
Nachbericht
06.11.18
„Es gilt, in der Mitte zu bleiben“
Am Tag nach dem 1:0-Sieg im Spitzenspiel gegen den 1. FC Köln sprach HSV-Trainer Hannes Wolf über die Momentaufnahme der Tabellenführung, die kommende Partie in Aue und die Zusammenarbeit mit der Mannschaft.
„Aue liest sich leichter, ist es aber nicht. Das ist genauso schwer. Da müssen wir über die Woche eine gute Haltung und neue Schärfe entwickeln. Es gibt keinen Repeat-Knopf für die heutige Leistung“, erklärte HSV-Trainer Hannes Wolf – bestimmt in der Wortwahl, die Lippen aufeinandergepresst. Während im Umlauf des Volksparkstadions der Jubel über den emotionalen 1:0-Sieg im Spitzenspiel gegen den 1. FC Köln und die dadurch eroberte Tabellenführung noch nicht verklungen war, blickte der 37-jährige Fußballlehrer in der Pressekonferenz anlässlich der Partie pragmatisch nach vorn. „Ich freue mich heute Abend, das sieht man vielleicht nicht so“, ließ er sich kurze Zeit später zumindest ein Lächeln auf dem Podium entlocken. Wohl wissend, dass seine Mannschaft eine „sehr gute“, einige würden gar sagen die beste Leistung der Saison gezeigt hatte. Knapp 20 Minuten zuvor war bei seinen Spielern ein Stockwerk tiefer eine ähnliche Gemütslage zu beobachten. In der Mixed-Zone des Volksparkstadions herrschten zwar Freude über den Sieg und die Tabellenführung. Doch der Blick ging ebenso messerscharf wie beim Trainer in Richtung Aue. „Es ist manchmal nicht schwer, bis nach oben zu kommen. Die Kunst ist es, oben zu bleiben“, erklärte Julian Pollersbeck nüchtern und philosophisch zugleich.
Am heutigen Dienstag, der für die Stammspieler im Zeichen der Regeneration stand und für die Reservisten das Spielersatztraining bot, zeichneten die Beteiligten das gleiche Bild: Freude im Gesicht, Arbeit im Kopf. Oder wie Wolf entschlossen sagte: „Es gilt, in der Mitte zu bleiben.“
Im Detail sprach der gebürtige Bochumer in einer Presserunde über...
... das gestrige Spiel: Es war ein spannendes und gutes Spiel von uns. Die Jungs haben es total gut gemacht. Sie sind sehr fleißig gewesen und haben sehr diszipliniert gespielt. Außerdem haben sie sich von Widerständen nicht aus dem Konzept bringen lassen. Ich denke diesbezüglich an den nicht gegebenen Handelfmeter oder die Situation, in der Khaled auf der Linie geklärt hat. Das war ja so wichtig wie ein eigenes Tor. Insgesamt war der Sieg voll verdient. Es war ein schöner Abend, besonders auch für die Fans. Das hat man an der Reaktion der Menschen gespürt.
... die Momentaufnahme der Tabellenführung: Es gilt, im Guten wie im Schlechten normal und in der Mitte zu bleiben. Denn es wird auch Rückschläge in der Zukunft geben. Natürlich versuche ich lieber mit einem Sieg im Rücken in dieser Mitte zu bleiben, aber es würde mir auch umgekehrt gelingen. Jeder Punkt und Sieg ist wichtig, aber die Tabellenführung ist kein Grund, sich zurückzulehnen oder etwas anders zu machen. Wenn du denkst, ein Erfolgsrezept zu haben, dann ist es sofort wieder weg. Das habe ich tausendmal erlebt. Es geht nur über harte Arbeit.
... die bevorstehende Aufgabe in Aue: Es geht hart weiter. Aue liest sich vielleicht einen Tick leichter, ist es aber nicht. Wenn wir es richtig gut machen, dann können wir dort knapp gewinnen. Das ist die Realität. Darauf müssen wir uns gut vorbereiten und tun dies auch. Dazu zählt, dass die Spieler den morgigen freien Tag top nutzen, um am Donnerstag in einem optimalen Zustand wieder anzukommen und auf einem Top-Level sind. Es geht um Haltung, Emotionen und die körperliche Verfassung. Wenn du damit erst am Spieltag anfängst, dann ist es schon zu spät.
... die Breite des Kaders: Wir haben nicht nur elf Spieler, sondern auch die Jungs dahinter, die heute sehr gut trainiert haben. Wir brauchen diesen Konkurrenzdruck. Christoph Moritz hatte gestern zum Beispiel eine gute Einwechslung. Er hat super fußballerische Lösungen gehabt. Wir müssen von Spiel zu Spiel entscheiden, wer dann in der Startelf steht. Wir wollen insgesamt nicht wild durcheinander würfeln, hatten bisher aber auch noch keine echte Englische Woche, so dass wir aus Belastungsgründen keinen Anlass für eine Rotation gesehen haben.

... seine Arbeit mit der Mannschaft: Wenn du als Trainer eine Mannschaft übernimmst, dann steckt da ganz viel von dem drin, was vorher gemacht wurde. Wenn ich in Stuttgart anderthalb Jahre nur Mist gemacht hätte, dann hätten sie danach auch nicht so weiterspielen können. Die Mannschaft ist absolut intakt und kommuniziert von innen und selbst hinaus. Das ist die Wahrheit. Insgesamt möchte ich in der Zusammenarbeit drei Dinge: Möglichst viele Spiele gewinnen, die Spieler des HSV verbessern und entwickeln und ein verlässlicher Partner für das Umfeld sein. Wir wollen dabei nach vorn spielen und ich hoffe, dass wir so spielen, dass uns die Leute in dieser Saison gern auf dieser Reise begleiten.
... Pierre-Michel Lasogga: Pierre ist sehr wichtig für uns und hat wieder das Tor gemacht. Er ist sehr fleißig und in der ersten Pressinglinie immer dabei. Dort erobert er vielleicht nicht viele Bälle, aber zwingt die Gegner dazu, Entscheidungen zu treffen und die Bälle nach vorn zu spielen. Darüber hinaus bindet er ganz häufig zwei Gegenspieler und ist ein wichtiger Spieler im Reboundbereich. Deshalb soll er sich nicht allzu viel herumtreiben, sondern besonders vorn aufhalten, damit er im richtigen Moment zur Stelle ist.
... Douglas Santos: Er ist ein Spieler, der als Linksverteidiger auch die Qualitäten eines "Achters" hat. Er hat gestern ein beeindruckendes Spiel gemacht. Ich wünsche mir natürlich, dass er sich auf diesem Level stabilisiert. Er verteidigt sehr gut und schaltet sich mit Verzögerung und vielen Ballkontakten in der Spielentwicklung auch immer nach vorn ein.
... Hee-chan Hwang: Chan hatte zuletzt muskuläre Probleme und kam gestern mehr als 20 Minuten zum Einsatz. Für ihn haben wir die Belastung heute etwas reduziert. Wir schätzen da ein erhöhtes Risiko ein, deshalb haben wir ihn individuell belastet - ohne Schüsse, Sprints und Bälle blocken. Gestern war er allerdings spielbereit, deshalb haben wir ihn auch eingesetzt. Wir riskieren nicht die Gesundheit eines Spielers.