
Saison
07.05.20
„Wir müssen die Mannschaft jetzt auf Spielniveau bekommen“
HSV-Trainer Dieter Hecking sprach am Donnerstagnachmittag im Rahmen einer virtuellen Medienrunde unter anderem über die Rückkehr ins Mannschaftstraining, die Fortsetzung der Saison und die in diesem Zusammenhang herausfordernde Trainingssteuerung.
Dieter Hecking und seinen Schützlingen war eine gewisse Art der Freude klar anzusehen. Endlich wieder in der vollständigen Gruppe trainieren, Elf-gegen-elf spielen, Zweikämpfe führen, sich dem Spiel in seiner natürlichsten Form hingeben. "Das alles sind Dinge, die ein Fußballer braucht. Diese Freude hat man im Training gesehen", bestätigte Hecking, einst selbst Bundesligaspieler und mittlerweile seit 20 Jahren im Trainergeschäft tätig, im Anschluss an das heutige Mannschaftstraining in einer virtuellen Medienrunde. Doch allein dieser Umstand des vor dem Ausbruch des Corona-Virus' ungewöhnlichen Kommunikationwegs verdeutlicht, dass im Umfeld des Hamburger SV und des Profifußballs in Zeiten von Corona bei weitem noch keine Normalität eingekehrt ist. "Wir sind uns bewusst, dass wir unter einer besonderen Beobachtung stehen. Es liegt jetzt richtigerweise an uns, das Konzept der DFL umzusetzen und der Verantwortung, die uns übertragen wurde, gerecht zu werden", erklärt Hecking und nimmt damit Bezug auf die gestern von der Bundesregierung erlaubte und heute von der DFL auf den 16. Mai festgelegte Fortsetzung der 1. und 2. Bundesliga unter besonderen Auflagen. Dazu zählen mitunter zahlreiche Tests, ein Quarantäne-Trainingslager und Spiele ohne Zuschauer. Auf den Neustart unter besonderen Bedingungen muss Hecking seine Mannschaft nun bestmöglich einstellen und setzt dabei darauf, äußere Einflüsse fernzuhalten und den Fokus komplett auf den Fußball zu richten.
Im Detail sprach er dazu in der heutigen virtuellen Medienrunde über...

... die Rückkehr ins Mannschaftstraining: Die Jungs freuen sich natürlich darüber, wieder in der Gruppe unterwegs zu sein und auch alte Kumpels zu sehen, die sie in den letzten fünf Wochen nicht gesehen haben. Diese Freude hat man im Training gesehen. Eine größere Gruppe, andere Spielformen, Zweikämpfe führen - das sind Dinge, die ein Fußballer auch braucht. Die Stimmung war und ist dementsprechend gut, aber keinesfalls locker. Denn wir sind uns natürlich der Thematik bewusst, dass wir unter einer besonderen Beobachtung stehen.
... die besondere Situation: Wir versuchen diese ungewöhnliche Situation zu meistern. Von Normalität sind wir natürlich weit weg. Das habe ich gestern auch gegenüber der Mannschaft so kommuniziert. Es ist nichts mehr so, wie es vorher war. Die Abläufe werden sich komplett ändern. Es wird Meldungen geben, die vielleicht fünf Stunden später schon nicht mehr aktuell sind, weil wieder Änderungen vorgenommen wurden. Das wird die Herausforderung sein. Wir müssen als Mannschaft flexibel und aus der Stärke heraus agieren. Wir haben eine gute Mannschaft. Das hat sie in allen Spielen gezeigt. Wir waren immer in der Lage, guten Fußball zu spielen. Darauf müssen wir uns fokussieren. Wir müssen das machen, was wir am besten können: Fußball spielen!
… die Rolle des Fußballs in Corona-Zeiten: Bei aller Kritik am Fußball muss man diesen auch als Vorreiter sehen. Insbesondere die DFL hat eine herausragende Arbeit gemacht. Dass sie überhaupt in der Lage war, ein Konzept zu erstellen, auf das die Politik eingeht, wird für mich oft unter den Teppich gekehrt. Es liegt aber richtigerweise jetzt an uns, dieses Konzept umzusetzen. Ich bin zuversichtlich, dass wir uns als Clubs der Verantwortung, die uns übertragen wurde, bewusst sind.

... Spiele ohne Zuschauer: Ich kann die Stimmung, die letztendlich vorherrschen wird, nicht beurteilen. Alles, was von außen kommt, können wir nicht beeinflussen. Was wir aber beeinflussen können, ist, wie gewissenhaft wir die Mannschaft auf das jeweilige Spiel vorbereiten. Natürlich würden wir gern jedes Heimspiel vor 57.000 Zuschauern spielen wollen, aber das ist jetzt einfach nicht möglich. Damit müssen und werden wir uns arrangieren. Es ist klar, dass die Fans und die Atmosphäre fehlen, aber wir wollen und müssen dennoch unsere Leistung bestmöglich abrufen. Eventuell wird man nach den ersten Geisterspielen irgendwelche Anpassungen vornehmen, aber derzeit ist das nicht das vorrangige Thema.
... die herausfordernde Trainingssteuerung: Es wäre wünschenswert gewesen, eine längere Vorbereitungszeit zu haben. Dennoch sind die Mannschaften seit fünf Wochen im Training. Die Spieler kommen nicht von null, sondern hatten in Form des Einzel- und Gruppentrainings eine Belastung. Man wird es in den ersten ein bis zwei Spielen sicherlich noch merken, dass die Spieler noch nicht bei 100 Prozent sein können. Aber das geht allen Clubs so. Es liegt an jedem selbst, wie er damit umgeht und die Belastung steuert. Wir werden sicherlich nicht zweimal am Tag trainieren, sondern nur einmal mit längerem Umfang belasten. Wir müssen raus aus dem Pass-Rondo und Positionsspiel und rein in längere Läufe und das Elf-gegen-elf, das heute sichtlich ungewohnt für die Spieler war. Da hat man schon gemerkt, dass sie richtig am Pusten waren, aber das ergeht allen Kollegen so. Wir müssen das Beste daraus machen und die Mannschaft jetzt auf Spielniveau bekommen.
... das Team hinter dem Team: Ich habe diesen Aspekt schon häufiger erwähnt, aber in den vergangenen Wochen wurde es nochmal sehr deutlich sichtbar: Wir haben einen herausragenden Staff. Was unsere Mannschaftsärzte Dr. Götz Welsch und Wolfgang Schillings hier neben ihrer eigentlichen Tätigkeit am UKE an Arbeit verrichten, das ist herausragend. Auch die Organisation durch unsere Teammanager Lennart Coerdt und Jürgen Ahlert ist herausragend. Genauso hat jeder andere Mitarbeiter im Team rund um das Team seine Rolle gefunden. Das ist ein riesiges Faustpfand, um die Herausforderung erfolgreich zu meistern.