
Trainingslager
25.08.20
Vom Ball Auffressen, richtig Abstoßen und niemals Aufgeben
Obst- und Gemüsesorten, Tennisschläger, Volleybälle und jede Menge Reflexe und Paraden – ein Einblick in das vielseitige Training der HSV-Keeper unter der Anleitung von Torwarttrainer Kai Rabe.
„Friss ihn auf, friss ihn auf!“ - für einen kurzen Moment hallt dieses Kommando im Tal zwischen den je rund 1.500 Meter hoch gelegenen Bergen Pölven und Pendling in der kleinen Gemeinde Bad Häring lautstark nach. Während sich die HSV-Profis inmitten einer Spielform befinden, dominiert auf dem Nebenplatz die Stimme von Kai Rabe, der im übertragenen Sinne fordert, den Ball „aufzufressen“ und damit meint, die Torchance final zunichte zu machen und sich auf die Kugel zu werfen. Der 39-jährige Torwarttrainer, der im vergangenen Sommer nach acht Jahren beim Karlsruher SC zum HSV wechselte, ist in seinem Element. Und mit ihm seine vier Schützlinge Julian Pollersbeck, Daniel Heuer Fernandes, Tom Mickel und Youngster Leo Oppermann, die trotz aller Strapazen sichtlich Spaß an ihrem individuellen Training haben. Während das Quartett am Vorabend noch ausschließlich mit der Mannschaft im athletischen und fußballerischen Bereich tätig war, nahm es am heutigen Vormittag wieder das positionsspezifische Training auf. Und das hat es in sich: Denn der gebürtige Schwabe bringt seine Jungs regelmäßig mit ebenso anspruchsvollen wie abwechslungsreichen Übungen zu Höchstleistungen.
Zum Start der heutigen Trainingseinheit schulte er die vier Schlussmänner zunächst im kognitiven Bereich. So mussten die Keeper während eines kontinuierlichen Passspiels den Kopf oben behalten und den jeweils von Rabe auf einer Tafel angezeigten Oberbegriffen „Obst“, „Gemüse“, „1. Liga“ und „2. Liga“ Unterbegriffe zuordnen. „Wolfsburg, Nürnberg, Zucchini, Papaya“ oder „Bayern, Heidenheim, Gurke und Banane“ lauteten dabei die auf den ersten Blick kurios anmutenden und immer wieder durch das Klatschen des Balles unterbrochenen Wortreihen. Im Anschluss daran standen die ersten lockeren Fangübungen am Boden an. „Hüfte öffnen“ mahnte der detailversessene Rabe immer wieder an, ehe er das Tempo und die Haltungsformen in allerlei Variationen veränderte und steigerte. Vom riesigen Gymnastikball über den besonders flatternden Volleyball bis hin zum mit dem Tennisschläger geschossenen, pfeilschnellen Mini-Fußball – im Torabschluss flog allerlei kugelförmiges Geschoss Richtung Kasten. Kai Rabe achtet dabei auf die richtige Absprungtechnik und bestmögliche Spannweite bei den Flugeinlagen seiner Keeper und agiert fordernd und fördernd zugleich. „Sehr gut, überragend!“, „Jawoll, guter Abstoß“, „Super, geile Länge!“ – das Lob bei einer erfolgreich parierten Serie wechselt sich mit kritischen Tönen bei zu vielen Gegentoren ab. „Du hast aufgegeben. Wenn du das nächste Mal aufgibst, dann gibt´s 40 Liegestütze“ lautet dann das Feedback, das Rabe wie all seine Kommentare mit badischem Dialekt formuliert.
Das für einen Schlussmann so wichtige Niemals-Aufgeben und immer an den nächsten Ball denken, lebt der 39-Jährige letztlich mit jeder Faser seines Körpers in der rund 90-minütigen Einheit selbst vor und feuert die nächste Serie Richtung Tor: vier Mini-Bälle mit dem Tennisschläger und zum Abschluss ein Volleyball per Dropkick, die er zielsicher aus einer Schubkarre an der Sechszehnerkante herausholt – das nächste „Friss ihn auf!“ stets auf den Lippen.