bestätigen, dass sie gut in unsere Mannschaft passen und vor allem auch gute Laune und neue Frische ins Team bringen. Gleiches erhoffen wir uns von Dennis, der aber morgen erst zum Team stößt. Es ist nach so einer Saison auch einfach wichtig, ein paar neue Gesichter zu sehen. Es tut gut, wenn vier, fünf neue Spieler dabei sind, die richtig Bock haben und noch nicht das erlebt haben, was einige von uns hinter sich haben.
Ihr nehmt zugleich mit dem Trainerteam sowie weiten Teilen der Mannschaft den dritten gemeinsamen Anlauf. Inwieweit ist es ein Vorteil, dass ihr gemeinsam gewachsen seid und auf so vielen Dinge aufbauen könnt?
Das ist sicherlich ein Vorteil, wie die Vorsaison gezeigt hat. Damals sind wir sehr gut in die Saison gestartet, weil wir uns und das Spielsystem bereits kannten. Ich denke, dass es immer ein Vorteil ist, wenn man schon eingespielt ist und seine Abläufe kennt. Zugleich muss man aber auch darauf achten, dass nicht alles zur Gewohnheit wird. Dafür helfen wie gesagt unter anderem die Neuzugänge.

Seit einer Woche läuft nun die Vorbereitung auf die neue Saison 2023/24. Worauf wird es in dieser Zeit ankommen?
Wir sollten wieder daran arbeiten, weniger Gegentore zu bekommen. Es hat uns über eineinhalb Jahre ausgezeichnet, dass wir die beste Abwehr der 2. Liga hatten. Das ist im letzten halben Jahr etwas verloren gegangen. Daran werden wir sicherlich arbeiten müssen. Zugleich können wir die Konsequenz vorn noch weiter verbessern. Wir erarbeiten uns viele Chancen, schießen viele Tore, haben vorn eine Menge Qualität und dennoch kann man immer noch besser werden. Wir wollen also an ein paar offensichtlichen Schwächen arbeiten und zugleich die Stärken stärken.
"Es ist einfach unfassbar, welche Stimmung und Energie in diesem Stadion entstehen kann."
Das waren nun die sportlichen Gesichtspunkte, wie nimmst du darüber hinaus innerhalb der Mannschaft die Stimmung und Vorfreude auf die neue Saison wahr?
In den ersten Tagen war es ehrlicherweise nicht leicht, wieder reinzukommen. Ich weiß aber, dass uns diesbezüglich die Fans sehr viel geben. Bei den ersten Trainingseinheiten waren bereits mehrere hundert Fans vor Ort, darunter sehr viele Kids. Das freut einen immer enorm. Dann sieht man hier im Trainingslager, wie viele Fans die Reise wieder mit uns antreten. Spätestens zum Ende der Vorbereitung, beim Gastspiel in Glasgow und der Saisoneröffnung im Volkspark ist bei jedem von uns die Vorsaison abgehakt. Dann werden wir wieder bereit sein und richtig, richtig Bock haben, vor diesen Zuschauern in diesem Stadion zu spielen. Wir waren jetzt kürzlich mit der Mannschaft beim „The Weeknd“-Konzert und es ist einfach unfassbar, welche Stimmung und Energie in diesem Stadion entstehen kann. Es war cool, das auch mal von oben von der Tribüne aus zu sehen. Es braucht sich also keiner Sorgen zu machen: Wir werden sehr heiß auf das erste Spiel sein und direkt alles geben, um gegen Schalke die ersten drei Punkte der Saison zu holen.
Das Auftaktspiel ist ein gutes Stichwort: Wie vor zwei Jahren kommen mit Hertha BSC und dem FC Schalke 04 zwei Schwergewichte aus der Bundesliga herunter. Dazu setzen einige Clubs wie bspw. Hannover 96 und Fortuna Düsseldorf ebenfalls auf Kontinuität. Wie schätzt du die Liga insgesamt ein?
Es ist zu diesem Zeitpunkt sehr schwierig eine genaue Prognose abzugeben, da die Kader der Teams noch nicht komplett sind, aber generell kann man sagen, dass es eine sehr, sehr schwierige Liga ist, um aufzusteigen. Doch gerade darauf haben wir Bock. Es ist in dieser Saison vielleicht nicht so, dass die Mannschaften beim HSV das Spiel ihres Lebens vor sich haben, sondern sie müssen genauso auf Schalke und in Berlin ran. Dieser Druck könnte sich etwas verteilen und ein Vorteil für uns sein. Am Ende ist es eine sehr, sehr geile Liga mit ganz vielen Traditionsclubs und vielen attraktiven Duellen. Auf diese 2. Liga werden sich alle freuen.
Abschließend: Mit Max Kruse und Lars Stindl bereichern auch zwei sehr namhafte Gesichter der Bundesliga die 2. Liga. Wie überrascht warst du von diesen Transfers?
Bei Lars Stindl konnte man sich diesen Wechsel denken, da es für ihn zurück in die Heimat geht. Das erinnert mich etwas an Finn Bartels bei Holstein Kiel. Auch bei Max Kruse gab es schon länger Gerüchte, dass er bereit wäre, zu einem Zweitligisten zu gehen. Mich wundern diese Schritte daher nicht, da die 2. Liga einfach sehr attraktiv geworden ist. Für uns ist es natürlich besonders, dass diese Spieler die Liga zusätzlich bereichern. Ich denke, es freuen sich alle, gegen Max Kruse zu spielen.