
Vorbericht
08.06.20
Mit kühlem Kopf gegen kühne Kieler
Der HSV kann im Top-Spiel des 30. Zweitliga-Spieltags mit einem Heimsieg über Holstein Kiel wieder auf Platz 2 klettern. Doch dafür muss ein spielstarker Gegner geknackt werden.
Im Hinblick auf den 30. Zweitliga-Spieltag hatte der Hamburger SV bisher die Zuschauerrolle inne und sah, wie die Konkurrenz aus Bielefeld (1:1 gegen Nürnberg), Stuttgart (0:0 gegen Osnabrück) und Heidenheim (1:2 in Hannover) an den vergangenen beiden Tagen unisono Punkte im Aufstiegsrennen liegen ließ. Heißt: Die Rothosen, die am heutigen Montagabend mit dem Heimspiel gegen Holstein Kiel (ab 20.15 Uhr live im HSVnetradio) ihrerseits aktiv ins Geschehen eingreifen und den Spieltag beenden, können mit einem Sieg wieder auf Platz 2 der Tabelle springen. Eine Position, die die Hamburger übrigens nach 14 der bisherigen 29 Spieltage belegten (darüber hinaus achtmal Erster, sechsmal Dritter und einmal Siebter).
„Es nützt nichts, auf die anderen Ergebnisse zu schielen. Wir müssen am Montag unsere Aufgabe lösen“, weiß Trainer Dieter Hecking, dass auf seine Mannschaft ganz ungeachtet der anderen Ergebnisse ein hartes Stück Arbeit wartet und das nächste Teilziel kein Selbstläufer wird. Denn die Kieler Störche befinden sich seit ihrem Trainerwechsel nach dem 7. Spieltag – auf Andre Schubert folgte Ole Werner – auf einem guten spielerischen Niveau, holten seither 33 Punkte und damit nur drei Zähler weniger als die Rothosen. Zudem treten die norddeutschen Nachbarn aus dem rund 100 Kilometer entfernten Kiel personell beinah mit voller Mannschaftstärke im Volkspark an. So muss Werner mit Janni Serra lediglich auf den Hinspiel-Torschützen zum zwischenzeitlichen 1:0 (1:1) verzichten. „Holstein Kiel wählt den fußballerischen Ansatz und ist nicht nur im Umschaltspiel, sondern auch aus dem normalen Spielaufbau heraus gefährlich. Ole Werner lässt attraktiven Fußball spielen, in meiner Wahrnehmung wird dort ein richtig guter Job gemacht“, zollte Hecking seinem mit 32 Jahren jüngsten Trainerkollegen im deutschen Profifußball im Vorfeld des Spiels Respekt. Der HSV-Trainer macht zugleich aber auch Schwachstellen im Spiel der Kieler aus und betont: „Verwundbar sind sie vor allem in der Defensive. Dort sehe ich Ansätze für uns, dass wir sie packen können.“ In der Tat trifft die beste Offensive der Liga auf die sechsschwächste Defensive. Während der HSV durch 15 verschiedene Torschützen bereits 55-mal ins Schwarze traf, kassierte die KSV bereits 46 Gegentore. Vor Beginn des 30. Spieltags waren nur der Karlsruher SC (47 Gegentore) und der 1. FC Nürnberg (49) in der Deckung noch anfälliger.
"Es wird nicht immer die Tagesform entscheiden, sondern vor allem der Kopf" Dieter Hecking
Schlicht in den zweifellos gefährlichen HSV-Offensivgang zu schalten, hat der Hecking-Elf in dieser Saison aber nicht immer uneingeschränkt geholfen. Vielmehr wird es wie zuletzt in den nervenaufreibenden Spielen seit dem Corona-bedingten Re-Start gegen Fürth (2:2), Bielefeld (0:0) Stuttgart (2:3) und Wiesbaden (3:2) nicht nur auf die richtige Mischung zwischen Offensive und Defensive, sondern auch auf den Umgang mit der Spielsituation bei Führung, Rückstand und Gleichstand ankommen. „Es wird nicht immer die Tagesform entscheiden, sondern vor allem der Kopf“, weiß Hecking, dessen Mannschaft allein in den vergangenen beiden Punktspielen in puncto Emotionen permanent Achterbahn fuhr. Der jüngste 3:2-Heimsieg gegen Wiesbaden untermauerte dabei einmal mehr die Nehmerqualitäten der Rothosen, die zum neunten Mal nach einem Rückstand punkteten und in diesem Fall die Zähler 13 bis 15 nach diesem Szenario einfuhren. Um gegen die überdurchschnittliche Offensive der Kieler (45 Treffer, Rang 4 vor Beginn des 30. Spieltags) standzuhalten, kann Hecking personell mit Ausnahme von Ewerton und Khaled Narey (beide Knieprobleme) aus dem Vollen schöpfen und mit Gideon Jung und Jan Gyamerah wieder auf zwei zusätzliche Verteidiger zurückgreifen, die in den vergangenen Punktspielen verletzungsbedingt fehlten. "Wir haben noch schwere Spiele vor der Brust, daher bin ich über jeden Spieler froh, der uns mit seinen Qualitäten zur Verfügung steht", sagt Hecking. Wohl wissend, dass jeder kühle Kopf seiner Mannschaft in der bevorstehenden, heißen Saisonschlussphase helfen wird.