
Nachbericht
13.06.20
Dreier in Dresden: Mit Rückenwind ins Finale
Das späte Siegtor und der 1:0-Erfolg am Freitagabend in Dresden sollen dem HSV den nötigen Schub geben für die Englische Woche vor dem Saisonfinale.
Den normalen Zeitplan hatten sie von vornherein umgeworfen. Normal gibt es momentan nämlich nicht. Drei Spiele sind es nur noch in dieser Saison, die nun mit einer Englischen Woche das große Finale einläutet. Deshalb stand bereits vor der Reise nach Dresden fest: keine freien Tage am Wochenende, stattdessen Training an allen Tagen, totaler Fokus auf die letzten Partien - in die der HSV nun mit Rückenwind startet. Der 1:0-Sieg am Freitagabend bei Dynamo Dresden war zwar ein hartes Stück Arbeit gewesen, doch gegen größtenteils sehr tief und massiv verteidigende Gastgeber hatte es nicht viel Raum zum Glänzen gegeben. Glücklicherweise hat der HSV derzeit einen Mann in seinen Reihen, der nicht viel Raum benötigt: Joel Pohjanpalo schlug – umringt von Dresdner Gegenspielern – bereits zum sechsten Mal im sechsten Spiel nach der Corona-Pause zu und sorgte für den Siegtreffer. Unweigerlich wurde der Finne damit zum Mann des Spiels.

Das Zauberwort lautet: Zusammenhalt
Einer, der diesen Titel auch verdient gehabt hätte, ist eigentlich eher für die feine Klinge bekannt, doch zur Crunchtime des Saisonendspurts glänzt der Käpt`n nicht nur als Ballverteiler und Offensivinitiator: Aaron Hunt hatte zwar während der 90 Minuten auch die meisten Ballkontakte aller Akteure und bereitete zudem die meisten Torschüsse vor, doch noch entscheidender waren zwei Szenen, die unweit seines eigentlichen Aktionsradius‘ stattfanden: Quasi rund um die 90 Minuten herum nämlich hatte der Routinier im eigenen Strafraum zwei Mal entscheidend den Fuß im Spiel, als er kurz nach Spielbeginn erst einen möglichen frühen Rückstand und in der Nachspielzeit einen drohenden späten Ausgleich verhinderte. „Wir pushen uns alle gegenseitig“, hatte der zweite Hamburger Routinier, Martin Harnik, nach dem Spiel betont – Hunt hatte dies an diesem Tag verbal, aber eben auch mit Körpersprache und Einsatz getan und stand damit sinnbildlich für die Mannschaft des HSV.
Die hatte gerade in der zweiten Halbzeit auch Phasen, in denen es spielerisch nicht so gut klappte wie noch im ersten Durchgang, als einzig die Chancenverwertung Anlass zur Kritik gab. Dennoch hatten die Rothosen die Ruhe behalten, auch nach den „tragischen Spielverläufen der letzten Wochen“ (Harnik) großen Zusammenhalt gezeigt und weiter auf das eine entscheidende Tor hingearbeitet und -gespielt – und sich dieses aufgrund „einer sehr geschlossenen Mannschaftsleistung“ auch verdient, wie Trainer Dieter Hecking die 90 Minuten einordnete. Viele gute Offensivaktionen hatte er gesehen, aus denen zu wenige Tore resultierten. Doch dies ließ sich an diesem Tag verschmerzen, da der HSV das erste Mal seit dem August 2019 wieder ein Auswärtsspiel ohne Gegentor absolvierte. „Ein großes Lob an die Abwehr“, gab auch Siegtorschütze Pohjanpalo die Blumen an die Kollegen weiter, die dieses Mal hinten nichts anbrennen ließen – notfalls unter Mithilfe des Kapitäns.

Mit Rückenwind in die restlichen Spiele
Doch nach dem Spiel ist bekanntlich vor dem Spiel. Und das nächste findet bereits in drei Tagen am Dienstagabend gegen den VfL Osnabrück statt, allerdings ohne einen der Lob-Empfänger: Innenverteidiger Rick van Drongelen sah in Dresden die 5. Gelbe Karte und wird gesperrt fehlen. Dafür ist einer seiner Abwehrkollegen endgültig und vollständig zurück: Jan Gyamerah kam nach seinem Wadenbeinbruch erstmals wieder zum Einsatz, fügte sich nahtlos ein und war einer der ersten Torgratulanten: „Für mich persönlich war es super schön, wieder auf dem Platz zu stehen, und dass wir dann auch noch durch Joels spätes Tor gewonnen haben, machte es umso besser.“ Ja, die späten Tore – aktuell scheinen die in Spielen mit HSV-Beteiligung immer ein Thema zu sein. Dieses Mal fiel es glücklicherweise auf der richtigen Seite und bugsierte den HSV zumindest über Nacht wieder auf den 2. Tabellenplatz.
Doch Tabellenplatz hin oder her, jetzt geht es in den verbleibenden drei Spielen nur noch um Ergebnisse. Und da interessieren die aktuellen Tabellenstände ohnehin nicht. Auch hierfür diente das Spiel beim Tabellenletzten aus Dresden als Paradebeispiel. „Es gibt keine leichten Spiele“, hatte Hecking im Vorwege davor gewarnt, Dynamo nur auf den Tabellenplatz zu reduzieren – und behielt Recht. Eklig, unangenehm, zweikampstark und gut im Umschaltspiel können in dieser 2. Liga alle Teams sein. Das gilt selbstverständlich auch für den VfL Osnabrück, der als Aufsteiger fünf Punkte vor dem Relegationsplatz rangiert und der dem HSV im Hinspiel eindrucksvoll demonstrierte, wie unangenehm er an einem guten Tag sein kann. Darauf werden sich Hecking und sein Team ab heute vorbereiten. Bis Dienstagabend wird durchgearbeitet. Damit der Rückenwind noch ein paar Windstärken hinzugewinnt.