
Nachwuchs
06.05.20
Von anderen Sportarten lernen
Unsere Athletiktrainer erklären, wie Spieler ihre Fitness auch von zu Hause aus aufrecht erhalten können.
Das Athletiktraining im Fußball hat in den vergangenen Jahren einen immer größeren Stellenwert eingenommen: Die athletischen Anforderungen an die Spieler wachsen, das Tempo, die Belastung und die Intensität werden stetig höher. Auch im Nachwuchsleistungszentrum am Campus und in Norderstedt ist das Athletiktraining fest in den Alltag unserer Nachwuchsspieler integriert. Eine allgemeingültige Zielsetzung des Athletiktrainings für Nachwuchsspieler gibt es aber nicht, wie Stefan Adler, Physiotherapeut unserer U19, erläutert. Vielmehr plädiert er dafür, Athletiktraining "nicht über den Inhalt, sondern über den Athleten zu definieren. Um den geht es schließlich im Athletiktraining. Dieser Athlet ist immer spezifisch in einem Umfeld tätig, an das er optimal angepasst sein soll. Wir schauen also ganz individuell, wo Defizite des Athleten liegen und wollen daran arbeiten."
Im Grundlagen- und Aufbaubereich kommt neben diesen Aspekten der Fitnessgenerierung und Prävention von Verletzungen vor allem der Vorbereitung auf den Leistungsbereich hinzu. Milan Hentrich, Athletiktrainer in Norderstedt, erläutert: "In den Mannschaften der U11 bis U15 geht es darum, dass unsere Spieler mit dem Konzept eines NLZ und dem Leistungssport insgesamt vertraut werden. Wir erheben zwar auch in diesen Altersklassen Kraftwerte, Schnelligkeitswerte, Beweglichkeits- und Stabilitätstests. Unsere primäre Aufgabe ist es aber, den Spielern Übungskompetenz und Bewegungskompetenz so beizubringen, dass sie darauf im Leistungsbereich gezielt aufbauen können."

Breite Grundlagen erarbeiten
Diese Ziele auch in Zeiten der Corona-Pandemie zu verfolgen, ist für das Athletikteam eine große Herausforderung. Die Bedingungen, unter denen die Spieler derzeit trainieren, sind schließlich mit denen des Nachwuchsleistungszentrums in Norderstedt und am Campus nicht zu vergleichen. Fußballer sind es zudem gewohnt, jede Woche auf dem Platz zu stehen und sich in sportlichen Wettkämpfen zu messen. Aktuell müssen die Spieler schon seit mehreren Wochen ohne Ball am Fuß agieren.
Stefan Adler ist trotzdem optimistisch. Schließlich kann diese Phase, so erklärt er, für die Spieler auch fördernd sein. Er verweist in diesem Zuge auf andere Sportarten, in denen längere Wettbewerbspausen normal sind. "Wenn man sich alle Athleten weltweit anguckt, dann sind es ganz viele Sportler gewöhnt, mehrere Wochen ohne Wettkampf zu überbrücken." Diese Athleten zeigen, wie wettbewerbsfreie Phasen genutzt werden können, um sich physisch gut aufzustellen. "Wir können gezielte physiologische Reize setzen und unsere Grundlagen breiter aufstellen, als es uns sonst möglich ist. Wenn wir bereit sind, uns darauf einzulassen, über mehrere Wochen ein solches Athletikprogramm durchzuziehen, dann wird man das im Nachhinein bei der Rückkehr ins fußballspezifische Training merken. Diese fußbalspezifische Fußballfitness können wir aktuell nicht verbessern, aber wir wollen die Grundlage möglichst gut erhalten. Deshalb brauchen wir im Athletiktraining ein hohes Volumen."

Simple Tricks für effektives Training
Bei den jüngeren Jahrgängen in Norderstedt suchte Milan Hentrich vor der Erstellung der Fitnesspläne den telefonischen Kontakt zu den Jungs, um zu erfragen, welche Trainingsmöglichkeiten im jeweiligen zu Hause bestehen. "Teilweise haben die Jungs eigene Geräte oder einen Garten zur Verfügung, teilweise eben auch nicht. Wenn keine Geräte vorhanden sind, haben wir zusammen geschaut, welche Gegenstände beispielsweise aus der Küche oder dem Wohnzimmer benutzt werden können."
Wasserflaschen, Rücksäcke, Tische oder Hocker – die Liste an Gegenständen, die zu athletischen Trainingseinheiten benutzt werden können, ist lang. Und Hentrich hofft, dass die Verfügbarkeit dieser Materialen das Training für seine Spieler einfacher macht. Denn: "Was für unsere Arbeit essentiell ist und derzeit wegfällt, ist das Coaching. Dem versuchen wir entgegenzuwirken, in dem wir Videos von uns erstellen, in denen wir die Übungen vormachen. Trotzdem: Momentan steht niemand neben den Jungs und kann individuell auf die Ausführung einer Übung eingehen. Deshalb müssen die Anweisungen eindeutig und klar sein." Und oftmals sind es die vermeintlich simplen Übungen wie die Kniebeuge, der Seitstütz, der Ausfallschritt oder Sprünge, die viel bewirken können. "Man kann das Training mit vergleichsweise einfachen Mitteln effektiv gestalten", weiß Hentrich. "Indem Übungen einbeinig statt zweibeinig durchgeführt, die Wiederholungszahlen gesteigert oder die Pausen reduziert werden, erhöht man automatisch die Intensität."