Team
21.11.18
Santos: Weiterentwicklung mit Kindheitserinnerungen
Der 24-jährige Brasilianer ist eine der großen Stützen der aktuellen HSV-Mannschaft und fühlt sich in seiner veränderten Rolle an alte Zeiten erinnert.
Er ist einer beim HSV, der die aktuelle Form der Rothosen sehr gut widerspiegelt: Douglas Santos glänzt in der Defensive mit guter Stabilität und Zweikampfführung, in der Offensive ist der Linksfuß mit seinen Antritten und Dribblings immer für eine spielentscheidende Aktion gut - so wie zuletzt vor dem 1:0-Siegtreffer von Pierre-Michel Lasogga gegen den 1. FC Köln. Seine feine Technik hat er als Kind auf den Straßen seiner Heimatstadt Joao Pessoa erlernt. „Wie alle in Brasilien“, erzählt er lächelnd im Gespräch mit HSV.de.
Vom Zehner zum Linksverteidiger
Die Entscheidung, später auf die Position des Linksverteidigers zu wechseln, sei dann aber eine bewusste gewesen. „Es waren einfach zu viele gute Spieler auf den anderen Positionen. Als ich im Verein unter professionellen Bedingungen trainiert habe, bin ich lieber ein bisschen nach hinten und nach außen gerückt“, erklärt Santos mit einem Grinsen im Gesicht und verrät, dass er in jungen Jahren ebenfalls als Stürmer oder Zehner gespielt habe. Das sei auch der Grund, warum es so viele gute Außenverteidiger in seinem Land gebe. Marcelo und Felipe Luis hätten früher - genau wie er - auf zentraleren Positionen gespielt. Gerade von Letzterem habe sich Santos eine Menge abgeschaut. „Ich kenne ihn von der Nationalelf. Sein Auge und seine Ruhe am Ball haben mich schon immer beeindruckt. Er hat stets eine gute Übersicht nach vorn und nutzt jede noch so kleine Lücke aus. Als Gegenspieler weißt du nie, was er machen wird“, schwärmt der Rothosen-Verteidiger von seinem Landsmann.
Auch Santos selber erhält zurzeit von allen Seiten großes Lob für seine Auftritte in der 2. Bundesliga. Seit Wochen besticht der Linksfuß mit konstant starken Leistungen. Selbst beim kicker, der die Akteure des HSV mitunter sehr streng bewertet (im Vereinsnotenschnitt als Tabellenführer auf Platz 14), wird Santos mit einem Notendurchschnitt von 2,77 auf Rang fünf des ligaweiten Rankings geführt. Sein Trainer Hannes Wolf lobte ihn unlängst als fantastischen Außenverteidiger mit den Qualitäten eines Achters und verrät damit zugleich, welche Stärken beim Brasilianer durch seine taktischen Änderungen vermehrt freigelegt wurden. „Ich spiele oft weiter eingerückt. Dadurch kriege ich zwar insgesamt weniger Bälle als außen, aber wenn ich ihn habe, dann habe ich Platz und das Spiel vor mir. Ich kann meine Technik noch besser einsetzen“, erklärt Santos.
Wenn ich im Mittelfeld den Ball bekomme, denke ich an früher und sage: ‚Hey, hier war ich schon mal‘.“
In den 13 Spielen in der 2. Bundesliga (nur in Fürth wurde er zur Halbzeit gelbrotgefährdet ausgewechselt) gab er bislang zehn eigene Torschüsse und 38 Torschussvorlagen ab. Drei davon führten zudem zu Toren. Im DFB-Pokal gegen Wehen Wiesbaden konnte er sich zum 3:0 sogar selber in die Torschützenliste eintragen. Santos hat an der offensiveren Ausrichtung sichtlich Spaß. „Da kommt das Kind in mir hoch. Wenn ich im Mittelfeld den Ball bekomme, denke ich an früher und sage: ‚Hey, hier war ich schon mal‘.“
Harte Gangart in Italien gelernt
Seine herausragende Technik hat Santos wie seine Landsleute auf der Straße gelernt, doch zum richtigen Abwehrspieler wurde er in Italien. „Bei meiner ersten Station in Europa bei Udinese habe ich am meisten gelernt. Der italienische Fußball ist sehr von der Taktik geprägt. Dazu mussten die jungen Spieler immer noch ein zweites Mal am Tag trainieren. Da gab es viele Übungen zur Ballannahme und fürs Flanken und natürlich Zweikämpfe“, erzählt Santos. Die härtere Gangart in Europa sei die größte Umstellung aus seiner Zeit in Brasilien gewesen, verrät der 24-Jährige weiter. Auch in der 2. Bundesliga musste er sich in dieser Saison an die Spielweise gewöhnen. „Es gibt mehr lange Bälle und noch mehr Zweikämpfe“ sagt er.
Santos gute Balance zwischen Defensivstärken und Offensivqualitäten machen ihn zur absoluten Stütze der Mannschaft, in der er in seinem dritten Jahr zwar keinen „echten“ Landsmann mehr an seiner Seite hat, dafür aber umso stärker integriert ist. „Wir Brasilianer sind immer gerne so oft es geht zusammen, gehen Essen oder Kaffee trinken. Dieses Jahr ist es in der Mannschaft so, dass wir ebenfalls noch mehr zusammen machen. Das ist wichtig für uns. Das haben wir auch auf den Platz gebracht“, berichtet Santos über sein Verhältnis zu seinen Mitspielern.
Zum nach Hannover 96 gewechselten Walace hat er dennoch weiterhin einen engen Kontakt. „Ich bin schließlich auch der Patenonkel seines Kindes“ verrät Santos. „Ich rufe immer an und erkundige mich nach ihm und frage, wie sich der Kleine entwickelt.“ Und wer weiß, vielleicht überzeugt Santos den Sohnemann eines Tages auch davon, trotz seiner brasilianischen Ballzauberer-Wurzeln auf die Außenverteidigerposition zu wechseln, wie er es einst selber mit Erfolg getan hat.