skip_navigation

Vorbericht

30.05.20

Widerstandsfähig gegen Wiesbaden

Im Heimspiel gegen den SV Wehen Wiesbaden will der Hamburger SV eine bisher unglückliche Englische Woche unbedingt mit einem Sieg abschließen. Dafür müssen die Rothosen ihre Widerstandsfähigkeit unter Beweis stellen und einen Negativtrend stoppen.  

Knock-out, Substantiv, maskulin [der]; kurz K. o. – der Duden beschreibt diesen in Kampfsportarten gängigen Begriff als einen „Niederschlag, nach dem der Gegner kampfunfähig ist, ausgezählt wird und den Kampf verliert“. Der Hamburger SV musste am Donnerstagabend im Top-Spiel beim VfB Stuttgart sinnbildlich einen solchen Knock-out hinnehmen. Gonzalo Castro zeichnete für den entscheidenden Punch verantwortlich, als er in der 2. Minute der Nachspielzeit den Ball zum 3:2-Sieg über die Linie drückte und nach einem 0:2-Rückstand das Comeback der zuvor bereits angezählten Schwaben perfekt machte. Die Rothosen gingen krachend zu Boden, die Stuttgarter stiegen jubelnd die Seile empor.

Es war einer dieser Momente, die den Sport in seiner Reinform ausmachen. Wenn der Unterschied zwischen Triumph und Misserfolg nur marginal ist, Freud und Leid aber grenzenlos weit auseinanderdriften. Der Hamburger SV kann in seiner jüngsten Vergangenheit von letzterem Leid leider ein Lied singen. Zu geballt kamen die Tiefschläge in den vergangenen Jahren, die auch in dieser Spielzeit vor den Rothosen keinen Halt machen. „Meine Mannschaft hat in dieser Saison schon viele Rückschläge hinnehmen müssen. Da müssen wir als Mannschaft die Antwort geben, helfen tut uns dabei keiner“, erklärte HSV-Trainer Dieter Hecking unmittelbar nach der bitteren Niederlage in Stuttgart. Der 55-Jährige trat dabei trotz all der inneren Emotionen nach außen gewohnt ruhig und besonnen auf. Denn Hecking hat als Spieler und Trainer schon zu viele Kämpfe bestritten, um nicht zu wissen, dass es immer einen nächsten Tag, ein nächstes Spiel, einen nächsten Fight gibt. „Es wird ganz sicher nicht einfach, dieses Spiel zu verarbeiten. Zumal wir nur drei Tage Zeit haben. Neben der athletischen Belastung müssen wir auch die mentale Belastung und Enttäuschung abschütteln. Aber wir können nicht liegen bleiben, am Sonntag geht es weiter.“

"Wir müssen als Mannschaft die Antwort geben" Dieter Hecking

Weiter geht es mit Wiesbaden, genauer gesagt dem SV Wehen Wiesbaden von 1926, der am morgigen Sonntag (ab 13.15 Uhr live im HSVnetradio) im Volksparkstadion als Tabellen-17. zu Gast sein wird. Die Aufsteiger von Trainer Rüdiger Rehm, die in Hamburg ohne Dittgen (5. Gelbe Karte), Mrowca (Knöchelprellung), Schönfeld (Trainingsrückstand nach Blinddarm-OP) und Schwede (Gelb-Rot-Sperre) auskommen müssen, kämpfen mit derzeit 28 Punkten um den Klassenverbleib, haben sich in dieser Saison aber schon mehrfach als Favoritenschreck entpuppt. Zuletzt am vorvergangenen Spieltag mit einem 2:1-Last-Minute-Sieg gegen den VfB Stuttgart. Auch der HSV bekam vor exakt einer Halbserie am 12. Spieltag in Wiesbaden schmerzhaft die Widerstandsfähigkeit der Hessen zu spüren. In der Nachspielzeit kassierten die Rothosen ausgerechnet durch den Ex-HSVer Törles Knöll noch den 1:1-Ausgleich. Seither läuft es für das Team von Trainer Dieter Hecking vor allem im Hinblick auf die Punktausbeute nicht mehr rund. In der besagten Halbserie vom 12. bis zum 28. Spieltag holten die Rothosen in 17 Spielen lediglich 22 Punkte und belegen für diesen Zeitraum Tabellenrang 9. Besonders in diesem Kalenderjahr tut sich die Hecking-Elf nach drei Siegen zum Auftakt schwer, konnte trotz weitestgehend ansprechender Leistungen nur sechs Zähler aus den vergangenen sieben Spielen verbuchen. „Besonders in den vergangenen drei Spielen haben die Ergebnisse überhaupt nicht unsere Leistung widergespiegelt“, hadert nicht nur Hecking mit dem Corona-bedingten Re-Start, in dem der HSV den Tabellenfünften aus Fürth, den Spitzenreiter aus Bielefeld und den Tabellendritten aus Stuttgart phasenweise dominant bespielte, am Ende aber nur zwei von neun möglichen Zählern einstrich. 

Die Rothosen sind dadurch nicht nur selbst wieder auf Platz 3 der Tabelle gerutscht, sondern haben mit dem 1. FC Heidenheim einen weiteren Verfolger mit lediglich einem Punkt Rückstand im Nacken sitzen. Außer Frage steht, dass die Hamburger nun einen Turnaround herbeiführen müssen, um im Hinblick auf die Vorsaison kein Déjà-vu zu erleben. „Jetzt gilt es, die Ruhe zu bewahren und das Spiel gegen Wehen Wiesbaden zu gewinnen. Das ist die einzige Maßnahme, die jetzt zählt“, sagt Dieter Hecking. Wohl wissend, dass in den verbleibenden sechs Spielen noch 18 Punkte zu vergeben sind. Der Cheftrainer kann dabei für das gesetzte Teilziel personell nahezu aus dem Vollen schöpfen. Lediglich Innenverteidiger Ewerton (Knieprobleme) und Flügelspieler Khaled Narey (Knieverletzung) fallen definitiv aus, hinter Top-Scorer Sonny Kittel (Infekt) steht noch ein Fragezeichen und die wiedergenesenen Julian Pollersbeck, Gideon Jung und Jan Gyamerah sind allesamt wieder eine Option für den HSV-Kader gegen Wiesbaden. 

Für dieses richtungsweisende Spiel wird Hecking morgen jene Akteure ausfindig machen müssen, denen er zutraut, sowohl den Knock-out in Stuttgart in kürzester Zeit weggesteckt zu haben als auch mit der zweifellos verschärften Drucksituation am besten umgehen zu können. In Stuttgart ist seine Mannschaft kollektiv zu Boden gegangen. Doch entscheidend ist bekanntlich nicht, wie oft man hinfällt, sondern wie oft man wiederaufsteht. Und zwar trotz aller Widerstände!