
Nachbericht
23.02.20
"Wir gewinnen gemeinsam und wir verlieren gemeinsam"
In einer Medienrunde am Tag nach der Stadtderby-Niederlage sprach HSV-Cheftrainer Dieter Hecking über sein Verständnis von Selbstkritik, die Mentalität seiner Schützlinge und den Kampf um den Aufstieg.
Als Referee Manuel Gräfe mit seinem letzten Pfiff des Tages die 0:2-Niederlage besiegelte, sanken die Männer mit der Raute auf der Brust enttäuscht zu Boden. Jeder Misserfolg ist schmerzhaft, vor allem im Volksparkstadion. Dieser Rückschlag allerdings tat besonders weh. Mit viel Elan war der HSV in das Stadtderby gegen den FC St. Pauli gestartet, verbuchte mehrere XXL-Chancen und schien das Zepter fest im Griff zu haben. Bis der erste vernünftige Angriff der Gäste das Spiel auf den Kopf stellte. Das Tor von Henk Veerman (20. Minute) war ein Wirkungstreffer, der platzierte Fernschuss von Matt Penney in der 29. Minute im Nachhinein der sportliche Knockout. "Davon konnten wir uns nicht erholen", stellte auch Dieter Hecking in der Pressekonferenz nach Spielschluss fest und nahm die Niederlage auf seine Kappe. Der Cheftrainer kreidete sich an, dass er nach dem Doppelschlag der Braun-Weißen "nicht die richtigen Lösungen" finden konnte und erneuerte diese Selbstkritik in der heutigen Medienrunde. Was der erfahrene Übungsleiter mit diesen Worten unterstreichen möchte: es geht nur gemeinsam. Alle sportlichen Protagonisten sind für Erfolg und Misserfolg verantwortlich, alle sitzen in einem Boot. Um dieses wieder auf Kurs zu bringen, will der 55-Jährige nun die richtigen Schlüsse ziehen. Das große Ziel bleibt in diesem Prozess fest im Visier.
Im Detail sprach der HSV-Cheftrainer über...
...seine selbstkritischen Worte nach Abpfiff: Im Prinzip hat sich an meiner Einschätzung zum Spiel im Vergleich zu gestern nichts geändert. Uns haben vor allem in der zweiten Halbzeit die Lösungen gefehlt, deswegen nehme ich die Niederlage auf meine Kappe. Mal triffst du als Trainer gute Entscheidungen, mal liegst du daneben. Das betrifft spieltaktische Dinge, aber auch Einwechslungen und das detaillierte Coaching. Deswegen gehe ich damit sehr kritisch um, das ist für mich ganz selbstverständlich. Seitdem ich als Trainer arbeite, gibt es für mich nur ein "Wir". Und dazu gehört auch, dass der Trainer mal Verantwortung übernimmt, bevor sich wieder alles auf die Spieler stürzt. Ich sehe es immer als großes Ganzes. Es geht nur gemeinsam und ich sitze genauso im Boot und mache vielleicht auch mal nicht alles richtig. Wir gewinnen gemeinsam und wir verlieren gemeinsam.

... die Körpersprache der Spieler: Ich finde es anmaßend, die Einstellung der Spieler zu hinterfragen. Wir waren in allen relevanten Statistiken, sprich Zweikampfquote, Laufstrecke und Torschüsse, besser als der Gegner. Leidenschaft habe ich gesehen. Das wir eine Mannschat sind, die mehr über fußballerische inhalte kommt, wissen wir nicht erst seit gestern. Deswegen muss man da immer etwas vorsichtig sein. Wenn man ein Derby gegen einen vermeintlichen Underdog verliert, wird häufig die Einstellung infrage gestellt. Da verwehre ich mich gegen, das ist in diesem Fall nicht der richtige Ansatz.
... den Kampf um den Aufstieg: Da der VfB Stuttgart gestern gewonnen hat, sind wir jetzt in der Rolle des Verfolgers. Nichtsdestotrotz werden wir aufgrund einer Niederlage jetzt nicht alles über den Haufen werfen, das ist klar. Natürlich tut diese Stadtderby-Niederlage besonders weh. Solche Rückschläge braucht kein Sportler. Dennoch müssen wir die Situation jetzt annehmen und den Druck hochhalten. Ich erwarte eine Reaktion, aber wir haben auch noch elf Spiele. Wir verlieren das große Ziel nicht aus den Augen.
... die Leistung von Joel Pohjanpalo: Ihm hat nur ein halber Schritt zum Tor gefehlt. Ansonsten hat er vorne sehr viel gegen den Ball gearbeitet und hat versucht viele Bälle festzumachen. Nach dem 0:2 hatte er nicht mehr viele Situationen, da wir als Mannschaft in der Offensive nicht stark genug waren. Leider hat er sich bei dem Anschlusstreffer, der dann zurecht zurückgenommen wurde, eine schwere Beckenkamm-Prellung zugezogen. Was das für eine etwaige Ausfalldauer bedeutet, müssen wir schauen.