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Interview

09.09.18

"Voranzugehen war schon immer mein Ding"

Im Interview mit dem Vereinsmagazin HSVlive spricht Rick van Drongelen unter anderem über den Ursprung seiner Leaderqualitäten sowie die perfekte Zweikampfführung. HSV.de veröffentlicht Auszüge des Gesprächs. 

Rick van Drongelen ist aktuell in Diensten seiner Landesfarben unterwegs. Mit der niederländischen U21-Nationalmannschaft kämpft der Innenverteidiger um die Qualifikation für die U21-EM 2019 in Italien und San Marino. Am Donnerstag traf die Junioren-Elftal bereits auf England (0:0), nun steht am Dienstag (11. September, 18:30 Uhr) das nächste Punktspiel gegen die U21-Auswahl Schottlands an. Besonders pikant: van Drongelen trifft dabei auf seinen Teamkollegen David Bates. Zusammen formten der 19-jährige Mann aus dem Nachbarland sowie der 21-jährige Neuzugang von der Insel das Duo in der Innenverteidigung.

Seinem Naturell entsprechend gab van Drongelen dabei als Abwehrchef die Kommandos. Eine Rolle, die ihm trotz des jungen Alters perfekt auf den Leib geschnitten ist. Worin der Ursprung dieser besonderen Führungs- und Siegermentalität liegt und wie der perfekte Zweikampf auszusehen hat, hat van Drongelen jüngst im Gespräch mit dem HSVlive-Magazin erklärt. HSV.de veröffentlicht Auszüge aus dem Interview, das ihr in voller Länge in der HSV-Magazin-App lesen könnt. 

HSVlive: Rick, wird man als Anführer geboren? 

(überlegt kurz) Ja.  

Wie bist du dazu geworden? 

Ich habe das ein bisschen von meinem Vater gelernt. Er war immer hart zu mir – nicht im normalen Leben, aber beim Fußball. Er hat einst selbst als Fußballer in der höchsten Amateurklasse gespielt und war früher mein Trainer. Er hat mir immer gesagt, dass ich nie nachlassen oder aufgeben darf, sondern immer weitermachen muss. Diese Mentalität hat sich in mir verfestigt. Ich möchte immer alles gewinnen. Und das war schon immer so. Ob im Spiel, beim Training oder damals in der Schule.   

Gab es früher Schwierigkeiten, wenn du mal nicht gewonnen hast? 

Oh ja, als ich noch ganz jung war, bin ich immer sehr sauer geworden, wenn wir nicht gewonnen haben. Das war dann manchmal zu viel. Ich bin dann teilweise so hektisch geworden, dass ich auf dem Platz überall hingelaufen bin und meine Mitspieler oft angeschrien habe. Es kam sogar vor, dass ich mich so aufgerieben habe, dass ich auf dem Platz keine Luft mehr bekommen und geweint habe. Dann musste mich mein Vater auswechseln und beruhigen. Zum Glück haben wir damals aber nicht so oft verloren (lacht).  

Du musstest es also erst lernen, deine Energie als Anführer richtig zu kanalisieren. 

Genau, das war definitiv ein Lernprozess. Ich musste lernen, dass Fußball ein Mannschaftssport ist und die anderen nicht so ticken wie ich. Ich habe damals in einem kleinen Amateurverein gespielt und natürlich gab es Spieler, die weniger talentiert waren. Wenn ich frustriert war und harte Kritik an ihnen geübt habe, war das für sie bestimmt auch schwierig. Bei meinem zweiten Verein haben dann mehr Talente aus der Umgebung gespielt, so dass dieser Aspekt nachgelassen hat. Hektisch war ich aber immer noch, weil ich unbedingt gewinnen wollte. Da mussten mich die Jugendtrainer immer noch bremsen, aber die Siegermentalität war auch immer meine große Stärke.

Inwiefern? 

Wir kommen aus Südholland und haben in unserer Provinz keinen Profi-Verein. Wenn wir gegen größere Clubs gespielt haben, dann ging es meist in die größeren Städte, zum Beispiel nach Rotterdam. Dort waren die Spieler top ausgebildet und körperlich weiter als wir. Meine Mitspieler hatten vor ihnen oft sehr viel Respekt, aber ich habe gesagt, dass wir es ihnen zeigen werden und dagegenhalten müssen. Voranzugehen war eben schon immer mein Ding.      

Hat sich dieses Vorangehen und Führen hauptsächlich auf den Sport konzentriert oder gibst du auch privat gern den Ton an? 

Es ist ein Mittelding. Im privaten Umfeld bin ich eher ruhig, aber gleichzeitig eine Person, die gern die Initiative ergreift. Das war schon damals in der Schule so. Ich bin kein „Ja“-Sager, der einfach nur den Ideen anderer folgt, sondern auch selbst mitbestimmen möchte, was gemacht wird.  

Du trittst nicht nur als Lautsprecher in Erscheinung, sondern auch als starker Zweikämpfer. Wie sieht für dich eigentlich der perfekte Zweikampf aus?     

Wenn ein tiefer Ball des Gegners kommt, der Angreifer und ich im Sprintduell sind und ich dann meinen Körper mit einem robusten Tackling reinsetzen kann. Das ist ein super Gefühl. Aber es gibt sehr viele Zweikampfsituationen, die ich geil finde. Wenn du als Verteidiger einen Zweikampf gewinnst, dann fühlt sich das wie ein geschossenes Tor an. Ein gewonnener Zweikampf reist die Zuschauer ebenso von den Sitzen und lässt sie richtig mitgehen. 

Hast du in puncto Zweikampfführung im Vergleich zu früher auch einen Lernprozess durchgemacht? 

Ich habe früher häufiger Gelbe Karten gesehen (lacht). Mein Vater, der selbst ein beinharter Verteidiger war, hat mir dann gesagt, dass er früher nach einem Foul aufgestanden und weggegangen ist. Er hat nichts gegen den Gegenspieler oder Schiedsrichter gesagt. Dieses Verhalten habe ich übernommen, auch wenn es mir heute manchmal noch immer schwerfällt, mich zu beherrschen.  

Uns ist selbst im Freundschaftsspiel gegen Monaco aufgefallen, dass du dir gern mal ein kleines Privatduell mit deinem direkten Gegenüber lieferst. Gehört das dazu? 

Die Szene mit Jovetic? Ja, wir hatten bereits ein paar nette Worte ausgetauscht und uns gegenseitig genervt. Er ist dann irgendwann im Spiel verletzt bei uns in der Hälfte liegengeblieben und als wir den Ball wiederum verloren hatten und Monaco konterte, stand er plötzlich wieder auf und kam sogar zum Torschuss. Ich bin dann direkt zu ihm hingerannt und habe ihn zur Rede gestellt. Daraufhin wurde er sauer und hat mich an der Kehle gepackt. Der Schiedsrichter hat´s gesehen und ihm die Gelbe Karte gegeben (lacht). 

Ist das eine Strategie von dir, mit solchen Dingen auch in den Kopf des Gegenspielers zu kommen? 

Ja, ein bisschen Provokation gehört immer dazu. Es liegt aber auch immer am Gegenspieler, ob er sich darauf einlässt oder nicht. Beim Spiel in Sandhausen hatte ich zum Beispiel einen harten Zweikampf mit Rurik Gislason. Er hat sich daraufhin direkt entschuldigt. Es gibt aber auch Spieler, die dann nichts sagen und dann weißt du, dass du den Ton setzen musst.           

Gibt man sich denn nach dem Spiel immer die Hand? 

Ja, auf jeden Fall. Das gehört zum Fußball dazu. Alles, was während des Spiels passiert, bleibt auf dem Platz. Anschließend kann der Gegenüber gern in unsere Kabine kommen, wenn er möchte. 

 

Das Interview könnt ihr in voller Länge in der HSV-Magazin-App lesen.